Die erste liturgische Bibliothek der Nonnen von Fille-Dieu, die heute teilweise über ganz Europa verstreut ist, ist für die Geschichte des Zisterzienserordens von entscheidender Bedeutung. Das Büchlein FiD 1 (französische Musiknotation) enthält die ältesten Offizien des heiligen Bernhards und der Dreifaltigkeit, die 1175 oder kurz danach in den Orden eingeführt wurden. Auch die Vorsatzblätter sind bemerkenswert. Zusammen mit FiD 2 repräsentieren sie die Relikte von Antiphonaren, die um 1136/1140 kopiert wurden und die ursprüngliche Zisterzienserliturgie enthalten, die in Metz etwas nach 1108 durch von Abt Etienne Harding abgesandte Mönche kopiert worden waren. Diese Liturgie wurde im Rahmen der Reformen von Bernhard von Clairvaux korrigiert. Die Existenz von bernhardinischen Entwürfen war bisher durch das Antiphonar 12A-B der Abtei Westmalle (Belgien) und dasjenige der Abtei von Tamié 6 (Savoyen) bekannt. Die kodikologischen Analysen der Vorsätze von FiD 1 und der Fragmente von FiD 2 zeigen, das alle Stücke aus dem Schweizer Kloster Fille-Dieu stammen; sie weisen einen identischen Status und gemeinsame Charakteristika auf, unabhängig von den aktuellen Aufbewahrungsorten. Sie lassen dieselben Hände und Korrekturhände erkennen, die gleichen Ornamente und die gleichen späten Nachbesserungen, die spätestens im 16. Jahrhundert und wahrscheinlich von den Nonnen oder Mönchen der Abtei Hautcrêt (Oron, VD) gemacht wurden. Diese Abtei war bis 1536 die Vaterabtei von Fille-Dieu.
Online seit: 22.03.2018
Diese Antiphonarfragmente, die um 1136/1140 kopiert und gegen 1140/1143 abgeschabt und korrigiert wurden, bilden einen leeren Einband. Die verschieden grossen Pergamentstücke wurden zweifellos von den Nonnen von Fille-Dieu aneinandergeklebt, um ein heute verschwundenes liturgisches Formular zu schützen. FiD 2 stellt zusammen mit FiD 1 die Relikte von Antiphonaren dar, welche die ursprüngliche zisterziensische Liturgie enthielten. Diese ist von Fr. Kovacs („Fragments du chant cistercien primitif“, ASOC 6 [1950], p. 140–150) und Chr. Waddell (The Primitive Cistercian Breviary, Fribourg, 2007 [Spicilegium Friburgense 44]) als die durch Etienne Harding kurz nach 1108 reformierte Liturgie definiert worden. Im Zuge dieser Reform zwang der Abt von Cîteaux den Orden, das Metzer Antiphonar zu benutzen, das im Orden bis zur Zeit der zweiten Reform unter Bernhard von Clairvaux in Gebrauch war. Zu Beginn der Jahre 1140 war auch diese zweite Reform abgeschlossen. Die Existenz von bernhardinischen Entwürfen war bisher durch das Antiphonar 12A-B der Abtei Westmalle (Belgien) und dasjenige der Abtei von Tamié 6 (Savoyen) bekannt. Die kodikologischen Analysen der Vorsätze von FiD 1 und der Fragmente von FiD 2 zeigen, das alle Stücke aus dem Schweizer Kloster Fille-Dieu stammt; sie weisen einen identischen Status und gemeinsame Charakteristika auf, unabhängig von den aktuellen Aufbewahrungsorten. Sie lassen dieselben Hände und Korrekturhände erkennen, die gleichen Ornamente und die gleichen späten Nachbesserungen, die frühestens im 16. Jahrhundert und wahrscheinlich von den Nonnen oder Mönchen der Abtei Hautcrêt (Oron, VD) gemacht wurden. Diese Abtei war bis 1536 die Vaterabtei von Fille-Dieu.
Online seit: 22.03.2018
Dieses vollständige Graduale (Quadratnotation) enthält das Temporale (f. 1r-70v), das Sanctorale und das Commune Sanctorum (f. 70v–103v), Votivmessen (f. 103v-107v), das Kyriale und Litaneien (f. 107v–111v), Antiphone und Prozessions-Responsorien (f. 112r–113v), die Tropen zum Kyrie Cunctipotens und Fons bonitatis (f. 113v–115r) und einige Zusätze aus dem 14. Jahrhundert (f. 115r-127v). Gemäss der Analyse des Kalenders könnte diese Kopie auf die Mitte des 13. Jahrhunderts zurückgehen, zwischen 1246 (Erwähnung des hl. Lambertus von erster Hand, f. 100r) und 1255 (keine Erwähnung der Messe für den hl. Dominik am 5. August, f. 95r). Anders als es die Etiketten (Rücken und vordere Innenseite) vermuten lassen, war der Codex vor dem Ende der 1260-er Jahre kopiert worden, da die Messe des hl. Antonius (f. 75v) von einer zweiten Hand notiert wurde. Auch enthält f. 98v keine Erwähnung einer Oktave des hl. Bernhard, die üblicherweise in den Zisterzienserbüchern ab 1295 vorhanden sind. Eine Untersuchung des musikalischen und liturgischen Inhalts zeigt, dass die Handschrift FiD 5, die eine treue Kopie des älteren Graduale des Ordens darstellt (Abbazia Tre Fontane 47, gegen 1140/1143), wahrscheinlich aus der Abtei Hautcrêt (Oron VD) stammt, die bis 1536 Vaterabtei von Fille-Dieu war.
Online seit: 22.03.2018
Die Handschrift FiD 7 (Quadratnotation; lateinische und altfranzösische Rubriken) beginnt mit den Kurzlesungen und Kollekten des Sanctorale (das Blatt 1r beginnt abrupt mitten in der Kurzlesung der Terz zur Geburt von Johannes dem Täufer). Es enthält danach verschiedene Riten, darunter das Totenoffizium (mit Musiknotation auf den Seiten 40r-46v), sowie den Ritus für den Ordensprofess und für die Einkleidung einer Nonne (f. 24v-26r). Das Ordensgelübde Ego soror ill. promitto (f. 24v) könnte Fille-Dieu als Bestimmungskloster bezeichnen. An anderer Stelle enthält das Buch jedoch Rubriken und Gebete von erster Hand in maskuliner Form, interlinear von einer der Kopie zeitgenössischen Hand der femininen Form angepasst (f. 20r, 27v, 30v-39v). FiD 7 stammt daher wahrscheinlich aus einer männlichen Schreibstube, vermutlich von den Zisterziensern von Hautcrêt (Oron, VD) oder von Hauterive (FR).
Online seit: 22.03.2018