Basel, Universitätsbibliothek, E I 4a
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Aus: HAN. Verbundkatalog Handschriften - Archive - Nachlässe, 2017.

Handschriftentitel: Prophetia de papis (pars 2)
Entstehungsort: Basel
Entstehungszeit: zwischen 1444 und 1449
Frühere Signatur: Kartause Basel, Bibliotheca antiqua, B lxxx (alt)
Beschreibstoff: Papier
Umfang: 1 Band (10 Blätter): mit Buchschmuck/Illustration
Format: 29 x 21-21,5 cm + 1 Zettel
Seitennummerierung: Alte Tintenfoliierung: 556-565.
Lagenstruktur: I557 + IV565 (in der ursprünglichen Bindung von E I 4 hingegen: + IV⁵⁶⁰ + IV⁵⁶⁸ + ).
Buchschmuck:
  • Rote Markierungen und Hervorhebungen.
  • Miniaturen/Zeichn.:
    Mit kolorierten Illustrationen: Bilder zu den Prophezeiungen, welche sich auf die Päpste von Bonifaz IX. bis auf Eugen IV. beziehen. Schwarze, graulavierte Federzeichnungen. Rötliche Tönung der Fleischteile. Gelb für Teile der Kleidung, Schmuck, Throne, Nimben, Haare und Kronen verwendet. Weltliche Kleidung rötlich und grün, Dächer rötlich, Waffen blau getönt. Am unteren Bildrand jeweils Text der Prophezeiung. (Vgl. Escher, 1917. Vgl. zudem Pfister, 1936).
    • 557r: Bonifaz IX. (Perinus de Thomacellis), in Vorderansicht stehend; auf der Tiara ein Bär; zu Füssen des Papstes zwei Bären aufspringend. Beischrift: “Incipit principium malorum; ypocrisia habundabit”.
    • 557v: Innozenz VII. (Cosimus de Melioratis), etwas nach rechts gewendet, hält mit der rechten Hand eine aufgepflanzte Lanze und rafft mit der linken den Mantel auf. Daneben eine aufgerichtete Schlange, der ein Vogel in den Rachen fliegt. Beischrift: “Decime discipabuntur in effusione sanguinis”.
    • 558r: Gregor XII. (Angelus Corario de Venetiis), in Vorderansicht in einem mit einem Kissen belegten Thron sitzend, die Füsse auf einem Polster, legt die rechte Hand auf den Kopf eines vor ihm stehenden bittenden Mannes. Zur Linken des Papstes, auf der Höhe des Thronsitzes, ein aufspringendes Einhorn; aus der Tiara wächst ein Adler heraus. Beischrift: “Poenitentia vestigia Simonis magi tenebit”.
    • 558v: Alexander V. (frater Petrus de Candia). Drei Säulen; auf der linken bärtiger, gekrönter Kopf nach der Mitte gewendet, auf der mittleren in Frontansicht der tonsurierte Kopf des Papstes, auf der rechten ein nach der Mitte gestreckter gelber Arm, dessen Hand einen Halbmond hält. Beischrift: “Confusio, error concitabitur”.
    • 559r: Johannes XXIII. (Balthasar Cossa), in Vorderansicht, in Mönchskleidung; in der rechten Hand eine Sichel, in der linken ein Pflanzenbüschel. Zu seiner Linken ein gelbes Bein, gegenüber eine Fessel. Beischrift: “Elactio, obedientia, paupertas, castitas, temperantia, castrimargia et ypocrisiorum destructio”.
    • 559v: Martin V. (Oddo de Columpna), in Vorderansicht, Oberkörper etwas nach seiner rechten Seite geneigt, die Hände gefaltet, auf dem Haupt eine Fürstenkrone. Vor ihm ein gelber Stier, auf den Hinterbeinen stehend; links oben im Profil, nach der Mitte gewendet, zwei bärtige, gekrönte Köpfe. Beischrift: “Incisio ypocrisium in abhominatione erit”.
