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  • Leuchtendes Mittelalter, Neue Folge III, Vom Heiligen Ludwig zum Sonnenkönig: 34 Werke der Französischen Buchmalerei aus Gotik, Renaissance und Barock, beschrieben von Eberhard König mit Beiträgen von Gabriele Bartz und Heribert Tenschert, Ramsen Antiquariat Heribert Tenschert 2000, S. 321-338.
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  • Leuchtendes Mittelalter, Neue Folge III, Vom Heiligen Ludwig zum Sonnenkönig: 34 Werke der Französischen Buchmalerei aus Gotik, Renaissance und Barock, beschrieben von Eberhard König mit Beiträgen von Gabriele Bartz und Heribert Tenschert, Ramsen Antiquariat Heribert Tenschert 2000, S. 322.
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Utopia, armarium codicum bibliophilorum, Cod. 101
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Leuchtendes Mittelalter, Neue Folge III, Vom Heiligen Ludwig zum Sonnenkönig: 34 Werke der Französischen Buchmalerei aus Gotik, Renaissance und Barock, beschrieben von Eberhard König mit Beiträgen von Gabriele Bartz und Heribert Tenschert, Ramsen Antiquariat Heribert Tenschert 2000, S. 321-338.

Handschriftentitel: Stundenbuch, Horae B.M.V. für den Gebrauch von Paris
Entstehungsort: Paris
Entstehungszeit: 2. Viertel des 15. Jahrhundert
Katalognummer: 21
Beschreibstoff: Pergament
Umfang: 210 Blatt Pergament, dazu als Vorsätze jeweils ein Doppelblatt neueren Pergaments und eines aus Papier. Endblätter mit purpurner Seide beklebt.
Format: Oktav (169 x 128 mm)
Lagenstruktur: Gebunden vorwiegend in Lagen zu acht Blatt, davon abweichend das hinzugefügte fol. 1, die Kalenderlage 1 (12), die um die ersten beiden sowie drei Blätter in der Mitte beraubte Lage 2 (8-5), Lage 3 (10), die um ein Blatt vor fol. 52 beraubte Lage 7 (8-1), 9 (6), die um das Endblatt beraubte Lage 11 (8-11), vor Zäsur Lage 12 (6), die um ein Blatt beraubte Lage 16, in die als fol. 123 das Eingangsblatt von Lage 2 eingefügt ist (8-1 +1), die um ein Blatt vor fol. 130 beraubte Lage 17 (8-1), die um das Endblatt beraubte Lage 23 (8-1), die um ein Blatt vor fol. 183 beraubte Lage 24 (10-1), die Endlage 27 (6).
Zustand: Mit Ausnahme der Lücken glänzend gut erhalten.
Seiteneinrichtung: Zu 14 Zeilen, im Kalender zu 17 Zeilen. Textspiegel: 105 x 67 mm
Schrift und Hände: Der Kodex ist ganz offensichtlich nicht in einem Zug geschrieben und illustriert worden. Die steile Textura verrät ebenso wie die behäbige Gestaltung der Seiten zu 14 Zeilen, daß der Text in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, möglicherweise schon um 1420 entstanden ist. In dieses Bild fügt sich vorzüglich auch der Kalender ein, dessen hoher dekorativer Reiz vom Farbwechsel und den drei Benennungssystemen aus Goldener Zahl, Sonntagsbuchstaben und römischer Tageszählung ganz erheblich profitiert.
Buchschmuck: 66 Bilder, davon neun Prachtseiten: eine mit Hauptbild im Architekturrahmen mit acht Bildfeldern über vier Zeilen Text mit dreizeiliger Initiale, zwei mit bogenförmiger Miniatur in Edelsteinrahmen als Trompe-l'œil über vier Zeilen Text mit dreizeiliger Initiale, davon eines mit sechs, das andere mit vier Medaillons in der Bordüre, sechs mit großer Miniatur in vierseitiger Kompartiment-Bordüre, davon ein Bild über drei, vier über vier und eines über fünf Zeilen Text mit dreizeiliger Initiale; 24 Kleinbilder in den vierseitigen Kompartiment-Bordüren des Kalenders; neun weitere in den einfachen Randstreifen des Toten-Offiziums; zwei Kleinbilder statt dreizeiliger Buchstaben, sowie vier dreizeilige historisierte Initialen, darunter eine Blau in Blau, jeweils mit Bordürenstreifen außen. Jede Textseite mit einem solchen Bordürenstreifen außen aus Akanthus und einer einzigartigen Vielzahl von verschiedenen Blumen, Pflanzen und Früchten, insgesamt ca. 400, wovon sich kein Muster im Ganzen wiederholt; Psalmenanfänge und gleichwertige Texte mit zweizeiligen Initialen aus farbigem Akanthus auf einfarbigen, aber Ton in Ton modellierten Gründen, Psalmenverse am Zeilenbeginn mit einzeiligen Pinselgoldbuchstaben abwechselnd auf Rot, Blau und Braun; Zeilenfüllstreifen entweder in der gleichen Art oder als Astwerk gebildet; Versalien gelb angestrichen. Ein hinzugefügtes Blatt mit vierseitiger Trompe-l'œil-Bordüre mit Blumen auf Pinselgoldgrund. Ein anderer hinzugefügter Text mit zweizeiligen Federwerk-Initialen in Rot auf Blau bzw. umgekehrt.
  • Schriftdekor

