St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 621
Eisenhut Heidi, Die Glossen Ekkeharts IV. von St. Gallen im Codex Sangallensis 621 (Diss. Zürich 2006). St. Gallen, 2009 (Monasterium Sancti Galli 4).
Titolo del codice:
: Historiarum adversum paganos libri VII
Luogo di origine: St. Gallen
Datazioni:
- s. IX
- vor 883
Supporto materiale:
hochwertiges Ziegenpergament, Fleischseite weiss, Haarseite gelblich mit Poren
Dimensioni:
356 pp.
Composizione dei fascicoli:
20 Quaternionen inkl. drei unregelmässige Lagen IV[-1]17-30 (vor p. 19 ist ein Bogen halb beschnitten), III335-346 und III[-1]347-356 (nach p. 352 wurde ein Blatt herausgeschnitten). Beginn Lage III p. 31, von zeitgenössischer Hand als Lage II bezeichnet, von II - XX konsequent durchnummeriert.
Disposizione della pagina:
Schriftspiegel 25,5 x 18,5 cm, zweispaltig (Spalten a und b) zu in der Regel 28, teilweise 27, 26 und 25 Zeilen; Blindlinierung für den Grundtext, jedoch nicht für die Glossen, Zirkellöcher; lückenlose Paginierung von Ildefons von Arx.
Tipo di scrittura e mani:
- St. Galler Carolina (leichte Rechtsneigung der Schrift, Betonung des Mittelkörpers, kurze Oberlängen), laut Gustav Scherrer, Verzeichniss der Handschriften der Stiftsbibliothek von St. Gallen, Halle 1875, S. 202, von einer, nach Scarpatetti, S. 219, von mehreren geübten Händen. Die Schwierigkeit der Abgrenzungen zeigt sich beispielsweise beim Durchblättern der p. 20-22, wo die Schriftgrösse des Grundtextes variiert. Beispiel eines Schreiberhandwechsels wohl p. 188b 11. Passim eine bisweilen starke Rechtsneigung der Minuskel m beobachtbar. Bei den e caudata und den Minuskel z Variationen, zur Gegenüberstellung etwa die pp. 19b5/b9/b18 und 175b8 sowie pp. 29b13ff. und 45a14/a12/a26f. Die Tinte ist dunkelbraun, bisweilen geht sie ins Rostbraune über. Auszeichnungsschriften in Capitalis Rustica.
- Optisch ist die Handschrift gekennzeichnet von wenigstens zwei kompletten Überarbeitungs- und Glossierungsdurchgängen mit Tinte, die mit hoher Wahrscheinlichkeit dem 10./11. Jahrhundert zuzurechnen sind. Die manus posterior entspricht der Hand Ekkeharts IV. (11. Jh., blassbraune Tinte, unzählige Rasurspuren, verhältnismässig grosse Glossenschrift, wackliges Schriftbild). Es ist nicht auszuschliessen, dass auch die meisten früheren Spuren auf Ekkeharts Hand zurückgehen (vgl. z. B. p. 109). Neben einigen Korrekturen von Schreiberhand (9. Jh.) finden sich vereinzelt jüngere additamenta (13.-15. Jh.). Unter den über 7000 lateinischen Tintenglossen unterschiedlichen Charakters sind nur 15 volkssprachige auszuscheiden (StSG II, S. 358f., und IV, S. 453 (Nr. 206); Neufund: p. 262a8f. liburnicis pares] quas barbari sceidas uocant.). Die römischen Kapitelnummern sind teilweise (von Schreiberhand?) als Hinweis für den Rubricator mit stumpfem Griffel in den Rand eingedrückt worden; zusätzlich finden sich die kürzeren Kapitelüberschriften der Bücher I-IV oft mit Griffel in den unteren Seitenrand oder - wenn Platz vorhanden war - auf der Höhe der Kapitelnummer in den Rand geritzt. Als Beispiel für die St. Galler Tradition, den Griffel als Vorschreibwerkzeug für spätere (interlineare) Tinteneintragungen zu nutzen, die Variantenglosse p. 293a3 alias titulorum am linken Seitenrand, die eine identische interlineare Tintenglosse zu negotiarum zur Folge hatte. Sie ist mit Sicherheit älter als die Glosse in Zeile 4 (Ekkeharts Hand). Auf p. 293b6 wird die Griffelglosse von der identischen Tintenglosse (alias uestiliani zu uestali im Grundtext) überlagert. Griffelkritzeleien wie Kreuze oder Kreise finden sich auf mehreren Seiten (z. B. p. 69 unten (karolingisches Flechtwerk) oder p. 348a untere Ecke).
