Manuscript Summary:The Amtliche Berner Chronik (Official Chronicle of Bern) was commissioned by the city of Bern in 1474. About ten years later, Diebold Schilling was able to present the city council with this three-volume work, with its title pages in color, decorative initials, and more than six hundred large illustrations. The second volume contains accounts of events from the years 1421 through 1466, based for the most part on Benedicht Tschachtlan’s edition of Fründ's work. The work remained in the possession of the Bern Chancellery for nearly three hundred years before the volumes were given to the City Library in 1762.(mit)
Standard description: Beschreibung für e-codices von Florian Mittenhuber, Burgerbibliothek Bern, Sammlung Bongarsiana, Oktober 2011.
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Online Since: 12/20/2012
Bern, Burgerbibliothek, Mss.h.h.I.2
Parchment · 186 pp. · 38–39 x 27–27.5 cm · Bern · 1478-1483
23 aus Quaternionen bestehende Hauptlagen, dazu ein Pergament-Doppelblatt als Vorsatz, dessen linke Hälfte den vorderen Spiegel bildet, die rechte Hälfte S. 1-2. Eingebunden ist als moderner Vorsatz ein papiernes Doppelblatt (f. I–II). Das letzte, ungezählte Blatt von Lage 23 bildet den hinteren Spiegel. – Die bei der Neubindung von 1604 ersetzten Seiten 309-320 (s. unten spätere Ergänzungen) bilden heute die inneren drei Doppelblätter von Lage 21.
Condition: Restauriert durch J. Lindt, 1971 (Vermerk im hinteren Spiegel).
Page layout:
Einspaltig, 25–26,5 x 16–17 cm, 33–40 Zeilen. Die Räume zwischen den Kapiteln, Titeln und Abschnitten sind oft sehr breit.
Writing and hands:
Autograph des Diebold Schilling, nach Zahnd 1991, S. 1, eine ‚Bastarda libraria‘.
Wenige Nachträge von 1604 (s. unten spätere Ergänzungen).
Decoration:
Jedes Kapitel beginnt mit einer einfachen, drei- bis fünfzeiligen Initiale in rot oder blau; häufig finden sich rote Strichelung an den Satzanfängen sowie Zierelemente in den Leerräumen. Auf vier Seiten finden sich grosse ornamentale Initialen:
3 Am Beginn des Prologes eine 18zeilige Initiale >D<. Buchstabenkörper gelb, Ranken grün, auf Goldgrund.
8 Am Anfang des Zürichkrieges eine 30zeilige Initiale >I<. Buchstabenkörper Blau und Gold auf rotem Grund.
47 Am Anfang des zweiten Sarganserkrieges eine 16zeilige Initiale >M< vor geviertem Grund in rot und blau; Buchstabenkörper in den entsprechenden Gegenfarben.
336 Anfang des Freiburgerkrieges von 1448 eine 16zeilige Initiale >I<. Buchstabenkörper Rot und Gold auf grünem Grund.
Bildregister:
Die Handschrift enthält insgesamt 135 kolorierte, jeweils mit Tintenrahmen eingefasste Illustrationen. Bei den bebilderten Kapiteln stehen die Illustrationen immer zwischen Titel und Text.
Kaiser Friedrich III. reitet in Bern ein. Hinter ihm ein Bote mit dem Reichsadler und zwei österreichischen Wappen. Der Besuch des Kaisers fand am 7. Oktober 1442 (nicht 1432) statt; vgl. unten S. 114.
Der Graf von Toggenburg auf dem Sterbebett. Eine überaus interessante Darstellung einer Sterbeszene im ausgehenden Mittelalter. Der Graf liegt nackt im reichen Bett. In eigenartigem Kontrast zu den vierschrötigen und plumpen Gestalten der Priester und Mönche die graziöse Dame unter der Türe.
Abgesandte vom Basler Konzil, von Bern und andern Orten suchen auf Bildstein, wo die Fähnlein von Schwyz und seiner Freunde versammelt sind, zu vermitteln, richten aber nichts aus, 1440.
Kaiser Friedrich III. kommt nach Bern, 7. Oktober 1442. Vergleiche dazu das irrtümlich ins Jahr 1432 versetzte Bild auf S. 4, wo derselbe Einzug mit grösserer Feierlichkeit dargestellt ist.
Nach geschlossenem Bündnis mit Österreich huldigen die Zürcher am 24. Januar 1443 dem Hauptmann Thüring von Hallwyl und heften sich rote Kreuze an, das alte Feindeszeichen für die Eidgenossen.
