Kurzcharakterisierung:Zweiter Band (Sanctorale) des zweibändigen Graduale, das der Murenser Abt Laurentius von Heidegg im Jahr 1532 dem Kanonissenstift Säckingen abkaufte, nachdem die Kirchenausstattung des Klosters Muri mitsamt den liturgischen Büchern im Zweiten Kappelerkrieg zerstört worden war. Die grosse Fleuronné-Initiale zu Beginn liess der Abt übermalen und mit der Inful, dem Abtstab, seinem Wappen und demjenigen des Klosters versehen.(gam)
Standardbeschreibung: Bretscher-Gisiger Charlotte / Gamper Rudolf, Katalog der mittelalterlichen Handschriften der Klöster Muri und Hermetschwil, Dietikon-Zürich 2005, S. 116-118.
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Online seit: 04.10.2018
Aarau, Aargauer Kantonsbibliothek, MsMurFm 5
Pergament · 300 ff. · 49 x 36 cm · letztes Viertel des 15., erstes Viertel des 16. Jahrhunderts
Graduale, pars de sanctis
Wie zitieren:
Aarau, Aargauer Kantonsbibliothek, MsMurFm 5, f. 200r – Graduale, pars de sanctis (https://www.e-codices.ch/de/list/one/kba/MurFm0005)
Bretscher-Gisiger Charlotte / Gamper Rudolf, Katalog der mittelalterlichen Handschriften der Klöster Muri und Hermetschwil, Dietikon-Zürich 2005, S. 116-118.
Mit freundlicher Genehmigung des Verlags (Urs Graf Verlag, Dietikon). Das Copyright an der Handschriftenbeschreibung liegt beim Verlag.
Handschriftentitel: Graduale, Pars de Sanctis
Entstehungszeiten:
Letztes Viertel des 15.,
erstes Viertel des 16. Jahrhunderts
Beschreibstoff: Pergament
Umfang:
300 Blätter
Format: 49 x 36 cm
Seitennummerierung: Alte Foliierung rot I–CXXXI; neuere Foliierung I. 1–299.
Lagenstruktur: Lagen: IV6 + 4 IV38 + III44 + 13 IV148 + (IV-1)155 + 5 IV195 + III201 + 7 IV257 + III263 + 2 IV279 + (IV-2)285 + IV293 + 1294 + (I+1)297 + I299; nach Bl. 155 ein Blatt, nach Bl. 285 zwei Blätter herausgeschnitten, Textverlust; zwei Blätter der ersten Lage als Spiegelblatt in den Deckel geklebt.
Seiteneinrichtung:
Tintenliniierung, Schriftraum 35,5–36,5 x 23,5–24, 7 Zeilen mit Notenschema.
Schrift und Hände:
Textura von einer Hand.
Musiknotationen: Hufnagelnotation auf 5 Linien.
Buchschmuck:
Rubriziert, Überschriften rot.
Einzeilige schwarze Initialen mit schwarzem Fleuronné, rot gestrichelt, vereinzelt mit Fratzen, einzeilige blaue Lombarden mit rotem Fleuronné und rote Lombarden mit blauem, schwarzem, grünem oder rosafarbenem Fleuronné, ab 131v die Lombarden teilweise ohne Fleuronné.
Zu Beginn des Commune sanctorum 3zeilige rot-blaue, ornamental gespaltene Initiale mit dunkelrotem, rosafarbenem und schwarzem Fleuronné, zu Beginn des Proprium de sanctis und des Sequentiars 2zeilige rot-blaue, ornamental gespaltene Initialen mit schwarzem oder rosafarbenem Fleuronné.
Spätere Ergänzungen:
Vereinzelte gleichzeitige Korrekturen, z. B. 100r, 114r mit Handweiser, 237r Notation.
Einige Ergänzungen des 16.–17. Jhs., z. B. 11v auf Rasur, 95r, 161r.
1r Initiale übermalt: goldener Buchstabenkörper mit Blattranken, Abtstab, Mitra, Inful und Wappen des Klosters sowie des Abtes Laurentius von Heidegg auf blauem Grund in hellblauem Rahmen mit Blattwerk.
295r–296r Nachtrag mit Subskription Fr. J. G. 72, zu Beginn einzeilige blaue Lombarde mit rosafarbenem Fleuronné, eine weitere rote Lombarde mit violettem und rosafarbenem Fleuronné eingeklebt.