    Aus der Entstehungszeit des Textes ist keine einzige Zierinitiale erhalten; das deutet darauf hin, daß der Kodex aus einer hochspezialisierten Schreibstube stammt und zunächst nur Schwarztext, rote Rubriken und die gelbe Lavierung der Versalien erhielt. Vielleicht waren die zweizeiligen Initialen teilweise vorgezeichnet; dafür würde die sehr entschiedene Konturierung in einzelnen Lagen des Kodex sprechen; man findet sie ebenso im Marien-Offizium zwischen fol. 25 und 50 wie ab fol. 102 bis 116v. Die übrigen zweizeiligen Initialen haben nicht mehr den strengen Charakter der spätgotischen Buchstabenbildung, sondern arbeiten mit weichen Akanthusformen, wie sie erst um die Mitte des 15. Jahrhunderts auftauchen. Davon zu unterscheiden sind die Initialen in den Bußpsalmen, die wie die Kürzel KL im Kalender und die einzeiligen Initialen im gesamten Buch nur aus einfachen Pinselgoldbuchstaben vor gemusterten einfarbigen Gründen bestehen.

    Man wird deshalb drei Stadien der Herstellung des Buches vermuten dürfen; ungewöhnlicherweise begann man offenbar zunächst mit den zweizeiligen Initialen und ließ die einzeiligen Buchstaben ebenso wie die Zeilenfüllungen aus. Dabei verbindet sich die älteste Schicht der zweizeiligen Buchstaben mit den Bordürenstreifen, die alle Textseiten des ursprünglichen Buchblocks nach außen hin zieren. Die ältesten von ihnen finden sich in den Perikopen in fol. 14, 14v und 16; hier dominiert noch Dornblatt, in dessen Mitte ein Blütenzweig gelegt ist, begleitet von zwei kleinen Blüten in der oberen und unteren Ecke der Bordüre. In dieser Art scheint keine einzige Zierinitiale ausgeführt worden zu sein. Doch schließt sich ein Bordürenschmuck an, der für die Zeit um 1450 charakteristisch ist: Das Dornblatt wird verdrängt, blaugoldener Akanthus dominiert den Eindruck, der aus dem Gegenspiel dieses naturfernen Ornaments und stilisierter Blütenzweige lebt. Zum Teil werden hier wunderbare Blüten und Blumen gemalt, Nelken von duftiger Präsenz, winzige Akelei, man schaue sich nur fol. 19 an. Zum Teil gründen die Blumen wie das Veilchen auf fol. 25 auf einem kleinen Bodenstreifen unten und erreichen eine Plastizität, die an den Meister der Marguerite d'Orléans erinnern mag. In dieser Art sind die großen Initialen von Marien, Matutin und Kreuz-Matutin gestaltet. Es folgt dann eine weitere Phase von Ornamentierung. Zur Datierung der Bordüren tragen die kleinen Randbilder zu den neun Lektionen des Toten-Offiziums bei; sie sind von einer Hand aus der Umgebung des Maître François gemalt worden. Das heißt, daß diese Malerei um 1460 entstanden sein könnte. Ähnlich, z.T. auch schon etwas vergröbert, sind die Medaillons im Kalender, sie wurden offenbar von zwei unterschiedlichen Händen gestaltet, beide ebenfalls aus der Umgebung des Maître François. Dabei hat man die Bordüren nach außen mit einer breiteren Zierleiste versehen, die im Wechsel weinrot und blau mit goldenem Ornament ist. Sie gehört zu der Gesamtausstattung des Buchs mit einzeiligen Initialen, Zeilenfüllern und den unplastischen Kürzeln KL sowie den Zierbuchstaben der Bußpsalmen. Im gleichen Zuge hat man den Randschmuck des Kalenders ähnlich erweitert, drei Seiten, innen, oben und unten, mit sogenannten Kompartiment, Bordüren kommen hinzu; deren Charakter verweist auf das spätere 15. Jahrhundert. Wie ein Merkzeichen ist nicht nur die Kompartimentbildung mit dem Wechsel von Partien mit Pinselgoldgrund und Pergamentgrund anzusehen, sondern auch der Knotenstock in Umbra mit Goldhöhung und schwarzer Modellierung, der an vielen Stellen als Zeilenfüller eingesetzt ist.

    Der Farbwechsel von Weinrot, Umbra und Blau für die einzeiligen Initialen spricht ebenfalls für die Entstehung dieser Arbeiten erst in der zweiten Hälfte, vermutlich dem letzten Viertel des 15. Jahrhunderts.

    Offenbar hat man die Bilder als letztes begonnen. Dabei blieben Mißverständnisse nicht aus: Die Mariengebete vorn, fol. 18 und 21v, sollten durch große Zierbuchstaben eröffnet werden; das leergelassene Feld wird für eine Miniatur genutzt, in die eine einzeilige Initiale in der spätesten Buchstabenform des Kodex eingefügt ist, während bei den Messen, fol. 188 ff., jener Buchstabenstil herrscht, der mit dem plastischen Akanthus arbeitet.