Als Antwort verbrennen und verwüsten die Rapperswiler den Schwyzern das Dorf Hurden, 1443. Zu beachten die malerische Dorfansicht mit dem Kirchlein und das Schlachtschiff der Rapperswiler auf dem See.
Der Mord von Greifensee, 1444. Hinrichtung der Gefangenen im Ring. Die eindrücklichste und ergreifendste Darstellung dieser furchtbarsten Folge eines Bürgerkrieges. Der Henker von Bern, der seines Amtes waltet und der Geistliche, der den unglücklichen Opfern letzten Trost spendet.
Gegenseitige Raubzüge der Zürcher und Schwyzer. Eigenartig berührt das Unvermögen des Malers, die Kühe zu zeichnen. Der Zeit entsprechend hält er sich wahrscheinlich an irgendein altes Vorlagebuch, statt an die Natur.
Die Solothurner ziehen vor Mümpelgart (Montbéliard), 1465.
Additions: Bei der Neubindung von 1604 [vgl. den Eintrag am Ende des ersten Bandes:
Actum 20ᵃ Decembris A° restaurationis 1604
] wurde, offenbar als Ersatz für fehlende oder schadhafte Blätter, eine Abschrift der verlorenen Textteile angefertigt (Seiten 309-320). Von derselben Hand stammen die wenigen, aber z.T. ausführlichen Randbemerkungen und Überschriften (9, 59, 336, 340, 343, 345, 349, 350, 351, 355) sowie die Jahreszahlen.
Binding:
Mit hellem Leder bezogene Holzdeckel mit geschrägten Kanten, 41 x 29,5 x 7,5 cm; Der Band wurde ist auf 5 erhabene Doppelbünde geheftet, die Kapitale sind mit weissem Leinenfaden umstochen. Unten auf dem Buchrücken Signaturschild: Diebold Schillings Berner Chronik, Bd. 2 – Mss.Hist.Helv.I.2.
Das mit diagonalen Streicheisenlinien schlicht verzierte weisse Deckelleder sowie die beiden Messingschliessen wurden bei der Restaurierung von J. Lindt 1971 neu angefertigt. Laut Angaben von J. Lindt im hinteren Deckel bestand das ursprüngliche Überzugmaterial um 1500 aus lohgarem Leder; der zweite Überzug, wohl von 1604 (vgl. hierzu die Beschreibung von Mss.h.h.I.1), war aus weissem Schafleder.
Contents:
Diebold Schilling: Amtliche Berner Chronik, Band 2
Durch deß willen daß menglichem kuntlich und offenbar werde, mitt waß redlicher sache und getaten ein Statt von Bernn in Oechtland und auch annder ir eidgnoss[en] umbgangen sind. So han ich diß bůchß tichter allerley harin beschriben, die zem teil und meren teilß all sind beschechen nach Datum der Statt von Bernn alten Cronick …–…
Und was sider har me beschechen ist, von den burgunschen kriegen und andern sachen, das vindet man alles luter und eigentlich in der Statt von Bernn nüwen Cronicken.Stierlin/ Wyss 1820, S. 1–335; Bloesch/ Hilber 1943 [Faksimile: Bd. 2].
Bemerkungen zum Inhalt: Für die Schilderung des Zürichkrieges schreibt Schilling die Chronik des Hans Fründ etwas gekürzt einfach ab, wie er für die frühere Geschichte Justingers Chronik benutzt. Der Text Fründs umfasst die 270 Kapitel bis Seite 335, wo mit dem Freiburgerkrieg wieder Schillings eigener Text folgt.
Auftrag des Grossen Rates: 31. Januar 1474; Redaktion und Reinschrift: 1478–1483; Übergabe an die Stadt Bern am Stephanstag 1483.
Zur Entstehung siehe die Beschreibung von Mss.h.h.I.1.
Provenance of the manuscript:
Aus der städtischen Kanzlei Bern, auf Anraten des Schulrates 1762 zusammen mit anderen Chroniken der Stadtbibliothek geschenkt; vgl das Bibliotheks-Manual vom 23. Aug. 1762, Bd. 1, S. 341: … da sich in dero Canzlei verschiedene geschriebene und gedruckte Bücher befinden, welche die vaterländische Historie ansehen … ihre Stelle besser in der dortigen Bibliothek finden, als zum Exempel Diebold Schillings Chronik, Valerii Anshelms Chronik … Stettlers Chronik etc.
Textausgaben:
Stierlin, Rudolf Emanuel/ Wyss, Johann Rudolf: Bendicht Tschachtlans Berner-Chronik, von dem Jahre 1421 bis in das Jahr 1466, Bern 1820.
Bloesch, Emil: Katalog der Handschriften zur Schweizergeschichte der Stadtbibliothek Bern, Bern 1895, S. 1.