    • 560r: Eugen IV. (Gabriel Condulmarius Venetus), in Vorderansicht, die rechte Hand vor die Brust gelegt, mit der linken den Mantel aufraffend. An ihm emporspringender Bär. Beischrift: “Occisio filii Balat in alia Bahael sectabuntur”.
    • 560v: Stadt mit Ringmauer und stufenförmig aufgebautem Turm. Zu beiden Seiten des Turms bewaffnete Krieger in vollständiger Rüstung, mit Lanzen und Schilden (einer trägt das Basler Wappen, die anderen lauter Fantasiewappen). Beischrift: “Potestas, Cenobia ad loca pastorum redibunt”.
    • 561r: Stadt, darüber drei nach rechts gerichtete, ausgestreckte Hände, welche laut Beischrift die Einheit und den Frieden der Kirche bedeuten. Beischrift: “Potestas unitas erit”.
    • 561v: Papst, etwas nach seiner rechten Seite gewendet; rechte Hand vor der Brust, mit der linken das Gewand hochraffend. Vor ihm ein springender Fuchs, der auf der Schnauze, dem Rücken und der Rute die gekreuzten Stangen dreier Fahnen trägt. Beischrift: “Bona gracia. Symonia cessabit”. (Laut Beischrift wird dieser Papst gelegentlich zwischen beiden Stadtbildern, gelegentlich hinter dem zweiten eingereiht, vgl. unten von Texthand: “Nota quod in quibusdam papalistis iste papa ponitur inter predictas duas civitates, et in quibusdam post secundum civitatem”).
    • 562r: Auf einem mit Tuch und Kissen belegten Thronsitz, nach rechts gewendet, ein nackter, nur mit Lendenschurz bekleideter bärtiger Mann, weinend; die rechte Hand zum Segen erhoben. Rechts kleiner bekleideter Mann, hält einen Strick, der um des andern rechten Fuss geschlungen ist. (Laut Beischrift wird dieser Priester auch als auf einem Felsen sitzend und eine offene Goldkiste haltend, der andere als ihn tröstend dargestellt). Beischrift: “Bona oratio. Thesaurus pauperibus erogabitur”.
    • 562v: Papst, nach rechts gewendet, mit Nimbus, hält die Tiara in der erhobenen linken Hand und rafft mit der rechten den Mantel auf. Zu seinen Füssen vier wilde Tiere. Beischrift: “Bona gracia. Caritas habundabit”.
    • 563r: Papst mit andächtig erhobenen Händen. Ein Engel setzt ihm die Tiara aufs Haupt. Beischrift: “Prevaricatio in aliis praehonoratio. Concordia erit”.
    • 563v: Papst in Vorderansicht vor seinem mit Kissen belegten Thron stehend, auf der linken Hand ein Buch in blauem Einband tragend. Hinter ihm halten die Halbfiguren zweier Engel eine rötliche Draperie mit gelber Musterung. (Laut Beischrift sind es gewöhnlich drei Engel: einer zu Häupten und je einer zu beiden Seiten). Beischrift: “Bona occasio. Viventium sacra cessabunt”.
    • 564r: Papst nach links gewendet, hält im linken Arm ein Buch in lilafarbenem Einband, in der ausgestreckten rechten Hand die Tiara. Zu seinen Füssen ein Tier mit Stierbeinen und gekröntem Menschenkopf. Beischrift: “Reverentia et devotio augmentabuntur”.
Zusatzmaterial:

Zettel mit bibliographischer Notiz eines Bibliothekars Anfang 20. Jh., nach der Neubindung der Blätter auf das vordere Spiegelblatt geklebt; von dort abgelöst August 2012.

Hauptsprache: Lateinisch
Inhaltsangabe:
2. Teil der anonymen Sammlung von 30 früher Joachim de Flore zugeschriebenen Papstweissagungen samt dazu gehörenden Miniaturen. Pfister (1936) nennt als Autor dieses 2. Teils Anselmus episcopus Marsicanus. Schleich (2000) zeigt die deutliche Eigenleistung des Urhebers der vorliegenden kompilierenden Abschrift auf. Jeweils eine Seite pro Vatizinie, im Nachtrag Liste der 15 Päpste vor Bonifaz IX.