    In einer groben Schrift des 16. Jahrhunderts, die versucht, Textura des 15. Jahrhunderts nachzuahmen, dabei aber viel zu niedrig und breit ausfällt, sind die Hinzufügungen auf den beiden an den Buchblock angrenzenden Blättern vorn und hinten ausgeführt. Dabei werden Buchstabenarten zitiert, die man für älter hielt: Vorn sind es gemalte Buchstaben mit Blüten in den Binnenfeldern; hinten sind es Federwerk-Initialen in Blau auf Rot und umgekehrt, die an Arbeiten aus der Mitte des 15. Jahrhunderts erinnern sollen.

    Dazu hat man vorn eine prächtige vierseitige Bordüre in der Art von Jean Bourdichons Werken gemalt, die jedoch in ihrer dürren Stilisierung und der Isolierung der einzelnen schönen Pflanzenmotive von Lilie, Kirsche usw. auf Bodenstreifen deutlich erkennen läßt, daß man es mit einer Arbeit aus dem entwickelteren 16. Jahrhundert zu tun hat.

  • Die Bildfolge

    fol. 2: Der Kalender ist mit kleineren Randbildern versehen, die Monatsarbeiten stehen jeweils auf Recto, die Tierkreiszeichen auf Verso; dabei wird gern eine anmutige Landschaft dargestellt, die durch unterschiedliche Hände nicht überall in der gleichen Präzision ausfällt: Als Monatsarbeiten sind der Mann am Speisetisch, das Verbrennen von Reisig in freier Natur, das Trennen von Obst und Wein, eine vornehme Dame beim Flechten eines Blumenkranzes, ein vornehmer Herr beim Ausritt, die Heumahd, die Kornmahd, das Dreschen, die Weinkelter, die Aussaat, das Füttern der Schweine mit Eicheln und das Schweineschlachten dargestellt. Die Tierkreiszeichen beginnen mit Wassermann und verfolgen die übliche Sequenz mit Fischen, Widder, Stier, Zwillingen (als nacktes Pärchen mit einem leeren Wappen), Krebs, Löwe, Jungfrau, Waage (von einer Jungfrau gehalten), Skorpion, Schütze (als Kentaur), Steinbock (als Halbwesen mit einem Hinterteil als Ammonshorn).

    fol. 123 (eigentlich direkt nach dem Kalender zu schalten): Johannes auf Patmos, einer runden Insel mit einer ansteigenden Felsenlehne vor dem Evangelisten, der mit dem rechten Bein kniet und über dem linken Bein ein Schriftband gebreitet hat. Ihm, der versonnen im Schreiben innehält, blickt der Adler als Attributstier zu.

    fol. 16v: Markus, als jugendfrischer Mann mit dichtem braunen Haar und Bart, hockt vor einem Bücherschrank, auf dem mehrere Bände präsentiert sind; neben ihm wacht aufmerksam der Löwe; ein steinernes Tonnengewölbe führt nach links hinten zu einer leeren Nische, die eigentlich die Tür sein dürfte. Das Bild kommt dem jungen Bourdichon sehr nahe, verrät aber im zarten Schmelz des Modelé die Eigenart des Meisters der Chronique Scandaleuse. Dazu paßt auch die stark atmosphärisch aufgelöste Architektur, deren violett getöntes Grau später eine Lieblingsfarbe unseres Künstlers werden sollte.

    fol. 18: Zu den Mariengebeten stehen kleine dreizeilige Bildfelder mit einem Vesperbild, also der Schmerzensmutter unter dem Kreuz, die ihren toten Sohn auf den Armen hält (fol. 18) und einer Mondsichelmadonna, deren Kind bereits einen Kreuzesstab geschultert hält, als Halbfigur angebetet durch einen König, der von rechts ins Bild dringt (fol. 21v). Diese Darstellung scheint mir völlig einzigartig zu sein.

    fol. 27: Zu Beginn des Marien-Offiziums, vermutlich durch eine Vorzeichnung angeregt, wie sie im Kreise des Bedford- und des Jouvenel-Meisters verbreitet waren, präsentiert sich die Marienverkündigung in einer architektonischen Rahmung, die noch acht weiteren Szenen Platz gibt. Möglicherweise waren an dieser Miniatur zwei unterschiedliche Hände beteiligt, was darauf schließen ließe, daß sie in mehreren Etappen entstanden ist.

    Unter einer Inschrift mit den Anfangsworten des Engelsgrußes kniet in der Hauptminiatur Maria, fast dem Bildmuster gemäß, das bei der Geburt Christi auf fol. 63 verwendet wurde, vor ihrem Betpult, von einem runden Baldachin hinterfangen. Von rechts ist der Engel hinzu getreten; über ihm erscheint in einem blauen Wolkenkranz als Halbfigur Gottvater und sendet die Taube aus. Die Bordürenbilder erzählen aus der Marienlegende von der Zurückweisung von Joachims Opfer, der mit Anna in den Tempel gekommen ist, von der Weissagung an Joachim, dem Kuß an der Goldenen Pforte, der Mariengeburt, vom Tempelgang Mariens, von der Jungfrau beim Bortenweben im Tempel und der Vermählung mit Joseph; rechts oben endet der Zyklus mit einem rätselhaften Bild, das Christus im Kreise der vier Kardinaltugenden zeigt und zum Kontext der Darstellungen vom Heilsplan gehört.

