Kurzcharakterisierung:Der Kommentar des französischen Franziskanermönchs Nikolaus von Lyra (um 1270/1275-1349) zu den alttestamentlichen Büchern Numeri und Deuteronomium mit Illustrationen aus der Innerschweiz.(kam)
Standardbeschreibung: Kamber Peter, Mangold Mikkel, Katalog der mittelalterlichen Handschriften der Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern, Basel 2019, S. 134-136.
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Online seit: 22.03.2012
Luzern, Zentral- und Hochschulbibliothek, Msc. 41. fol.
Papier · 320 ff. · 28.5 x 20.5 cm · 7. März 1460 - 5. März 1461
Nikolaus von Lira, Bibelkommentar
Wie zitieren:
Luzern, Zentral- und Hochschulbibliothek, Msc. 41. fol., Vorderseite – Nikolaus von Lira, Bibelkommentar (https://www.e-codices.ch/de/list/one/zhl/0041)
Luzern, Zentral- und Hochschulbibliothek, Msc. 41. fol.
Kamber, Peter / Mangold, Mikkel, Katalog der mittelalterlichen Handschriften der Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern, Basel 2019, S. 134-136.
Handschriftentitel: Nicolaus de Lyra; Petrus Comestor; Biblia sacra
Entstehungsort: Engelberg (?)
Entstehungszeit: 1460/61
Beschreibstoff: Papier, Wasserzeichen: Ochsenkopf, Bl. 2–8Piccard, Wasserzeichenkartei Nr. 72513, Bl. 9–104, 130–320 Nr. 74958 und 75282, Bl. 105–129 Nr. 74973 und 75831.
Umfang:
320 Blätter
Format: 28–28,5 x 20,5 cm
Seitennummerierung: Reklamanten. Zwei neuere Foliierungen, eine erste: 1 (9) – 311 (320); die zweite, in der Literatur verwendete und für die vorliegende Beschreibung gültige: 1–74. 76–321.
Lagenstruktur: Lagen: (IV-1)8 + 5 VI68 + (VI-1)80 + 3 VI116 + (VI+1)129 + 15 VI309 + (VI-1)320, nach Bl. 74 ein Blatt herausgerissen, Textverlust; zwischen Bl. 74 und 76 Reste eines herausgerissenen, beidseitig illustrierten Einzel- oder Doppelblattes; Bl. 129 Einzelblatt; das erste Blatt der ersten und das letzte Blatt der letzten Lage ehemals als Spiegelblätter in die Deckel geklebt, bei der Restaurierung des Einbandes entfernt.
Seiteneinrichtung:
Begrenzung des Schriftraums mit Tinte, Schriftraum 18,5–19,5 x 13–13,5, zweispaltig (6), 25–39 Zeilen.
Schrift und Hände:
Jüngere gotische Buchkursive, ohne Schleifen von der Haupthand des Korpus Msc 39–45 fol., 114v–129v mit Schleifen wohl von zwei weiteren Händen, Händewechsel 121va (Berkemeier, S. 119, Schreiber C; CMD-CH, S. 174, 3. und 4. Hand); der Schreiber von 121va–129v schrieb auch Msc 40 fol., 280r–313v.
Buchschmuck:
Rubriziert, rote Überschriften; rote Kopftitel.
Bibelzitate in der Postilla litteralis in grösserer Schrift und (in der Regel) zeilenweise abwechselnd rot, grün und gelb (bisweilen auch blau) unterstrichen; Additiones zur Historia scholastica in roten oder gelben Rahmen, z. B. 106ra, 109va, 120r.
2–5zeilige rote, blaue und grüne Lombarden (in den Capitula 103va–104ra einzeilig, abwechselnd in Rot und Blau), z. T. mehrfarbig mit ornamental gespaltenem Schaft, Punktverdickungen, Konturstrichen oder gemustertem Binnenfeld (vegetabile Motive, Knospenreihen oder Quadratmustergrund), auch in Gelb und Schwarz.
