Kurzcharakterisierung:Der Kommentar des französischen Franziskanermönchs Nikolaus von Lyra (um 1270/1275-1349) zu den alttestamentlichen Büchern Exodus und Leviticus mit Illustrationen aus der Innerschweiz.(kam)
Standardbeschreibung: Kamber Peter, Mangold Mikkel, Katalog der mittelalterlichen Handschriften der Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern, Basel 2019, S. 127-131.
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Online seit: 22.03.2012
Luzern, Zentral- und Hochschulbibliothek, Msc. 39. fol.
Papier · 342 ff. · 28.5 x 20.5 cm · 5. Januar 1460 - 9. Oktober 1461
Nikolaus von Lira, Bibelkommentar
Wie zitieren:
Luzern, Zentral- und Hochschulbibliothek, Msc. 39. fol., f. 11v – Nikolaus von Lira, Bibelkommentar (https://www.e-codices.ch/de/list/one/zhl/0039)
Luzern, Zentral- und Hochschulbibliothek, Msc. 39. fol.
Kamber, Peter / Mangold, Mikkel, Katalog der mittelalterlichen Handschriften der Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern, Basel 2019, S. 127–131.
Handschriftentitel: Nicolaus de Lyra; Petrus Comestor; Biblia sacra
Entstehungsort: Engelberg (?)
Entstehungszeit: 1460/61
Beschreibstoff: Papier, Wasserzeichen: Ochsenkopf, Bl. 1–6Piccard, Wasserzeichenkartei Nr. 72513, Bl. 7–344 Nr. 74958 und 75282, zudem vereinzelt Nr. 74973 und 75831 (Bl. 139–151, 156–158) sowie ähnlich 74733 (Doppelbl. 223/226).
Umfang:
342 Blätter
Format: 28,5 x 20,5 cm
Seitennummerierung: Reklamanten. Zwei neuere Foliierungen, eine erste: A (2) – E (6). 1 (7) – 337 (343); die zweite, in der Literatur verwendete und für die vorliegende Beschreibung gültige: 1–344.
Lagenstruktur: Lagen: III6 + 11 VI138 + 2 V158 + 11 VI290 + 2 V310 + 2 VI334 + V343, das erste Blatt der ersten und das letzte Blatt der letzten Lage als Spiegelblätter in die Deckel geklebt.
Seiteneinrichtung:
Begrenzung des Schriftraums mit Tinte, Schriftraum 19–19,5 x 13–13,5, zweispaltig (6), 27–35 Zeilen.
Schrift und Hände:
Schleifenlose jüngere gotische Buchkursive von der Haupthand des Korpus Msc 39–45 fol.
Buchschmuck:
Rubriziert, rote Überschriften (191va blau, 229vb gelb), in der Historia scholastica mit Cadellen (142va, 145ra, 167rb, 304vb); rote Kopftitel.
Bibelzitate in der Postilla litteralis in grösserer Schrift und zeilenweise abwechselnd rot, grün und gelb unterstrichen; Additiones zur Historia scholastica in roten oder gelben Rahmen, z. B. 141rb (mit Fratze), 144rb, 296rb. 2–5zeilige rote, blaue, grüne und gelbe Lombarden (171ra 9zeilig, in den Capitula 134vb–135va und 292r einzeilig, abwechselnd in Rot und Grün), z. T. mehrfarbig mit ornamental gespaltenem Schaft, Punktverdickungen, Konturbegleitstrichen oder gemustertem Binnenfeld (vegetabile Motive, Knospenreihen oder Quadratmustergrund), 7va, 150va, 186va, 297vb mit Fratzen.
92 den Text illustrierende kolorierte Federzeichnungen in Rot, Weinrot, Rosa, Blau, Grün, Gelb, Orange, Ocker, Braun, Schwarz, Grau, Weiss und Silber (11va), 117v ganzseitig; spätmittelalterliche Szenerie, Moses in langem blauem Gewand mit Rinderhörnern.