    fol. 63: Die Anbetung des Kindes zur Prim ist in einer besonders anmutigen Landschaft wie üblich gezeigt, als Anbetung durch Maria und Joseph, wobei Engel aus einem Himmelssegment herabschauen, während sich hinter einer Absperrung bereits zwei Hirten einfinden.

    fol. 68: Zur Terz folgt die Verkündigung an die Hirten, wiederum in einer sehr lebendig gemalten schönen Landschaft, die durch eine Quelle rechts vorn die Anforderungen an einen locus amoenus erfüllt; dort drängen sich die Schafe, während der Vordergrund nach hinten durch einen mächtigen aufsteigenden Felsen vom Blick in das Blau der Ferne abgegrenzt wird. Wohl in Anlehnung an die Dreizahl der Trinität erscheinen drei Engel als Hauptfiguren oben mit dem Schriftband des Gloria, während Hirten unterschiedlichen Alters in individueller Weise auf die Verkündigung reagieren.

    fol. 76: Zur Non wird bei der Darbringung im Tempel das Christuskind dem greisen Simeon überreicht: Maria, in ähnlicher Bildformel wie bei Verkündigung und Geburt, kniet links vor einem runden Altartisch, über dem das Kind gleichsam zu schweben scheint; Simeon hat es mit einem Tuch über den Händen ergriffen. Weiter zurückgesetzt kniet links die Prophetin Hannah mit dem Taubenkörbchen, als sei sie eine Magd der Jungfrau. Prächtig bekrönt die Komposition ein blauer Baldachin, den sechs Männer umstehen.

    fol. 81v: Die Flucht nach Ägypten beweist erneut die prachtvolle Qualität der Landschaftsmalerei in diesem Buch: Maria mit dem Kind im Arm thront als beherrschende Pyramidalfigur in der Bildmitte, prächtig hinterfangen von einem aufgetürmten Felsen, dessen Spitze ein Busch besetzt, als sei an den Sinai mit dem Brennenden Dornbusch gedacht, was durchaus eine schöne Assoziation zur Jungfrau Maria sein könnte. Joseph geht nicht voraus, sondern folgt bescheiden nach, so daß rechts, wo er eigentlich zu erwarten wäre, ein Blick in die Ferne das Kornwunder sehen läßt, das einem Sämann eine Ernte schenkt, weil er die Verfolger der Heiligen Familie in die Irre führt.

    fol. 93: Die Davidgeschichte eröffnet die Bußpsalmen, verteilt auf ein Hauptbild und vier Medaillons im Randstreifen: Vor der beherrschenden Kulisse der französischen Hauptstadt Paris, mit der Hauptkirche Notre Dame im Zentrum, liegt das Heer der Philister, um Israel zu bedrohen. Den Riesen Goliath in goldener Rüstung hat ein kleiner Hirtenknabe gerade mit dem Stein an der Stirn getroffen; blutend bricht der Hüne zusammen. Im Medaillon rechts oben wird die nächste Station gezeigt; auf sonderbare Weise ins Rund des Bildfelds gelegt, windet sich der Riese, dem der Knabe mit einem mächtigem Krummschwert den Kopf abhaut. Darunter greift David das abgeschlagene Haupt, um es im dritten Medaillon, unten rechts, auf das Schwert gesteckt, dem König Saul und zwei schönen Mädchen darzubringen. David wird schließlich links unten noch einmal gezeigt, wie er Saul bei der Tafel auf der Harfe vorspielt.

    Die Miniatur umgibt ein prachtvoller Edelsteinrahmen, wie wir ihn schon einmal in einem Pariser Stundenbuch von Georges Trubert hier vorstellen konnten (Leuchtendes Mittelalter V, Nr. 36) und wie er auch in dem hinreißenden Stundenbuch zu finden war, das Jean Fouquet und Jean Bourdichon gemeinsam illuminiert haben (Leuchtendes Mittelalter I, Nr. 70).

    fol. 114: Auch die Horen des Heiligen Kreuzes sind, ein wenig sparsamer, mit Edelsteinrahmen für die Kreuzigung und kleinen Bildfeldern am Rand geschmückt: Symbolisch versteht sich das Hauptbild mit dem Gekreuzigten, der ungewöhnlich klein zwischen Sonne und Mond vor dem bestirnten Himmel erscheint. Ihn begleiten nicht die üblichen Beifiguren aus dem Bericht des Evangelisten, sondern Ecclesia und Synagoge, die eine mit stolzem Kreuzstab, Kelch und Hostie, prachtvoll im goldenen Gewand mit Granatapfelmuster, als Königin gekrönt. Die Synagoge hingegen stützt sich auf eine geborstene Lanze; von ihrem Haupt fällt die Krone, ihre Augen hat sie verbunden, die in Grün und Rot gehaltenen beiden Gesetzestafeln gleiten ihr aus der linken Hand; gekreuzte Knochen unter ihr deuten wohl weniger die Schädelstätte Golgatha als die Verlorenheit des Alten Bundes an. Die Landschaft erstreckt sich mit großer Überzeugungskraft in die Tiefe, über einen Hügel hinweg blickt man zur entfernten Stadt, deren Mauer bildparallel die ganze Breite der Darstellung durchzieht. Von links oben zu lesen ist ein Passionszyklus aus Gebet im Garten Gethsemane, Gefangennahme, Christus vor Pilatus, Geißelung, Dornenkrönung und Kreuztragung.