27 den Text illustrierende kolorierte Federzeichnungen in Rot, Weinrot, Rosa, Blau, Grün, Gelb, Orange, Ocker, Braun, Schwarz und Grau, 71v ganzseitig; spätmittelalterliche Szenerie, Moses in langem blauem Gewand mit Rinderhörnern.
51r die Erde verschlingt vor Aaron die Weihrauch schwenkende Rotte Korachs (Nm 16,16–32);
52va zwölf Stäbe auf dem Altar, Aarons Stab blüht (Nm 17,2–12);
58v Moses schlägt Wasser aus dem Fels, Mensch und Tier (ein Bock) trinken (Nm 20,11);
61rb Moses spricht zu dem sterbenden Aaron (Nm 20,27–30);
62v die Israeliten mit Elazar vor der ehernen Schlange (Nm 21,6–9);
68v Bileams Eselin wendet sich vom Engel mit dem gezückten Schwert ab (Nm 22,21–23);
71v Bileam spricht zu Balak neben den sieben Altären mit dem Ganzopfer, die Fürsten von Moab diskutieren (Nm 23,1–17);
[zw. Bl. 74 und 76 fehlen mindestens zwei Illustrationen, vielleicht zu Orietur stella ex Iacob … (Nm 24,17), At illi comederunt et adoraverunt deos earum … (Nm 25,2), Tolle cunctos principes populi et suspende eos … (Nm 25,3), vgl. Basel, Universitätsbibliothek, A II 2, 91r, 93r, 93v, erhalten ist ein gegen den unteren Rand hin beidseitig grün koloriertes Fragment];
77vb Pinchas tötet den Israeliten Simri, der mit der Midianitin Kosbi im Bett liegt (Nm 25,8);
89v Krieg der zwölf Stämme Israels mit Midian (Nm 31,2–8);
136rb ein Priester gibt einer Schwangeren zu trinken (Nm 5,24);
137va ein nackter Mensch vor einer Akanthusranke (Nm 6);
232ra ein Esel und ein Rind pflügen (kein gemischtes Gespann) (Dt 22,10); ein bekleideter Mann (keine Kleider aus Mischgewebe) (Dt 22,11);
232vb Vater und Tochter vor dem Richter (Dt 22,15–17);
233va ein ehebrecherisches Paar wird gesteinigt (Dt 22,22);
233vb ein Mann schläft mit einer verlobten Frau (Dt 22,23);
234ra ein junger Mann zahlt einem Vater fünfzig Schekel dafür, dass er mit der noch nicht verlobten Tochter geschlafen hat (Dt 22,29);
235vb schlafender Jüngling (homo qui nocturno pollutus sit somnio, Dt 23,10–11);
240rb ein reicher Mann bezahlt einem Feldarbeiter den Tagelohn (Dt 24,14–15);
254ra ein Mann gibt seiner Frau einen Scheidebrief in die Hand (Dt 24,1);
267r Versammlung am Sarkophag des Moses (Dt 34,5–6);
290rb eine bekränzte Frau kniet vor einem thronenden Mann mit Zepter (Dt 22,13–30).
Spätere Ergänzungen: Sehr wenige Korrekturen des Schreibers, z. B. 65va, 144rb (Streichung), 245va, 303vb (Streichung). Einzelne Marginalien und Notazeichen: 188r, 276v, 277va. 2r Nachtrag, 15. Jh.