Einband:
Mit hellem Leder bezogene Holzdeckel, 17. Jh. Streicheisenlinien, Rollen- und Einzelstempel mit den Wappen des Klosters und des Konvents von Muri, des Hauses Habsburg und Österreichs (Wegmann 5108) sowie des Abtes Johann Jodok Singisen (1596–1644; Wegmann 5143). In den Ecken je vier durchbrochene Messingbeschläge mit Buckeln. Zwei nach vorn greifende Langriemenschliessen mit Messingteilen. Blau-weisse Kapitale. Roter Schnitt. Im Commune sanctorum Spuren von Signakeln (Bl. 20, 41, 54, 65). Auf dem Rücken Signaturschild. Vorsatzblatt (I) Papier; hinteres Spiegelblatt eines älteren Einbandes (294) Pergament, neueres Spiegelblatt hinten Pergament.
79v–129vProprium de sanctis.
Andreas – Katharina.
>Incipit breviarium de sanctis per circulum anni. In vigilia Andree apostoli. Introitus<.
Dominus secus mare Galylee vidit duos fratres …
(224v)
Felix und Regula
AH 55 Nr. 129,
dazu: Dietrich W. H. Schwarz, Liturgiegeschichtliches und Ikonographisches aus dem alten Zürich [1948], in: Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich 60 (1993), S. 74.
(226r)
Inventio crucis
AH 54 Nr. 120 (1–13, S. 191 Roma naves ..., 14–21), 126.
(267r)
Praesentatio BMV
AH 54 Nr. 189, 219 (1–10, 3 zusätzlich Strophen, S. 348 [𝛅] 11, 12).
(273r)
>De sanctis tempore paschali sequentia<.
AH 54 Nr. 7.
(274r)
Apostel
AH 53 Nr. 228, AH 54 Nr. 87 (1–9, S. 126 (R), 10, 11).
(277v)
Märtyrer
AH 53 Nr. 229, AH 55 Nr. 14, 10 (2 Melodien), 37 (21–26).
(284v)
Bekenner AH 55 Nr. 18 (1–5, bricht in Strophe 5 ab), AH 54 Nr. 88 (Anfang fehlt, 7–18): Textverlust, nach 285v fehlen zwei Blätter, AH 53 Nr. 93, AH 42 Nr. 350, nach dieser Hs. als einziger Überlieferungsträgerin.
(295r)
Nachtrag 1572:
>De beata virgine in adventu domini<
AH 54 Nr. 191 (1–4, 6, 5, 7–11).
(296v)
Nachtrag Ende 16. Jh.:
>In festo sancti Nicolai Tolentini confessoris<.
Dedit dominus confessionem sancto suo …
(297r)
Von der ersten Hand: Conceptio BMV (vgl. den Verweis auf 161r: De concepcione … sequencia … in fine) AH 42 Nr. 40 mit dem Akrostichon Matheus Hummell, nach dieser Hs. als einziger Überlieferungsträgerin. Eine Identifikation mit Matthäus Hummel von Villingen, vgl. Verfasserlexikon2, Bd. 4 (1983), Sp. 304–306, lässt sich nicht erhärten.
Zu den einzelnen, nur hier überlieferten Stücken, vgl. Jakob Werner, Hymnologische Beiträge, in: Romanische Forschungen 4 (1891), S. 483–535.
Entstehung der Handschrift: Südwestdeutsch, zusammen mit MsMurFm 4 verwendet; die Schreiberhand dieser Hs. ist wohl identisch mit der 2. Hand von MsMurFm 4. Nicht belegen lässt sich die in der Literatur erwähnte Herkunft (Schriftheimat) aus dem Kanonissenstift Säckingen, das die Hs. vor 1532 besass. Die Messe des Säckinger Patrons Fridolin ist im Proprium de tempore 93v über dem Schriftspiegel nachgetragen.
Erwerb der Handschrift: Abt Laurentius von Heidegg erwarb das zweibändige Graduale MsMurFm 4 und MsMurFm 5 im Jahre 1532 vom Kanonissenstift Säckingen nach dem Kaufvermerk in MsMurFm 4. Im Handschriftenverzeichnis des Klosters Muri von 1744 aufgeführt. Im vorderen Spiegel Exlibris des Klosters Muri (Wegmann 5120) und der Aargauer Kantonsbibliothek (Wegmann 1). 1r, 35r, 176r, 293v, 299v Stempel Kantonsbibliothek Aargau, 19.–20. Jh.
Bibliographie:
Schönherr, Handschriften, Bd. 1, Nr. 4;
Schönherr, Liturgiegeschichtliches, S. 36f.;
Alfred A. Schmid, Die Buchmalerei des XVI. Jahrhunderts in der Schweiz, Olten 1954, S. 42f.;