    fol. 123: Johannes auf Patmos, hier an falscher Stelle, ist oben schon behandelt.

    fol. 143: Die neun Lektionen des Toten-Offiziums aus dem Buch Job sind durch Kleinbilder von etwa fünf Zeilen Höhe im Randstreifen hervorgehoben; um die Abfolge schlüssiger lesbar zu machen, hat man dabei die sechs ersten Bilder jeweils in dieselbe Szenerie versetzt: Ein Sterbebett, mit dem Kopfende nach links, wo auch ein Vorhang herabfällt, ist mit prächtigen blauen und goldenen Streifen ausgeschlagen, im Baldachin wie auf der Bettdecke. Ein Mann liegt nackt, das Haar in weißes Tuch gehüllt, im Bett; er wird von einem Freunde verabschiedet (fol. 143), er erhält die Hostie (fol. 144), die Letzte Ölung (fol. 145), die Teufel drängen sich um sein Bett (fol. 151), die Engel drängen sich um sein Bett (fol. 152), ein Engel stürzt aus der Höhe herab, um die Seele des Verstorbenen zu retten, die seinem Munde entweicht; drei Teufel stehen dabei und vermögen gegen den einen kleinen Engel nichts auszurichten (fol. 153).

    Die letzten drei Bilder sind mit unterschiedlichen Schauplätzen versehen: Das Bett rückt in den Hintergrund, um der Witwe oder einer anderen Frau vorn Gelegenheit zu geben, den unbekleideten Toten in ein weißes Leichentuch einzunähen, während ein junger Mann mit gekreuzten Händen dabeisteht (fol. 160), Dominikaner, Franziskaner und Pleurants tragen den Leichnam unter einem blauen Katafalk in eine Kirche (fol. 161), der eingenähte Leichnam wird von einem Totengräber vor dem Kirchenbau auf den Friedhof gebettet, während die Pleurants danebenstehen und ein Priester mit Ministranten den Leichnam einsegnet (fol. 162).

    fol. 188: Aus der Form des „S“ ergibt sich für die Pfingstdarstellung in der Initiale zu Beginn der Messe des Heiligen Geistes ein schöner Schwung, der die Gruppe der Apostel, angeführt von Maria und dem Lieblingsjünger Johannes, nach rechts drängen läßt, wo aus der Höhe die Taube des Heiligen Geistes herabschwebt.

    fol. 194: Zur Marienmesse, ebenfalls durch ein „S“ (für Salve sancta parem) eingeleitet, steht in asymmetrischer Komposition ein Madonnenbild mit einem Engel, der die Laute schlägt, neben Maria, die den nackten Knaben in den Armen hält. Ihre Gestalt wirft einen kräftigen Schatten gegen den gemusterten Goldgrund.

    fol. 197v: In einer sonst vor allem von Jean Fouquet gepflegten Manier ist der kreuztragende Christus mit zwei Beifiguren aus Camaïeu gebildet, ganz aus der blauen Farbfläche mit verdichteter Farbe als Schatten und Pinselgold als Licht; allein die grüne Dornenkrone hebt sich davon ab.

    fol. 200v: Zum Requiem steht ein Motiv aus dem Zusammenhang des Totentanzes: Der in ledrige dunkle Haut gehüllte Tod bedroht mit seiner Lanze eine junge Mutter, die er über dem Leib an dem Gürtel faßt; diese läßt voller Schrecken ihr Wickelkind fallen.

  • Zum Stil

    Der in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts geschriebene Kodex mit seinen Bordüren aus der Entstehungszeit, Initialen und Randstreifen aus mehreren späteren Arbeitskampagnen, die, wie im Kalender besonders deutlich, zuweilen unverbunden nebeneinander stehen, verrät auch in den figürlichen Bildern mehrere Etappen, die vermutlich aufeinander folgten; jedoch nicht in so großen Abständen; denn alle Miniaturen dürften noch vor dem Ende des 15. Jahrhunderts vollendet sein.

    Den Anfang machen die Randbilder zu den Lektionen des Toten-Offiziums; sie fügen sich in einen ikonographischen Zusammenhang, der nie in gleicher Fülle in einem Kodex überliefert ist: Offenbar hatte der Pariser Buchmaler, den man heute als Maître François bezeichnet (vgl. zuletzt Leuchtendes Mittelalter, Neue Folge I), eine Art von Ars moriendi konzipiert, die die verschiedenen Stadien vom Sterbebett bis zum Friedhof darstellte. Da sich die meisten Stundenbücher jedoch nur mit einer einzelnen Miniatur zum Toten-Offizium begnügen, fand sich meist nur für eine dieser Stationen Platz. Deshalb muß man aus Kodizes der unterschiedlichen Aufbewahrungsorte heute rekonstruieren, wie sich der bedeutende französische Maler die Abfolge vorstellte. In unserem Kodex freilich findet sich, wenn auch auf kleinformatige Randminiaturen reduziert, eine schlüssige Wiedergabe von der Hand eines Malers aus der Umgebung des namentlich bekannten Meisters.

