Standortland: |
Standortland
Schweiz
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Ort: |
Ort Zürich |
Bibliothek / Sammlung: |
Bibliothek / Sammlung
Braginsky Collection
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Signatur: | Signatur K111 |
Handschriftentitel: | Handschriftentitel Ketubba (כתובה) |
Schlagzeile: | Schlagzeile Pergament · 1 f. · 93 x 37.5 cm · Livorno · 14. Tischri 5479 (9. Oktober 1718) |
Sprache: |
Sprache
Hebräisch |
Kurzcharakterisierung: | Kurzcharakterisierung Das Brautpaar Salomon, Sohn des Jakob Visino, und Dina (Gracia), Tochter des Samuel Cordovero, gehörten zur großen Gemeinschaft sephardischer Juden, die in der blühenden, kosmopolitischen und multiethnischen Hafenstadt Livorno lebten und dort seit den Medici grosszügige Privilegien besassen, unter anderem die volle Glaubensfreiheit. Der Text steht in einer barocken Portalarchitektur zwischen zwei Doppelsäulen. Der Heiratstext rechts wurde in einer sephardischer Quadratschrift, die Bedingungen links in einer Kursive geschrieben, die vom Bräutigam (auf Italienisch) und dem Brautvater (auf Spanisch) bestätigt wurden. Über der Balustrade halten zwei Putti eine Kartusche mit dem Familienemblem der Visino. Darunter zeigt ein Medaillon, umrahmt vom Zodiak, König Salomon, der hocherfreut die Königin von Saba empfängt. |
DOI (Digital Object Identifier): | DOI (Digital Object Identifier 10.5076/e-codices-bc-k-0111 (http://dx.doi.org/10.5076/e-codices-bc-k-0111) |
Permalink: | Permalink https://e-codices.unifr.ch/de/list/one/bc/k-0111 |
IIIF Manifest URL: |
IIIF Manifest URL
https://e-codices.unifr.ch/metadata/iiif/bc-k-0111/manifest.json
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Wie zitieren: | Wie zitieren Zürich, Braginsky Collection, K111: Ketubba (כתובה) (https://e-codices.unifr.ch/de/list/one/bc/k-0111). |
Online seit: | Online seit 10.10.2019 |
Externe Ressourcen: | Externe Ressourcen |
Rechte: | Rechte Bilder:
(Hinsichtlich aller anderen Rechte, siehe die jeweilige Handschriftenbeschreibung und unsere Nutzungsbestimmungen) |
Dokumenttyp: |
Dokumenttyp
Dokument |
Jahrhundert: |
Jahrhundert
18. Jahrhundert |
Datiert: |
Datiert
1718 |
Dekoration: |
Dekoration
Figürlich, Deckfarbenmalerei, Rand, Ornamental |
Liturgica hebraica: |
Liturgica hebraica
Ketubbah |
e-codices · 09.09.2019, 16:12:00
Die folgenden drei Ketubbot führen uns an die tyrrhenische Küste in die Hafenstadt Livorno. Mit dem Ziel, die Stadt zum wichtigsten Umschlagplatz von Waren im Grossherzogtum Toskana auszugestalten, gewährten die Medici dem Handel grosszügige Privilegien. Zudem garantierten sie volle Glaubensfreiheit. Livorno wuchs dadurch zu einer wirtschaftlich äusserst prosperierenden, kosmopolitischen und multiethischen Stadt heran – ähnlich wie Amsterdam im Norden. An dem steten wirtschaftlichen Aufstieg hatten die zugewanderten Juden grossen Anteil. Statt wie anderswo im Ghetto leben zu müssen, bildeten sie in Livorno eine von neun Ausländergemeinschaften (nazioni) - neben Deutschen (einschliesslich Niederländern), Engländern, Russen, Armeniern, Muslimen und anderen. Die Juden waren meist sefardischer Herkunft und bedienten sich des Spanischen, ihrer mitgebrachten Sprache. Unter ihnen befanden sich viele, die in Spanien oder Portugal zur Konversion gezwungen worden waren, hier aber wieder offen zu ihrem alten Glauben zurückkehren durften. Zur Entstehungszeit dieser Ketubbot lebten in Livorno rund 4500 Juden. Ihre Gemeinde war damit zur zahlenstärksten auf italienischem Boden herangewachsen. Als Livorno nach der Einigung Italiens 1865 seinen Status als «Freihafen» verlor, ging seine Bedeutung allerdings rapide zurück.
Umrahmt von einer pompösen barocken Portalarchitektur mit Doppelsäulen, Balustrade und Prunkaufbau ist der Ketubba-Text vor eine theatralisch gebauschte Vorhangdraperie gesetzt. Er ist auf zwei Spalten verteilt. In der rechten erscheint in sefardischer Quadratschrift der formelhafte Ketubba-Text, in der linken sind in einer Kursive die speziellen Vereinbarungen verzeichnet, wobei das Wort tenaj («Bedingung») jeweils mit grossen Lettern hervorgehoben ist. Unter den beiden Texten haben der Bräutigam und mehrere Zeugen mit entsprechenden Affirmationen in italienischer Sprache unterschrieben. Der Brautvater fügte eine Bestätigung auf Spanisch hinzu.
Über der Balustrade sitzen zwei fröhliche Putti auf einem ausladenden ornamentalen Rankenwerk mit schwungvoll eingeflochtenen Bändern und halten eine Kartusche, die einen Baum mit aufsteigendem Löwen zeigt. Wahrscheinlich handelt es sich um das Familienemblem der Visino. Das prominent über der Balustrade platzierte Medaillon wird von einem dunkelblauen Band mit Sternen und den Tierkreiszeichen umschlossen. Die himmlischen Konstellationen sollen als «gutes Zeichen» (massal tow) über das irdische Glück der Brautleute walten. Das grosse Medaillon zeigt eine Episode aus der Bibel: König Salomon hat sich von seinem Thron erhoben und eilt auf die Königin von Saba zu, die die Stufen zum Thron empor in seine Arme stürmt. Ihr Gefolge präsentiert kostbare Geschenke. Für diese Szene stand ein Fresko der Raffael-Werkstatt in den Loggien des Vatikans Pate, das durch zahlreiche Überlieferungen der Reproduktionsgrafik popularisiert worden war. Das Bildmotiv spielt nicht nur auf den Namen des Bräutigams, Salomon, an, sondern kann auch als Hinweis auf die der Hochzeit entsprechende glückliche Verbindung der Macht und Weisheit Salomons mit der Klugheit und dem Reichtum der Königin von Saba verstanden werden.
Schöne Seiten. Jüdische Schriftkultur aus der Braginsky Collection, Hrsg. von Emile Schrijver und Falk Wiesemann, Zürich 2011, S. 178-179.
Schöne Seiten. Jüdische Schriftkultur aus der Braginsky Collection, Hrsg. von Emile Schrijver und Falk Wiesemann, Zürich 2011, S. 178-179.