Euw Anton von, Die St. Galler Buchkunst vom 8. bis zum Ende des 11. Jahrhunderts, Band I: Textband, St. Gallen 2008 (Monasterium Sancti Galli, Bd. 3), S. 433-435, Nr. 110.
Titel- u. Initialzierseiten in Gold, Silber u. Minium, nachfolgende Zeilen mit verzierten Majuskeln oder in Capitalis mit Minium, golden u. silbern schattiert; zu den Festtagen Initialen in Gold, Silber u. Minium, nachfolgende Zeilen in Capitalis, zeilenweise abwechselnd schattiert mit Gold u. Silber, oder in Rustica mit Tinte; Anfänge der Episteln u. Perikopen zu den Sonn- u. Wochentagen mit dreizeiligen Minium-Majuskeln, schattiert mit Gold u. Silber.
- Vorsatzbl. B Inhaltsverzeichnis (10. Jh.),
- Fol. 1r leer,
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Fol. 1v-4v
Vorspann mit dem
Liber generationis
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1v Titelseite mit ganzseitiger Initiale I(n exortu sce. Genitricis Dei Mariae), drei Knoten, Füllung in Flechtband, alternierend mit Gold u. Silber, nachfolgende Zeilen mit verzierten Majuskeln, letzte Zeile in Uncialis,
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2r Lect. d(ns. possedit me), unzial, mit Hundskopf, vegetabiler Füllung, Flechtwerk mit Sporangien als Binnenmotiv,
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3r Initium sci. Evangelii sec. Matheum L(iber generationis), geschwungene, links zugespitzte, stark in die Länge gezogene Initiale mit Hundskopf, das (L)IBER mit verzierten Majuskeln;
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- 5r-8r Wochentagsmessen, Epiphaniewoche, Decollatio sci. Joh. bapt.
- 8v-10r (Pseudo-Hieronymus-Prol. zum Liber comitis PL 30, 501-504),
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10v-299v
Proprium de tempore u. Proprium de sanctis gemischt
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10v Titelseite mit ganzseitiger Initiale I(n nomine Dni. in hoc volumine continentur lectiones utriusque Testamenti tam sollemnibus quam etiam privatis diebus congruenter aptatae), mit Fuß, Mittelknoten u. Krone, alle mit Blatttrieben, Füllung silbern umrandetes Flechtband,
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11r Initialzierseite In vigl. nat. Dni. ad s. Mariam lect. epist. beati Pauli ad Romanos FRS. P(aulus servus), große Initiale ohne Knotung, Bogen endet in einem Blatt als Binnenmotiv mit Dolde u. Sporangien, Füllung mit Andreaskreuzen u. Vierpässen,
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159v In sabb. sco. lect. S(i conresurrexistis), die Blätter an den Enden des Buchstabens entlassen an feinen Stielen hängende Sporangien u. je ein Blatt als Binnenmotiv, Initialkörper vegetabil gefüllt, die Initiale passt keineswegs in den dafür ausgesparten Raum,
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160r U(espere autem sabbati), geschwungener, zugespitzter Bogen, mit Dreiblatt gefüllt, schönes symmetrisches Binnenmotiv,
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160v Dom. Paschae lect. E(x purgate vetus fermentum), Dreiblätter an den Enden, in der Mitte des Bogens Blattfüllung,
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161r M(aria Magdalene et Maria Iacobi), Vierpassfüllung, in den Binnenräumen feiner Blattschmuck, Sporangien,
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190v Vig. Pent. I(n illo temp. Si diligitis me mandata),
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191r Die Dom. in Pent. lect. C(um complerentur),
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192r Ev. S(i quis diligit me sermonem meum),
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242r In assumptione scae. Mariae lect. I(n omnibus requiem quae sivi),
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- 300r-328r Commune sanctorum
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328r-328v
(Kirchweihe),
328r In dedicatione ecclesiae. Convertit rex Salomon (C = Majuskel);
- 329r-362v Votivmessen, Verschiedenes;
- 362v-371v Nachträge,
- Die Hs. enthält in der ersten Lage den für St. Gallen typischen Vorspann (vgl. Sang. 53 - Nr. 108) mit dem Liber generationis, der in der Vigil von Weihnachten zur Matutin gelesen wurde. Zudem wird dem eigentlichen Beginn des Liber comitis hier auf fol. 8v-10r der Prolog des Pseudo-Hieronymus vorangestellt. Die Ausstattung von C 77 ist dadurch, dass die Anfänge der Sonntags- u. Wochentagslesungen nur mit Minium-Majuskeln gezeichnet sind, bescheidener. Ebenso sind die entsprechenden Anfänge, im Gegensatz zu den alle Schriftarten ausspielenden Rubriken der Festtage, auf die Rustica beschränkt.
- Der Schreiber unterscheidet sich durch seine etwas wild gestellten Buchstaben in der Rustica, durch die schräg gestellten Beine des m u. durch die fast ganz auf den Punkt beschränkte Interpunktion vom Schreiber der Hs. Zürich C 60 (Nr. 109). Seine Herkunft aus dem Kreis Folcharts dürfte offensichtlich sein. Einer der entscheidenden Gegensätze zwischen C 60 u. C 77 ist, dass in C 77 (bei nahezu gleichem Einsatz) die Initialen zumeist nicht in die vom Schreiber mit zu großen Aussparungen bedachten Räume passen. Er kann seinen klassizistischen Initialstil nicht an die barocke Schrift eines wohl gealterten Schreibers anpassen. Gegenüberstellungen wie S(i conresurrexistis) fol. 123r in C 60 (passend) u. S(i conresurrexistis) fol. 159v in C 77 (nicht passend), U(espere sabbati) fol. 123v in C 60 (passend) u. U(espere sabbati) fol. 160r in C 77 (nicht passend) oder E(x purgate) fol. 124r in C 60 (passend) u. E(x purgate) fol. 160v in C 77 (zu klein) machen dieses deutlich. Zu bewundern ist die Sicherheit der Lineatur u. das Feingefühl des Illuminators im Ausschmücken der Buchstabenkörper einerseits u. der Binnenmotive andererseits.
- Ohne Zweifel ist der Initialenmaler ab fol. 8v derselbe wie in Zürich C 60 (Nr. 109), nämlich Sintram (vgl. Nr. 108). Die Übereinstimmung der Initialen in Technik u. Stil etwa zu den Oster- u. Pfingstlesungen in C 60 u. C 77 ist verblüffend. Sintram hat offenbar in bestimmten Hss. wie C 77 nur den letzten Part, das Ausmalen mit Initialen, übernommen. Die erste Lage mit dem Vorspann scheint dagegen von anderer Hand illuminiert zu sein, die jedoch Sintram nahesteht. Das L(iber) fol. 3r erinnert an die entsprechende Seite im Hademar-Evangeliar Rh 151 in Zürich (Nr. 103). Die Initiälchen der Titelseite fol. 1v u. der L(iber)-Seite fol. 3r folgen zwar im Stil den entsprechenden Initiälchen Sintrams p. 6 im Evangelium longum (Nr. 108), sind aber in der Ausführung zarter, im Schmuck zurückhaltender (vgl. Nr. 109).
- Merton, S. 37, Taf. XXVII.
- Landsberger, Folchart-Psalter, S. 15, 17, 23, Abb. 9 a.
- Bruckner III, S. 126, Taf. IX.
- Mohlberg, Nr. 108, S. 42.
- von Euw, in: Festschrift Berschin, S. 428 f., Taf. 5.