Legatura:
Einband aus hellem Leder auf Holz (9. und 15. Jh., stark wurmstichig); Mittelschliesse HDK-VDK (18. Jh.), Titelschild Orosius prespiter Textualis (15. Jh.) auf Pergament (
Bruckner III, S. 114, und
Scarpatetti, S. 219)
Contenuto:
- p. 1 Einträge von Jodocus Metzler und Ildefons von Arx; Spuren von Griffelskizzen (Gebäudeaufriss)
- p. 2 Sancte laurenti ora pro nobis seitenverkehrt, wohl probatio pennae, 12./13. Jh. (von derselben Hand wie clauos christi am oberen Rand von p. 234f.)
- p. 3a Besitzeintrag, 15. Jh.; Beginn einer computatio anni CCCCLII (MGH AA IX, S. 149-153), die auf p. 4b endet
- p. 5a-30b >capitulationes ex corpore libri huius sancti Orosii<
- p. 31a-33a >Praefatio libri primi< ; Oros. 1, prol.,1 - 1,1,3
- p. 33b >Incipit liber primus sancti Orosii presbyteri< ; Buch I beginnt hier mit Oros. 1,1,4
- pp. 35b, 37b, und 42a drei Kartenskizzen (vgl. Miller, Mappaemundi, S. 62, et al.)
- p. 68b >Incipit liber secundus sancti Orosii<
- p. 97a >Incipit hystoriarum sancti Orosii liber tertius<
- p. 133a >Incipit liber quartus hystoriarum sancti Orosii praesbyteri<
- p. 175a >Incipit liber quintus<
- p. 223a >Incipit liber sextus sancti Orosii presbyteri<
- p. 252 verblasste Schlachtordnung Triplex ordo Pompeii. Triplex ordo Iulii, Illustration zum Grundtext (Oros. 6,23,15f.), in dem die ordines triplices der beiden Heerführer beschrieben sind
- p. 270a >Incipit liber septimus hystoriarum sancti Orosii<
- p. 321b20-23 , zwei autographe Zeilen Has duas lineas amandas domnus Notkerus scripsit. Uiuat anima eius. in domino (in der Literatur häufig zitiert; abgezeichnet in MGH SS II, Tab. VI, zwischen S. 100 und 101, jedoch nicht nur mit falscher Zuweisung (Notker Balbulus), sondern auch mit falscher Seitenangabe (p. 64) versehen), von IvA auf p. 1 transkribiert
- p. 338b-351b Additamenta ex Eusebii historia ecclesiastica 1,1,8 - 1,4,8 ( Schwartz/Mommsen, GCS II/1, S. 9-41); einzufügen nach Oros. 7,2,16 (p. 274b 10), siehe auch cap. 7, XLVIII, p. 30b20-24, leider überlagert durch Bibliotheksstempel
- p. 343 lup[o (?)] in der oberen rechten Ecke, von Bruckner III, S. 114, als Schreibername interpretiert
- p. 351b15-24 Vermerk bezüglich der Nützlichkeit der Historiae adversum paganos und zum Auftrag Notkers an Ekkehart, die Handschrift zu korrigieren. Starke Rasur, darunter Transkriptionsversuch von Jodocus Metzler
- p. 352 De lege Dictamen ornandi Autograph einem frater Ymmo , späterer Abt von Münster im Elsass, gewidmet (MGH Poet. Lat. V/1, S. 531-533)
- p. 353 künstlerisch dürftige Griffelskizzen, von denen eine (horizontal gespiegelte) Lilie, ein nackter Mann ohne Arme und mit übergrossem Geschlechtsteil, eine weitere männliche Figur (Hirt?) mit drei Schweinen und Architekturskizzen (vgl. p. 1) erkennbar sind
- p. 354 probationes pennae 9.-13. Jh.
- p. 355 verschiedene Fragmente und Notizen unter anderem den versus de fungo (MGH Poet. Lat. IV/1, S. 336)
- p. 356 wohl Rest des früheren Spiegelblattes (nach Scarpatetti, S. 219), kleine gotische Minuskel (Anfang 13. Jh.)
Provenienza del manoscritto:
- Wohl identisch mit dem Volumen Orosii der Privatbibliothek Hartmuts ( MABK 1, S. 87).