11va die Tochter des Pharao mit der Schwester des Moses am Fluss, in dem ein Kästchen treibt (Ex 2,3–8);
12ra Moses und ein Hebräer erstechen einen ebenfalls bewaffneten Ägypter (Ex 2,11–12);
13vb Gott spricht aus dem brennenden Dornbusch zu Moses, der die Schuhe auszieht (Ex 3,2–5);
27v Moses und Aaron mit seiner Rute verwandeln vor dem Pharao das Wasser in Blut, in welchem tote Fische treiben (Ex 7,10–21);
29ra Moses mit Aarons Rute am Wasser vor dem Pharao, Schlangen und Frösche (Ex 8,1–8);
30ra Moses mit Aarons Rute vor dem Pharao, kleinere fliegende Insekten (scinifes, Ex 8,16–17);
31va Moses mit der Rute vor dem Pharao, grössere fliegende Insekten (omne genus muscarum, Ex 8,20–24);
32va Moses mit der Rute vor dem Pharao, totes Vieh (Ex 9,1–6);
32vb Moses wirft vor dem Pharao Asche auf, Mensch und Vieh mit offenen Geschwüren (Ex 9,8–10);
33v Moses mit der Rute vor dem Pharao, Hagel fällt auf Menschen, Vieh und Getreide (Ex 9,13–25);
35va Moses mit der Rute vor dem Pharao, Heuschrecken auf Gras und Obstbäumen (Ex 10,1–15);
36rb Moses vor dem Pharao, Finsternis (Ex 10,21–22);
37va Moses mit der Rute vor dem Pharao, dessen Sohn tot vom Thron fällt (Ex 11,4–5, 29);
50v der Pharao am Ufer des Roten Meeres, in dessen Flut Wagen und Reiter seines Heeres ertrinken (Ex 14,28/15,4/15,19);
51r die Israeliten am Ufer des Roten Meeres, Moses hebt die Rute (Ex 14,21);
54va Mirjam und die Israelitinnen preisen Gott mit Triangel, Harfe und Tanz (Ex 15,20);
55r Moses macht mit dem von Gott empfangenen Holz das Wasser süss, die Israeliten und ihre Tiere trinken (Ex 15,25);
57r die Israeliten fangen Wachteln, Gott spricht von einer Wolke durch Moses zu ihnen (Ex 16, 10–13);
61r Moses schlägt Wasser aus dem Fels, Mensch und Tier (ein Hirsch) trinken (Ex 17,6);
61v Moses kniet auf einem Hügel, Aaron und Hur stützen seine Arme während des Kampfes der Israeliten gegen Amalech (Ex 17,9–12);
62r die Israeliten kämpfen gegen Amalech (je vier spätmittelalterlich gerüstete Krieger, Ex 17,10);
68va Moses nimmt von Gott die Gesetzestafeln in Empfang (Ex 20,1–3 / Ex 31,18);
Dekalog: 68va Israel (ein Mann und eine Frau) betet von einem Teufel geleitet das Goldene Kalb an (Ex 20,4–5 / Ex 32,1–6);
68vb vier Männer beim Brettspiel, zwei fluchen, von einem Teufel verleitet (Ex 20,7–8);
69ra eine Messe, der Priester hält die Hostie hoch (im Buch auf der Mensa: Te igitur clementis[sime], auf dem Flügelaltärchen der Gekreuzigte), zwei kniende Kommunikanten (Ex 20,8–11);
70vb ein Kind mit seinen Eltern bei Tisch, ein Engel verbindet Vater und Sohn (Ex 20,12);
71rb zwei von einem Engel Zusammengeführte geben sich die Hand, zwei von einem Teufel Zusammengeführte bringen einander um (Ex 20,13);
71va ein von zwei Teufeln geleitetes Paar umarmt und küsst sich (Ex 20,14); ein Dieb bedient sich von einem Teufel geleitet in einer Münztruhe (Ex 20,15);
71vb ein vom Teufel Geleiteter schwört vor dem Richter einen Meineid (Ex 20,16);
72ra eine Frau und ein Mann bleiben einander durch einen Engel getrennt fern (Ex 20,17);
91v Gott spricht, getragen von den beiden Cherubim auf der Bundeslade (unter einem Kreuzgewölbe, Ex 25, 22);
93r die Mensa mit zwei Leuchtern, drei Broten und einem Weihrauchschwenker (Ex 25,23–31);
311ra Gott ruft Moses und spricht zu ihm (Lv 1,1);
318va Moses vor dem Altar, himmlisches Feuer verzehrt die Opfertiere (Lv 9,24);
321r eine Mutter kniet mit ihrem Kind vor dem Altar, darauf zwei Tauben (Lv 12,8);
321va ein Priester erklärt einen Aussätzigen mit Siechenklapper für unrein (Lv 13,1–8);
323rb ein Priester erklärt einen reichen Aussätzigen mit zwei Vögeln und Ysop für rein (Lv 14,1–20);
334rb ein älterer Mann tötet einen jüngeren (Lv 24,17).
Spätere Ergänzungen: Sehr wenige Korrekturen des Schreibers, z. B. 56va (Streichung), 117rb, 198rb, 295va. Einzelne Marginalien und Notazeichen: 9va, 26va, 149vb. 1r Nachtrag, 15. Jh.