Einband:
Mit dunkelbraunem Leder bezogene Holzdeckel, 15. Jh., Einband aus der Werkstatt Madonna I (EBDB Werkstatt-Nr. w002874). Streicheisenlinien und Einzelstempel (EBDB Stempel-Nrn. s022654–022661, s022667), wie Msc 39, 40, 42–45 fol.; ein Teil dieser Stempel findet sich auch an zwei Bänden aus Zurzach: Aarau, Kantonsbibliothek, MsBNQ 52 (Bretscher-Gisiger/Gamper, Wettingen, S. 209) und Zürich, Zentralbibliothek, Ms. C 35. Rücken neu. Ehemals zwei nach vorn greifende Kantenschliessen, Ösen sowie der obere Messingbeschlag am Rückdeckel erhalten. Catenatus, eiserne Kettenklammer am oberen Rand des Rückdeckels mit sechs Kettengliedern und Ring. Kapitale aus Lederflechtwerk. Neue Spiegel- und Vorsatzblätter (1, 321) Papier. In den Fälzen Pergamentfragmente eines neumierten Missale, 13. Jh., und einer Urkunde von 1454, wohl eines Testaments, in der Schaffhausen sowie ein Johannes Fuser und eine begünstigte Gattin Elisabeth Maechli (vgl. Msc 43 fol.) genannt sind. Sechs Ledersignakel. Im vorderen Spiegel Exlibris des Franziskanerklosters Luzern (Wegmann, Exlibris, Nr. 4534). Auf dem Rücken Reste zweier Papierschilder: [Lib]er Num[erorum], Deutronom[ii] sowie Biblia sacra cum figuris pictis, 18. Jh. Anfang der 1980er Jahre restauriert.
2rInhaltsübersicht.
Nachtrag. Numeri 1. Prefacio in li[brum] Numer[orum] 2. Deutronomii historia 3. Textus Numerorum 4. Deutronomii 5. Textus Deutronomii 6. Verba allegorica secundum alphabetum 7.
(9ra–103rb)
Nicolaus de Lyra: Postilla litteralis.
Nm.
Locutusque est ad Moysen. Ex predictis in precedentibus libris patet quod sicut in libro Genesis agitur de fidelis populi electione …–…
atque iudicia, quantum ad iudicialia, que precepit dominus … super Iordanem contra Iericho. Amen.>Explicit postilla super librum Numerorum edita a fratre Nicolaco [sic] de Lira. Anno domini 1460 crastino die sancti Fridolini [7. März]<.
Textlücke Nm 24,17/18. RB 5832 (Hs. erwähnt in Suppl.). Text entspricht dem Druck: Nürnberg, Koberger, 3. 12. 1487 (Hain 3167; GW 4289; Gosselin 35), Bl. v8–&4, ohne Additiones und Replicae.
(103va–122rb)
Petrus Comestor: Historia scholastica.
Nm. Capitula:
Prefacio in librum Numeri. Quod precepto domini numerati sunt omnes a vicesimo anno et supra a Moyse et Aaron et duodecim principibus. De excubiis circa tabernaculum. …
(104ra)
Text:
>Hystoria numerorum<.
Quarta huius hystorye distinctio hebraico dicitur Vaiedab[ber], quod sonat Et locutus est …–…
ne commisceantur tribus sed maneant ut a domino separate sunt etc.
RB 6547. PL 198, Sp. 1215–1248, die Additiones z. T. abweichend.
(123ra–129va)
Petrus Comestor: Historia scholastica.
Dt.
>Hystoria deuteronomii<.
Quinta et ultima huius hystorie distincio hebraice dicitur Helledebarim, quod sonat Hec sunt verba …–…
129ra fertur Iosue apposuisse.
RB 6548. PL 198, Sp. 1247–1260, die Additiones z. T. abweichend. Unmittelbar anschliessend: Hec sunt verba que locutus est Moyses ad omnem Israel, id est quibus corripuit Israel de x temptacionibus … Corripuit ergo eos Moyses de his que fecerant in solitudine et in campestri contra mare rubrum etc. De decem temptationibus populi Israel in deserto, PL 23, Sp. 1319–1322, gekürzt. Bibliotheca Hieronymiana manuscripta, Bd. 3 A, Nr. 409.
(130ra–174ra)
Liber Numerorum.Locutus est dominus ad Moysen …–…
super Iordanem contra Iericho.>Explicit textus Numerorum. Anno domini 1461 in profesto sancti Fridolini eximii confessoris< [5. März].
(178ra–267vb)
Nicolaus de Lyra: Postilla litteralis.