    Zum gleichen Zusammenhang gehören auch die Miniaturen im Kalender: In der engeren Umgebung von Maître François entstand das Bild der Fische auf fol. 3v, die als Symbole vor einem prächtigen Landschaftsausblick gleichsam schwebend erscheinen. Dieser Miniatur ordnen sich wenige andere Bilder im Kalender wie der ausreitende Herr auf fol. 6 und der Schnitter auf fol. 7 zu. Die übrigen Bilder verraten schon durch das breite Rahmenprofil eine etwas andere Ausrichtung. Man wird nicht irregehen, sie in der Nachfolge des Rolin-Meisters zu sehen, dem Meister unseres Foucault-Boccace verwandt (vgl. Leuchtendes Mittelalter, Neue Folge I).

    Aus demselben Zusammenhang stammen die Eingangsbilder zu den Bußpsalmen und den Heiligkreuz-Horen. In deren Randminiaturen wird man direkte Anknüpfungspunkte vor allem zum Bild der Fische erkennen. Als ein besonderes Merkmal fallen Beinkleider und andere Partien in Zinnoberrot auf, die dem Davidbild ebenso wie den Beiszenen zur Kreuzigung ein unverwechselbares Gepräge geben.

    Erforscht ist der Stil dieses Malers noch nicht. Wir wagen es hier, ihn nach einer Handschrift der Vigiles Karls VII. von Martial d'Auvergne zu nennen, die als fr. 5054 in der Pariser Nationalbibliothek aufbewahrt wird. In engster Zusammenarbeit mit Malern aus dem Umfeld von Maitre François tritt er dort auf; beider Hände sind beispielsweise in zwei Bildfeldern nebeneinander zu finden, die Colette Beaune einmal abgebildet hat (Le Miroir de Pouvoir. Les Manuscrits des Rois de France au Moyen Age, Paris 1989, Neudruck 1997, S. 162).

    In unserem Stundenbuch bezeugt der Maler seine Verbundenheit mit der Hauptstadt Paris durch die außerordentlich schöne Ansicht der Hauptstadt hinter dem Goliath-Kampf. Hier beweist er die Fähigkeit, ähnlich wie Maître François die luftige Ferne, das Himmelsgewölbe und die atmosphärischen Werte von Farbperspektive zu gestalten. Im Vordergrund herrscht dann der Wechsel von Blau, Weiß, Zinnoberrot, vor bläulichem Grün und violettem Grau bei reichem Einsatz von Pinselgold, das als Höhung ebenso unverzichtbar für diesen Maler ist wie als Gegenstandsfarbe bei Rüstungen.

    Besonders auffällig ist der Edelsteinrahmen, wobei nur das Davidbild durch Schatten plastisch vom Grunde abgehoben ist, während das Kreuzigungs-Tableau flacher in den Zusammenhang gefügt wird. In der Durchführung der Miniatur jedoch hat die Kreuzigung ähnliche Qualitäten wie das Davidbild; beide Male erstaunt die wunderbare Tiefenwirkung zum flachen Horizont hin.

    Auch der andere Hauptmaler in unserem Kodex weiß Landschaft meisterlich zu schildern; er verwendet eine sehr viel sattere Palette, meidet grelle Lokalfarben und überdeckt das herrliche tiefe Blau bei Gewändern so üppig mit aufgetragenem Pinselgold, daß es im Blau der Ferne ebenso wie in den Stoffen als eigentliche Hauptfarbe überall gleich stark wirkt. Statt leuchtendem Rot bevorzugt er einen dunklen Altrosa-Ton. In vieler Hinsicht erinnert seine Malweise an den jungen Jean Bourdichon; doch beispielsweise beim Auftragen von goldenen Höhungen geht er anders vor, liebt parallele Horizontalschraffen, wo der Meister aus Tours die Striche rundlich verdichtet.

    Die Gestalten konzipiert unser Maler rundlich und verrät damit seine enge Verbindung zu Bourdichon. In der Absicht, die Raumschichten plastisch zu trennen, werden Figuren bereits im Mittelgrund nur wenig modelliert. Zur Farbperspektive, die die Landschaften prägt, kommt ein Prinzip der trennenden Unschärfe im Interieur hinzu, bei dem die Rückwände im Dunkeln verschluckt sind.

    Beim Eingangsbild zum Marien-Offizium mag die Disposition der Randbilder auf eine ältere Vorzeichnung zurückgehen, die in den kleinen Szenen noch weitgehend respektiert wurde. In der Hauptminiatur aber verrät die Tatsache, daß der Engel von rechts herzutritt eine Eigenart von Stundenbüchern aus dem späten 15. Jahrhundert; man vergleiche hier nur die Arbeiten von Robert Boyvin (Nr. 17 und 18). In den kleinfigurigen Miniaturen verrät sich der Maler durch die gleiche verwischte Art, mit der er sonst die zurückgesetzten Gestalten malt.

    Besonders überraschend ist schließlich das Markusbild auf fol. 16v: Die großzügige Raumdisposition mit dem steinernen Tonnengewölbe erinnert an Jean Fouquet, gegen dessen akkurate Beherrschung der Perspektive freilich das Raumgeschiebe verstößt. Fouquet kommt auch in den Sinn angesichts der hellen Farbigkeit des Steins, der jedoch hier in ein violettes Grau umschlägt und nicht die weiße Klarheit behält, die der ältere Touroner Meister so stark betonte. Von besonderer Kraft ist die schöne rundliche Figur des Evangelisten ebenso wie der plastische Körper des Löwen.