Scarpatetti, Beat Matthias von: Katalog der datierten Handschriften in der Schweiz in lateinischer Schrift vom Anfang des Mittelalters bis 1550. Bd. II: Die Handschriften der Bibliotheken Bern – Porrentruy. Dietikon–Zürich 1983, Textbd. S. 28f., Tafelbd. S. 221.
Literatur zur Handschrift:
Baumann, Carl Gerhard: Über die Entstehung der ältesten Schweizer Bilderchroniken (1468–1485). Unter besonderer Berücksichtigung der Illustrationen in Diebold Schillings Grosser Burgunderchronik in Zürich, Bern 1971, hier S. 25–35.
Feller, Richard/ Bonjour, Edgar: Geschichtsschreibung der Schweiz vom Spätmittelalter zur Neuzeit, 2 Bde., Basel 1962, hier Bd. 1, S. 21–26.
Frühmorgen-Voss, Hella/ Ott, Norbert H.: Katalog der deutschsprachigen illustrierten Handschriften, München 1986–, hier Bd. 3, Lieferung 5, S. 330–348 (Nr. 26A.19).
Germann, Martin: Die amtliche Chronik des Diebold Schilling. Nach dem Triumph über Burgund, in: Actes et communications transactions. Association Internationale de Bibliophilie, XXIVe Congrès 2005 en Suisse, Weinfelden 2006, S. 77f.
Homburger, Otto: Über die kunstgeschichtliche Bedeutung der Handschriften der Burgerbibliothek, in: Schätze der Burgerbibliothek Bern, Bern 1953, S. 107–130 [hier Nr. 10: S. 127–130].
Hüssy, Annelies: Die Chronistik. Von den Anfängen bis zur Reformation, in: Die Burgerbibliothek Bern. Archiv, Bibliothek, Dokumentationsstelle, Bern 2002, S. 75–80.
Ladner, Pascal: Diebold Schilling. Leben und Werk, in: Schmid, Alfred (Hg.): Die Grosse Burgunderchronik des Diebold Schilling von Bern: ‚Zürcher Schilling‘, Luzern 1985, hier Kommentarband, S. 1–8.
Lindt, Johann: Die Buchbinder Stuber in Bern [= Bibliothek des Schweizerischen Gutenbergmuseums 32], Bern 1964.
Lindt, Johann: Berner Einbände, Buchbinder und Buchdrucker. Beiträge zur Buchkunde des 15. bis 19. Jahrhundert [= Bibliothek des Schweizerischen Gutenbergmuseums 33], Bern 1969.
Liebenau, Theodor von/ Mülinen, Wolfgang Friedrich von: Berner Chronik von 1424–1468, in: Archiv des historischen Vereins des Kantons Bern 13, Heft 3 (1892) S. 431–600 [Textedition des sog. Liebenauer Codex auf S. 465–539].
Muschg, Walter/ Gessler, Eduard Achilles: Die Schweizer Bilderchroniken des 15./16. Jahrhunderts, Zürich 1941, hier 165–172.
Saurma-Jeltsch, Lieselotte E.: Die Illustrationen und ihr stilistisches Umfeld [Mss.h.h.I.16], in: Haeberli, Hans/ Steiger, Christoph von (Hgg.): Diebold Schillings Spiezer Bilderchronik [Kommentarband], Luzern 1991, S. 31–71.
Schmid, Alfred: Die Grosse Burgunderchronik des Diebold Schilling von Bern: ‚Zürcher Schilling [Faksimile und Kommentar], 2 Bde., Luzern 1985.
Schmid Keeling, Regula: Geschichte im Dienst der Stadt. Amtliche Historie und Politik im Spätmittelalter, Zürich 2009, bes. Literaturverzeichnis, S. 319–346.
Störi, Lorenz: Register zu den Illustrationen der Amtlichen und der Privaten Berner Chronik von Diebold Schilling, Bern 1968 (Typoskript).
Walder, Ernst: Von raeten und burgern verhoert und corrigiert. Diebold Schillings drei Redaktionen der Berner Chronik der Burgunderkriege, in: Berner Zeitschrift und Geschichte und Heimatkunde 48 (1986) S. 87–117.
Zahnd, Urs Martin: Beschreibung der Handschrift [Mss.h.h.I.16], in: Haeberli, Hans/ Steiger, Christoph von (Hgg.): Diebold Schillings Spiezer Bilderchronik [Kommentarband], Luzern 1991, S. 1–6.
Zemp, Josef: Die schweizerischen Bilderchroniken und ihre Architektur-Darstellungen, Zürich 1897, hier S. 36–44.