Dt.
Declaracio sermonum tuorum illuminat et intelectum dat parvulis. Sicut dictum fuit in principio Exo[di] lex non datur proprie uni persone singulari …–…
non sunt facta per alium in veteri lege. Que misit per eum … que fecit Moyses coram universo Israhel.Explicit postilla super Deuteronomium edita a fratre Nicolao de Lira egregio sacre theologie doctore de ordine fratrum minorum. Anno domini m° cccc lx dominica Quasi modo geniti [20. Apr. 1460] etc.
RB 5833 (Hs. erwähnt in Suppl.). Text entspricht dem Druck: Nürnberg, Koberger, 3. 12. 1487 (Hain 3167; GW 4289; Gosselin 35), Bl. &4–cc10, ohne Additiones und Replicae; zw. 237ra (Dt 23,21) und 255va (Dt 31,2) ist die Textfolge gestört (Dt 29,17–31,1; 239va Dt 24,8–29,16; 253ra Dt 23,21–24,8).
(268ra–304ra)
Liber Deuteronomii.Hec sunt verba …–…
303vb coram universo Israhel.>Explicit Deuteronomius etc.<
Entstehung der Handschrift: Die Hs. ist dreifach datiert: 7. März 1460 (103rb), 5. März 1461 (174ra), 20. Apr. 1460 (267vb). Das Bibelkorpus Msc 39–45 fol. wurde 1459–1462 von einer Haupthand sowie von vier weiteren Händen geschrieben (anders Berkemeier, S. 119 und CMD-CH, S. 174); in Msc 44 fol. findet sich die Ortsangabe Wolfenschiessen.
Provenienz der Handschrift: Im vorderen Spiegel Exlibris Bibliothecae FF. Minorum S. Francisci Conv. Lucernae ad S. Mariam in Augia. 9rFratrum Minorum Conventus Sancti Francisci Lucernensis, 18. Jh.
Erwerb der Handschrift: 9rCantonsbibliotheck Luzern, 19. Jh.
Bibliographie:
Bücher-Verzeichniss der Kantons-Bibliothek in Luzern. Dritter Band, Luzern 1836, S. 161, Nr. 86;
Albert Bruckner, Scriptoria medii aevi Helvetica, Bd. 9: Schreibschulen der Diözese Konstanz. Stadt und Landschaft Luzern, Genf 1964, S. 58.
Marie-Claire Berkemeier-Favre, Die Miniaturen der Nicolaus-de-Lyra-Bibel in der Zentralbibliothek zu Luzern (Msc 39–45 fol.), Freiburg i. Ü. 1980 (Zeitschrift für Schweizerische Kirchengeschichte 74).
Lieselotte Esther Stamm, Die Rüdiger Schopf-Handschriften. Die Meister einer Freiburger Werkstatt des späten 14. Jahrhunderts und ihre Arbeitsweise, Aarau/Frankfurt am Main/Salzburg 1981, S. 175, 327.
Katalog der datierten Handschriften in der Schweiz in lateinischer Schrift vom Anfang des Mittelalters bis 1550, Bd. II: Die Handschriften der Bibliotheken Bern-Porrentruy, bearbeitet von Beat Matthias von Scarpatetti, Dietikon-Zürich 1983, Nr. 473.
Alltag zur Sempacherzeit, S. 109, Nr. 110a, b, mit Abb.
Josef Frey, Die Bibel von St. Urban und die Nicolaus de Lyra-Bibel in der Zentralbibliothek Luzern, in: Die Bibel in der Schweiz, Basel 1997, S. 84–86.
Peter Kamber, Prag – Luzern – Engelberg. Illustrierte Handschriften des 15. Jahrhunderts aus Mitteleuropa in der Zentral- & Hochschulbibliothek Luzern. Katalog zur Ausstellung in der Zentral- & Hochschulbibliothek Luzern vom 22. Februar bis 2. April 2016, Luzern 2016, S. 13–15, 20–33.