    Im Gesicht mit den wunderbar geröteten Wangen sind Grundzüge angelegt, die an den jungen Bourdichon denken lassen, der in Tours Fouquets Nachfolger war. Eine kleine Gruppe von Stundenbüchern mit ganzfigurigen Bildern wäre hier zu nennen; bespielsweise LM 48 des Museums für Kunsthandwerk in Frankfurt und Ms. 6 im Getty-Museum, Los Angeles (vgl. zuletzt Ausstellungskat. Erlesen Gestiftet, Frankfurt 1991/92, Nr. 9, S. 47 sowie Avril und Reynaud 1993, Nr. 161, S. 293 f.). Die schönen ovalen Köpfe weniger Hauptfiguren und die individuellen Züge einzelner Gesichter wie beispielsweise der Verkündigungsmadonna oder der Figuren der Flucht nach Ägypten gleichen jedoch diesen Arbeiten von Bourdichon in einer Weise, daß man kaum umhin kommt, dessen Hand hier korrigierend eingreifen zu sehen. Dabei erhalten die Frauen ein kühles, fast weißliches Inkarnat, die Männer hingegen ein tiefes Braun.

    Von Bourdichons Frühwerk unterscheiden sich die Miniaturen jedoch im Ganzen durch die Freiheit des Pinselstrichs, die unser Maler zu einem lebendigen Modelé nutzt und die zu seiner charakteristischen Gesichtsbildung führt: Den Künstler interessieren Köpfe nicht als massige runde Körper; im Gegenteil löst er die Kompaktheit auf, um von den schlitzartig niedrigen Augen zu feinen flächigen Wangen und Stirnen zu gelangen. Dem Haar gibt er keine festen Konturen, so daß es - unabhängig vom Alter der Dargestellten - weich zum meist dunkel gehaltenen Grund hin vermittelt. Mischtöne liebt dieser Meister, der seine Eigenschaften besonders klar bei der Darbringungsszene auf fol. 76 zeigt. Dort wird auch deutlich, wie stark noch Bourdichons Stil disziplinierend wirkt.

    Ab 1493 wirkte der Maler, der für die Fertigstellung unseres Stundenbuchs verantwortlich war, im Pariser Verlagswesen mit. Für Antoine Verard illuminierte er bis ins erste Jahrzehnt nach 1500 herausragende Exemplare gedruckter Werke auf Pergament. Stehen die frühesten Beispiele wie die Légende dorée mit einem Widmungsbild für Karl VIII. von Frankreich noch den Miniaturen in unserem Stundenbuch extrem nahe (Velins 689 der Bibliotheque nationale de France), so setzt sich die Eigenart des Meisters später immer stärker durch. Die Entwicklung seiner Malweise kann man sogar in diesem Katalog verfolgen, denn im Panisse-Stundenbuch (hier Nr. 23) wirkte er mit: Zumindest seit der großen Pariser Ausstellung von 1993 kennt ihn die Wissenschaft als den „Meister der Chronique Scandaleuse“. In unserem Zusammenhang scheint uns eine Tafel in amerikanischem Privatbesitz besonders aufschlußreich, die Charles Sterling 1990 mit dem Frontispiz der Légende dorée verbunden hat; sie zeigt einen Stifter vor dem heiligen Ludwig, dessen Gesichtszüge vorzüglich mit dem Markus auf fol. 16v übereinstimmen.