Einband:
Mit dunkelbraunem Leder bezogene Holzdeckel, 15. Jh., Einband aus der Werkstatt Madonna I (EBDB Werkstatt-Nr. w002874). Streicheisenlinien und Einzelstempel (EBDB Stempel-Nrn. s022654–022661, s022667), wie Msc 40–45 fol.; ein Teil dieser Stempel findet sich auch an zwei Bänden aus Zurzach: Aarau, Kantonsbibliothek, MsBNQ 52 (Bretscher-Gisiger/Gamper, Wettingen, S. 209) und Zürich, Zentralbibliothek, Ms. C 35. Ehemals zwei nach vorn greifende Kantenschliessen. Catenatus, eiserne Kettenklammer am oberen Rand des Rückdeckels mit sechs Kettengliedern und Ring. Kapitale aus Lederflechtwerk. Spiegelblätter (1, 344) Papier. Zwei grössere Pergamentstücke aus einer Hs. (ohne Text) um die erste und die letzte Lage gebunden und unter die Spiegelblätter in die Deckel geklebt. In den Fälzen Pergamentfragmente eines neumierten Missale, 13. Jh., und mehrerer Urkunden, u. a. betreffend eine Stiftung zuhanden von Johannes Swarber, Kaplan am 1447 gestifteten Katharinenaltar des Armenhospitals in Schaffhausen, sowie vier Fragmente eines gedruckten Ablassbriefs zugunsten der Cyriacus-Kirche in Neuhausen, wie Einblattdrucke des XV. Jahrhunderts, Halle 1914, Nr. 52, jedoch mit Datum anno domini millesimo quadringentesimo sexagesimo primo, von Hand eingetragene Ortsangabe Walczhut. Sechs Ledersignakel. Im vorderen Spiegel Exlibris des Franziskanerklosters Luzern (Wegmann, Exlibris, Nr. 4534). Auf dem Vorderdeckel oben Reste eines Titelschildes, möglicherweise mit alter Bibliothekssignatur. 1967 von Hans Heiland, Stuttgart, restauriert.
7ra–134vaNicolaus de Lyra: Postilla litteralis.Ex. Secundum quod dicit Ysidorus primo libro ethymologiorum lex est nullo privato commodo …
(7rb)
>Sequitur textus et primum capittulum in Exodo, verte folium etc<.
Hec sunt nomina filiorum Israhel. In prima igitur parte ubi agitur de exitu filiorum Israhel …
(91rb)
Sequitur figura et verte folium. In vigilia Epiphanye lx anno [5. Jan. 1460] …–…
que de istis superius sunt expressa. Figura autem est in folio sequenti. Explicit postilla edita a fratre Nicolao de Lyra super Exodum scripta et finita sub anno domini m° cccc° lx octava die Epiphanye.>Explicit postilla edita a fratre Nicolao de Lyra sacre theologye professor doctor super Exodum. Anno m° cccc lx octava die Epiphanye [13. Jan. 1460]<.
RB 5830 (Hs. erwähnt in Suppl.). Text entspricht dem Druck: Nürnberg, Koberger, 3. 12. 1487 (Hain 3167; GW 4289; Gosselin 35), Bl. l1–r10, ohne Additiones und Replicae.
134vb–170raPetrus Comestor: Historia scholastica.
Ex. Capitula:
Explanatio Exodi. De servitute filiorum Israhel. De dolo obstetricum …
(135va)
Text:
>Explanacio Exodi<.
Hystoria sequitur Exodi non alia quidam a predicta …–…
eratque ignis in nocte.>Explicit magistri in hystoriis super librum Exodi. In profesto Cosmi et Damiani [26. Sept.] anno 1461<
RB 6545. PL 198, Sp. 1141–1194, die Additiones z. T. abweichend.
171ra–209vbLiber Exodi.Hec sunt nomina filiorum Israhel …–…
per cunctas mansiones suas. Amen.>Explicit Exodus. Anno 1460 feria 4a proxima ante festum sancti Thome apostoli [17. Dez.] etc.<
219ra–291vbNicolaus de Lyra: Postilla litteralis.
Lv.
Vocavit autem Moysen. Sicut dictum fuit in principio Exodi lex divina que danda est populo …–…
291va Hec sunt precepta … et patet lectus. Explicit postilla super Leviticum edita ab egregio doctore Nicolao de Lyra. Anno domini 1460 in vigilia sancte Agathe virginis et martiris.>291vb Explicit postilla super Leviticum edita ab egregio doctore sacre theologye Nicolao de Lyra. Anno domini 1460 in vigilia sancte Agathe virginis et martiris [4. Feb.] etc.<
RB 5831 (Hs. erwähnt in Suppl.). Text entspricht dem Druck: Nürnberg, Koberger, 3. 12. 1487 (Hain 3167; GW 4289; Gosselin 35), Bl. s1–v8, ohne Additiones und Replicae.