Anlässlich einer Ausstellung 1936 aus dem Band E I 4 herausgelöst und separat gebunden.
  • 556r De papalistis, sonst leer. Darunter aufgeklebt ein moderner Zettel mit Angaben zum Inhalt (Typoskript, Hand von Arnold Pfister und Bleistiftnotiz von Max Burckhardt). Pfister schreibt „De papalistis“ = Descriptiones prophetarum i.e. Vaticinia pontificum Anselmus episcopus Marsicanus zu, vgl. Pfister (1936)
  • 556v leer
  • 557r-564r Ps. Ioachim Florensis: Prophetia de papis (pars 2)
    • (557r) [oben] Domnus Perinus de Thomacellis postmodum Bonifacius papa nonus;
    • [unten] Genus nequam, ursa catulos pascens … ;
    • [zu unterst] >Incipit principium malorum, ypocrisia habundabit<. …–… [564r oben] hic depingitur papa tenens mitram papalem … ;
    • [unten] Bonam vitam invenisti ab ingloriatione … ;
    • [zu unterst] Reverentia et devotio augmentabuntur …–… et septem tempora mutabuntur
    Zusätze von anderer Hand, u.a. 563v “Ad alta vocaris, o princeps mente canus, quid agonisas, surge et esto robustus ...”, 564r “fuerunt quidam interpretatores qui presentem depictum attribuerunt urbano vi[to] sub quo scisma magnum incepit anno domini 1377. Sed male interpretati sunt”
    • Druck z.B. in: Wolf, Johann. - Lectionum memorabilium et reconditarum centenarii XVI. - Lauingen 1600, 449-458.
    • Grundmann, Herbert. - Die Papstprophetien des Mittelalters. In: Archiv für Kulturgeschichte 19, 1928, S. 77-138.
  • 564v Papstliste Circa annos domini 1270 fuit quidam heremita Nicholaus tercius de filiis ursi incepit anno 1277 …–… Domnus Bartholomeus Neapolitanus sub quo scisma magnum incepit
  • 565r-v leer
Entstehung der Handschrift: Entstanden zwischen 1444 und 1449 während des Basler Konzils. Die Blätter waren zunächst Bestandteil der umfangreichen Handschrift E I 4 mit Konzilsakten und anderen, zum Teil ebenfalls prophetischen Texten. Anlässlich einer Ausstellung im Jahre 1936 wurden aus der Sammelhandschrift aus- und als Separatum neu gebunden.
Bibliograph. Nachweise
  • Escher, Konrad. - Die Miniaturen in den Basler Bibliotheken, Museen und Archiven. - Basel, 1917, S. 165-167 Nr. 227.
  • Pfister, Arnold. - Die Bedeutung Basels für die Buchkunst. Katalog. - Basel, 1936, S. 19.
  • Steinmann, Martin. - Ungedruckte Beschreibung, ca. 1986 (zugänglich im Sonderlesesaal).
Literatur
  • Beer, Rudolf. - Urkundliche Beiträge zu Johannes de Segovia's Geschichte des Basler Concils, = Sitzungsberichte der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Cl. 135 (1896), Abhandlung 13. - Wien, 1896, S. 51.
  • Stange, Alfred. - Deutsche Malerei der Gotik, Bd. 7. - München, 1955, S. 8.
  • Millet, Hélène. - Un puzzle prophétique dans le manuscrit 6213 de la Bibliothèque de Madrid. In: Revue Mabillon, 64 = n.s. 3 (1992), S. 139-177.
  • Kurmann-Schwarz, Brigitte. - Die Glasmalereien des 15. bis 18. Jahrhunderts im Berner Münster (Corpus vitrearum medii aevi, Schweiz IV). - Bern, 1998, S. 224f. u. Abb. 371.372.375.376.
  • Schleich, Frank. - Mittelalterliche Papstvatizinien aus einer Basler Konzilshandschrift. Lizentiatsarbeit der Philosophischen Fakultät der Universität Zürich. - Zürich, 2000.
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