Einband: Dunkelblauer längsgenarbter französischer Maroquinband um 1820 mit neogotischem Dekor in Gold- und Blindprägung (reliure à la cathédrale); große Mittelrosette mit ornamentalen Ausläufern in Goldprägung, blindgeprägte arabeske Eckstücke, umgeben von breiten Rahmen aus Goldpunkten auf blindgeprägtem Schachbrett-Grund, gerahmt von Doppelfileten mit grossen goldgeprägten Eckstücken mit Kreuzmotiv; Rücken auf vier flachen Bünden mit reicher ornamentaler Gold- und Blindprägung; Stehkantenvergoldung, breite Innenkantenvergoldung, purpurrote Seidenspiegel und -vorsätze, Ganzgoldschnitt, Messingschließe, signiert Simier R[elieur] du Roi (Gelenke vorn restauriert).
Inhaltsangabe:
Stundenbuch, Horae B.M.V. für den Gebrauch von Paris.
Lateinische und französische Handschrift in Braun, Rot, Blau und Gold auf Pergament, in Textura.
  • fol. 1 (um 1520 nachgetragen): O salutaris hostia lateinisches Vers-Suffragium; fol. 1v leer.
  • fol. 2 Kalender in französischer Sprache, jeder Tag besetzt, abwechselnd in Blau und Rot; die Feste golden; die Goldene Zahl und die Angaben zur römischen Tageszählung abwechselnd in Rot und Blau; die einfachen Sonntagsbuchstaben b-g in Schwarz; die Sonntagsbuchstaben A und die Kürzel KL zu Beginn der Monate in Pinselgoldbuchstaben auf Umbra. Orthographie und Heiligenauswahl weisen auf Paris (6.1.: La typhaine, 9.10.: Dionysius als Fest).
  • fol. 14 Perikopen: Beginn des Johannes- Evangeliums als fol. 123 verbunden; danach Lücke; Text setzt wieder ein auf der zweiten Seite des Lukas-Abschnitts mit deo in civitatem galilee; Markus (fol. 16v).
  • fol. 18 Mariengebete, für einen Mann konzipiert: Obsecro te (fol. 18), O intemerata (fol. 21v); fol. 26/26v leer.
  • fol. 27 Marien-Offizium nach dem Gebrauch von Paris, mit drei Nokturnen in der Matutin: Matutin (fol. 27), Laudes (Anfang fehlt vor fol. 52), Prim (fälschlich als Sext bezeichnet, fol. 63), Terz (fol. 68), Sext (Anfang fehlt vor fol. 72), Non (fol. 76), Vesper (fol. 81v), Komplet (Anfang fehlt vor fol. 87).
  • fol. 90 Bußpsalmen mit Litanei (fol. 106v, die Heiligenauswahl weist auf Paris).
  • fol. 114 Horen: des Heiligen Kreuzes (fol. 114), des Heiligen Geistes (Anfang fehlt; als fol. 123 ist an dessen Stelle das Anfangsblatt der Johannes-Perikope mit Bild getreten).
  • fol. 130 Toten-Offizium (Anfang fehlt).
  • fol. 179 XV Freuden Mariae (Anfang fehlt) und VII Mahnungen des Herrn (Anfang fehlt vor fol. 183); fol. 186 bis 187v leer.
  • fol. 188 Messen von Heilig Geist (fol. 188), Maria (fol. 194), Heilig Kreuz (fol. 197v), Requiem (fol. 200v).
  • fol. 204 Suffragien: Kreuz (fol. 204), Michael (fol. 204v), Täufer (fol. 205), Peter und Paul (fol. 205v), Jakobus d. Ä. (fol. 206), Nikolaus (fol. 206v), Leonhard (fol. 207), Apollonia (fol. 207v), Katharina (fol. 208), Magdalena (fol. 208v), Allerheiligen (fol. 209).
  • fol. 210 (nachträglich eingefügt): Gebet: Benedictum sit dulce nomen domini mit sieben Zeilen Rubrik, derzufolge Clemens IV. auf Bitten des Hl. Ludwig darauf drei Jahre Ablaß gegeben hat;
Entstehung der Handschrift:
  • Geschrieben in Paris, im 2. Viertel des 15. Jahrhundert; ausgemalt in Paris, um 1490: Meister der Chronique Scandaleuse, unter Anleitung von Jean Bourdichon, und der Meister der Vigiles von Karl VII. aus dem Umfeld von Jacques de Besançon.
  • Ein wunderschönes Pariser Stundenbuch, das mit größter Sorgfalt schon vor 1450 in Paris geschrieben wurde, aber lange ohne Bilder blieb, bis man gegen Ende des 15. Jahrhunderts daran ging, alle Textseiten mit reichen, von üppiger botanischer Phantasie zeugenden Bordüren zu schmücken und die Bildseiten prächtig auszustatten. Dabei teilt sich die Arbeit auf: Zwei große Miniaturen und den Schmuck von Kalender und Toten-Offizium steuerte ein bisher wenig definierter Maler bei, der aus dem Kreis um den Meister des Jacques de Besançon stammt und in den Vigiles Karls VII. zu fassen ist; er feiert in einer prächtigen Stadtvedute Notre Dame de Paris. Daneben aber finden sich die glühenden Farben und die vollen monumentalen Formen, die Jean Bourdichon und Jean Poyet in Tours geprägt haben: Zaghaft deutet sich hier der Meister der Chronique Scandaleuse an, in dessen durchaus eigenständigen Miniaturen offenbar Jean Bourdichon noch das eine oder andere Gesicht übermalt, während er dem jungen Maler mit dem eigentümlichen Sinn für freie Pinselführung in Nebenfiguren und kleinen Szenen eher freie Hand läßt.
  • Ein Stundenbuch zwischen zwei Zeiten und zwei künstlerischen Zentren: geschrieben in Paris schon um die Mitte des 15. Jahrhunderts, illuminiert in der Hauptstadt und vielleicht auch in Tours erst gegen 1500. Mit zwei bedeutenden Malstilen, deren Gegensatz der Bebilderung eine bemerkenswerte Spannung gibt: Ein wenig erforschter Maler aus dem Umfeld des Meisters des Jacques deBesançon, wohl mit einem weiteren Nachfolger von Maître François, steht hier neben dem Meister der Chronique Scandaleuse, der diesmal noch offenbar unter Anleitung von Jean Bourdichon, von diesem korrigiert, arbeitete.
Provenienz der Handschrift: Keine Hinweise auf frühere Besitzer. J. Rosenthal, Cat. 36 (um 1905/08), Nr. 233: "par un des meilleurs artistes de l'école de Jean Fouquet".
Bibliographie:
  • Zu den Malern siehe vor allem Avril und Reynaud, passim, sowie Charles Sterling, La peinture médiévale à Paris, Bd. II, Paris 1990, Nr. 16, S. 230-233
  • Zum Einband vgl. Ramsden, French Bookbinders S. 190 und Culot, Relieurs et reliures décorées en France à l'époque romantique (1995), S. 552, sowie Beraldi, La reliure du XIXe siècle I (1895), S. 37 ff. und öfter.