- In der Edition von Zangemeister (CSEL 5, Wien 1882, p. XXf.) mit Kürzel G versehen; von Arnaud-Lindet (Paris 1990f., p. XC [Stemma]) als codex mixtus bezeichnet, der gemeinsam mit dem Cod. Einsiedlensis 351 (Textzeuge J), auf eine Grundlage γ'''' zurückgehe, die Elemente aller drei Manuskriptklassen enthalten.
Bibliografia:
- Pauli Orosii Historiarum adversum paganos libri VII. Accedit eiusdem Liber apologeticus, hg. von Carl Zangemeister, Wien 1882 (CSEL 5)
- Pauli Orosii Historiarum adversum paganos libri VII, hg. von Carl Zangemeister, Leipzig 1889 [= editio minor; Edition der capitula aus dem Codex 621]
- Orose, Histoires (Contre les Païens), tome I-III, texte établi et traduit par Marie-Pierre Arnaud-Lindet, Paris 1990f.
- Orosius, Paulus, Die antike Weltgeschichte in christlicher Sicht, übers. u. erläutert von Adolf Lippold, 2 Bde., Zürich 1985f.
- Clark, J. N. C., The Annotations of Ekkehart IV. in the Orosius-Ms. St. Gall 621, in: ALMA (1932) S. 5-35 [Teiledition einiger Glossen]
- Chronica minora saec. IV.V.VI.VII, Bd. 1, hg. von Theodor Mommsen, Berlin 1892 (MGH AA IX), S. 149-153 [Edition computatio p. 3f. ]
- Ekkehardi IV. casuum S. Galli Continuatio I. (Tab. IV), hg. von Georg Heinrich Pertz, Hannover 1829 (ND 1976) (MGH SS II), S. 75-147 [Tab. IV, zwischen S. 100 und 101 mit den autographen Zeilen Notkers]
- Eusebius Werke, Die Kirchengeschichte, hg. von Eduard Schwartz, Die lat. Übersetzung des Rufinus, bearb. von Theodor Mommsen, Leipzig 1903 (Die griechischen christlichen Schriftsteller der ersten drei Jahrhunderte (GCS) II/1), S. 9-41 [Additamenta ex Eusebii historia ecclesiastica 1,1,8 - 1,4,8]
- Ymmoni fratri post abbati Ekkehart de lege dictamen ornandi, hg. von Karl Strecker, Leipzig 1937 (MGH Poet. Lat. V/1), S. 531-533 [Edition dictamen p. 352 ]
- [Versus de fungo], hg. von Paul von Winterfeld, Berlin 1899 (ND 1978) (MGH Poet. Lat. IV/1), S. 336 [versus p. 355 ]
- Die althochdeutschen Glossen, Bde. I-V, hgg. von Elias Steinmeyer und Eduard Sievers, Berlin 1879-1922 (ND Dublin 1968f.); Bd. II, S. 358f., Bd. IV, S. 453
- Scarpatetti, Beat Matthias von, Die Handschriften der Stiftsbibliothek St. Gallen, Bd. 1: Abt. IV: Codices 547-669: Hagiographica, Historica, Geographica, 8.-18. Jahrhundert, Wiesbaden 2003, S. 219-221 [Hauptreferenz; mit weiterer Literatur]
- Gustav Scherrer, Verzeichniss der Handschriften der Stiftsbibliothek von St. Gallen, Halle 1875, S. 202
- Bruckner III, S. 114
- CMD-CH III, Nr. 760 (S. 245), Abb. 770 [p. 320 - 321]
- MABK 1, S. 86f.
- Miller, Konrad, Mappaemundi. Die ältesten Weltkarten, Bd. 6, Stuttgart 1898, S. 62
- Dümmler, Ernst, Ekkehart IV. von St. Gallen, in: Zeitschrift für deutsches Altertum 14, NF 2 (1869) S. 1-73.
- Mortensen, Lars Boje, The Diffusion of Roman Histories in the Middle Ages. A List of Orosius, Eutropius, Paulus Diaconus and Landolfus Sagax Manuscripts, in: Filologia mediolatina. Studies in Medieval Latin Texts and their Transmission VI/VII (1999-2000) S. 101-200 [die Liste (S. 101-165) ist im Internet publiziert; Änderungen und Ergänzungen sind erwünscht]
- [Eine exhaustive Literaturliste erscheint in der für 2006 angekündigten Dissertation.]
Quellen
Darstellungen
Digitale Edition