La Tour Landry, Geoffroy de (ca. 1326-1404)
Diese Handschrift aus der Bibliothek des Bischofs von Sitten Walter Supersaxo (ca. 1402-1482) und seines Sohnes Georges (ca. 1450-1529) ist eine Sammlung literarischer französischer Texte mit moralisierender Tendenz, die den Roman von Pontus und Sidonia enthält, sowie Texte in Versform aus dem 15. Jahrhundert. Den Hauptteil der Handschrift (ff. 1r-122r; Initiale in Rot, Gelb und Schwarz auf f. 1r) nimmt Pontus und Sidonia ein, ein Werk, das im 15. und 16. Jahrhundert grossen Erfolg erfuhr. Diese Prosafassung des anglo-normannischen Romans des Horn, manchmal Geoffroi de La Tour Landry zugeschrieben, wurde in Frankreich gegen Ende des 14. oder zu Beginn des 15. Jahrhunderts geschrieben. Es folgen zwei Texte von Alain Chartier (*1385-1395, †1430), Sekretär und Botschafter der Könige Karl VI. und vor allem Karl VII.: auf ff. 122r-131r das berühmte Bréviaire des nobles (ca. 1422-1426) und auf ff. 131r-136v das Lay de paix (ca. 1424-1426). Der folgende Teil (ff. 136v-145r) beinhaltet ein weniger verbreitetes Werk, den Songe de la Pucelle, von einem unbekannten Autor. Am Ende, auf ff. 145v-149r, befinden sich sechs anonyme Balladen a pleysance et de bon advis. Diese Handschrift wurde 1474 in Martigny von Claude Grobanet transkribiert (zumindest der erste Teil, der Roman von Pontus und Sidonia), den man als Kopisten von zwei weiteren Handschriften der Bibliothek Supersaxo wiederfindet, S 99 (Voyages von Mandeville) und S 100 (Statuten von Savoyen). Grobanet befand sich im Dienst von Antoine Grossi Du Châtelard, Fürst von Isérables (†1495). Zu Beginn des 16. Jahrhunderts geriet die Familie von Antoine Du Châtelard anscheinend in finanzielle Schwierigkeiten; ihr Besitz - und wahrscheinlich auch die drei Manuskripte - ging darauf in die Hände von Georges Supersaxo über.
Online seit: 22.03.2018
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