292ra–306vaPetrus Comestor: Historia scholastica.
Lv. Capitula:
Incipit prohemium in hebreum [sic] Levitici premittitur divisio utilis. De holocausto et modo offerendi. De sacrificiis pacificis et salutaribus
Tercia distinctio hystorie quam scripsit Moyses grece dicitur Leviticus …–…
quia eam dederat.>Explicit magistri in hystorii [sic] super librum Levitici. Ipsa die sancti Dyonisii et sociorum eius beatissimorum martirum [9. Okt.] anno domini 1461<.
311ra–338vbLiber Levitici.Vocavit autem dominus Moysen …–…
in monte Sinay. Explicit textus Levitici. Anno m° cccc lxi in vigilia sancti Anthonii abbatis [16. Jan. 1461], littera dominicalis d, aureus numerus xviii, indicio viiii, intervallum ad Invocavit viii ebdomade, concurrentes iii dies.
Entstehung der Handschrift: Die Hs. ist siebenfach datiert: 5. Jan. 1460 (91rb), 13. Jan. 1460 (134va), 26. Sept. 1461 (170ra), 17. Dez. 1460 (209vb), 4. Feb. 1460 (291vb), 9. Okt. 1461 (306va), 16. Jan. 1461 (338vb). Das Bibelkorpus Msc 39–45 fol. wurde 1459–1462 von einer Haupthand sowie von vier weiteren Händen geschrieben (anders Berkemeier, S. 119 und CMD-CH, S. 174); in Msc 44 fol. findet sich die Ortsangabe Wolfenschiessen.
Provenienz der Handschrift: Im vorderen Spiegel Exlibris Bibliothecae FF. Minorum S. Francisci Conv. Lucernae ad S. Mariam in Augia. 7rFratrum Minorum Conventus Sancti Francisci Lucernensis, 18. Jh.
Erwerb der Handschrift:
Stempel Cantonsbibliotheck Luzern, 19. Jh.
Bibliographie:
Bücher-Verzeichniss der Kantons-Bibliothek in Luzern. Dritter Band, Luzern 1836, S. 161, Nr. 85;
Albert Bruckner, Scriptoria medii aevi Helvetica, Bd. 9: Schreibschulen der Diözese Konstanz. Stadt und Landschaft Luzern, Genf 1964, S. 58 (der irrtümlich zu Msc 39 fol. angeführte Besitzeintrag und das Kolophon gehören zu Msc 38 fol.).
Marie-Claire Berkemeier-Favre, Die Miniaturen der Nicolaus-de-Lyra-Bibel in der Zentralbibliothek zu Luzern (Msc 39–45 fol.), Freiburg i. Ü. 1980 (Zeitschrift für Schweizerische Kirchengeschichte 74).
Lieselotte Esther Stamm, Die Rüdiger Schopf-Handschriften. Die Meister einer Freiburger Werkstatt des späten 14. Jahrhunderts und ihre Arbeitsweise, Aarau/Frankfurt am Main/Salzburg 1981, S. 175, 327.
Katalog der datierten Handschriften in der Schweiz in lateinischer Schrift vom Anfang des Mittelalters bis 1550, Bd. II: Die Handschriften der Bibliotheken Bern-Porrentruy, bearbeitet von Beat Matthias von Scarpatetti, Dietikon-Zürich 1983, Nr. 471.
Alltag zur Sempacherzeit, S. 59, Nr. 24, S. 72, 88f., Nr. 75, S. 103, Nr. 95, S. 121, Nr. 139, S. 130, 142, Nr. 182, S. 216, 221, Nr. 300, S. 230, 237f., Nr. 327, mit Abb.
Josef Frey, Die Bibel von St. Urban und die Nicolaus de Lyra-Bibel in der Zentralbibliothek Luzern, in: Die Bibel in der Schweiz, Basel 1997, S. 84–86.
Peter Kamber, Prag – Luzern – Engelberg. Illustrierte Handschriften des 15. Jahrhunderts aus Mitteleuropa in der Zentral- & Hochschulbibliothek Luzern. Katalog zur Ausstellung in der Zentral- & Hochschulbibliothek Luzern vom 22. Februar bis 2. April 2016, Luzern 2016, S. 13–15, 20–33.