Solothurn, Zentralbibliothek, Cod. S 392
Titre du manuscrit: Sammelhandschrift (Kunsttechnologische Rezepte)
Origine: Schwaben
Période: um 1500
Support: Papier. Wasserzeichen: Ochsenkopf mit Kreuz und Blume (ähnlich Briquet 14553, 14554 und Piccard XI, 352)
Volume:
663 S.
Format: 215 x 155 mm
Numérotation des pages: Mehrere Paginierungen, gezählt wird nach der alten Tintenpaginierung. Ein Blatt (S. 586/587) fehlt; eine Seite (521, 521*) ist doppelt gezählt.
Composition des cahiers: Unregelmässig, überwiegend Sexternionen
Mise en page:
Schriftraum ca. 165 x 105 mm, nur durch vertikale Liniierung begrenzt, ca. 30 Zeilen
Type d'écritures et copistes: spätgotische Kursive
Décoration:
Ornamentale Initialen, Rankenwerk; aus derselben Werkstatt wie BS Rar II 21 (Breviarium Romanum OFM, Lyon 1504): S. 1: Initiale I, mit Gold, über 8 Zeilen, Blütenranke (u.a. Akelei), mit goldenen Kugeln in schwarzem Strahlenkranz; S. 221: Initiale W, Gold auf schwarz, über 7 Zeilen, Erdbeerzweig mit goldenen Kugeln im schwarzen Strahlenkranz.
Ausserdem zahlreiche lavierte Zeichnungen von technischen Geräten und Vorgängen: S. 271: Destilliergeräte, Gefässe, gemauerter Ofen, Text in hebräischen Buchstaben; S. 597: Figur: Mens et spera demonstrans nunc auri et argenti; S. 614: Figur (Hand): Ad cognoscendum horas in manu…
Ajouts: Zahlreiche Marginalnotizen, Anstreichungen usw., z.B. S. 404, 577. Im vorderen und hinteren Spiegel (VD, HD) stichwortregisterartige Hinweise auf Rezepte und Vorschriften, mit Seitenzahlen, wohl 17. Jh.
Reliure:
Zeitgenössischer Einband, Leder über Holz, Einzelstempel, EBDB s005382, EBDB s005374 (?), EBDB s005378. Werkstatt Jagd-Rolle I Nachfolger des Johannes Zoll, Wimpfen (vgl. Schwenke-Schunke, Bd. 2, S. 287f.), oder Tübingen? (vgl. Kyriss 92f.), EBDB w000073
Langue principale: Westoderdeutsch (Schwäbisch, Kontaktzone zu östlichem Niederalemannisch, vgl. Weber, S. 54), ausserdem Latein
Sommaire:
Die Sammelhandschrift enthält eine kaum überschaubare Menge an Vorschriften und Rezepten, insgesamt wohl um die 2000 Stück. Damit enthielte die Handschrift die umfangreichste Sammlung dieser Art, noch vor dem etwa gleichzeitig entstandenen Liber illuministarum aus Kloster Tegernsee. Es sind vor allem kunsttechnologische, aber auch medizinische, kulinarische, alchemistische u.a. Rezepte und Vorschriften, sowie ein horologischer Traktat. Eine eingehende inhaltliche Erschliessung sollte im Rahmen eines geplanten Editionsprojektes erfolgen. Hier kann nur eine allererste, vorläufige Übersicht geboten werden.
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S. 1–S.220
Rezepte betreffend Farben und Maltechniken:
U.a. Goldfarbe (Item wiltu gold uss der feder schriben, so nim fin gold bletter dz die maler uff legend zuo ainem brieff, S. 1, auch 3, 8, 146, 202, 216), Firnis (3), Grundierung (Assis, 11-13; 25-27, 169-170), Lasur (167, 220), Farben, z.B. Spon grün (86, 87, 165); Berg grün (89, 165), Blygel, (165), Apfelrindengelb (65, ähnlich in, ausführlicher, in Berlin, Staatsbibliothek Preuß. Kulturbesitz, Ms. germ. qu. 417, f. 37); Heidelbeerfarbe (167/168): Parallelüberlieferung, mit Varianten: München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm. 20174, f. 172r-172v; Berlin, Staatsbibliothek Preuß. Kulturbesitz, Ms. germ. fol. 244, f. 301; Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cod. Pal. germ. 183, f. 288 (nur erster Teil), weiteres Rezept für Heidelbeerfarbe, S. 65; Kornblumenfarbe (168) ähnlich Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cod. Pal. germ. 183, f. 288r-288v; Zinnober (74, 75, 77). - S. 221–S. 507 Anleitungen und Rezepte u.a. betreffend Pergamentverarbeitung: Wiltu ain berment schön und dürch lüchtig machen (S. 221), Mineralien (Augstain zu machen; Cristalle zu giessen, S. 229), Metallverarbeitung (Auff eysen florieren oder buochstaben machen, S. 284), Waffen (Harnisch schmieren dz es nit rostig wird, S. 299), Glasherstellung (Weiß glas zu machen, S. 299); Alkalisalz und Aqua forte (S. 320), Spießglas (S. 322), Gold und Silber scheiden (z.B. S. 324; 337), Alchemie (Lapis philosophorum, 363). Als Gewährsleute genannt werden Conradus Mülhain (367); Conradus Kuchymaister, Albertus Künlin (368); Caspar Stahler (369); Johannes Virdung (370); http://d-nb.info/gnd/100963897): Aurum potabile; Caspar von Gratz (433); Nicolaus Wirt (476); Johannes de Krenkingen (489) u.a.
- S. 508–S. 591 Farbrezepte, Maltechniken u.a. Spiegel giessen (S. 520), Haare färben (S. 573), mit Gold auf Glas malen bzw. Glas färben (S. 577, 579)
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S. 592–S. 596
Kochrezepte «Teil A»
vgl. Weber, mit Edition, ebd., S. 16-20) - S. 597–S. 607 Gold- und Silbergewinnung: Wiltu wissen oder erfarn wa du gold oder silber berg findest darin gold und silber sy, so soltu nemen tag vor sant johannes tag …
- S. 618–S. 653 Rezepte und Anleitungen , u.a. für Glasfärben (S. 641-642)
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S. 653-S. S.663
Kochrezepte «Teil B»
vgl. Weber, mit Edition, ebd. S. 20-29) mit Angaben zur Parallelüberlieferung (S. 55-58) u.a.: Berlin, Staatsbibliothek Preuß. Kulturbesitz, Ms. germ. fol. 244 und München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 725.
Origine du manuscrit: Schreibsprachliche Merkmale weisen in den schwäbischen Raum, genauer in den Grenzbereich zum Niederalemannischen (vgl. Weber, S. 54).
Provenance du manuscrit: Im Vorderdeckel Besitzvermerk des 17. Jahrhunderts: Pieler Benedict (Benedikt Bieler, †1680) gehörte einer Solothurner Familie von Kunsthandwerkern an (z.B. Wolfgang Bieler und Victor Bieler, beide Glasmaler oder Johann Henrich Bieler, Goldschmied, an., vgl. Meyer: http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D42962.php
Bibliographie:
- Bartl, Anna, Krekel, Christoph, Lautenschlager, Manfred, Oltrogge, Doris [Hrsg.:] Der "Liber illuministarum" aus Kloster Tegernsee. Edition, Übersetzung und Kommentar der kunsttechnologischen Rezepte. Stuttgart 2005. (ohne diese Hs., keine Parallelüberlieferung festgestellt)
- Kyriss, Ernst: Johannes Zoll, ein Tübinger Buchbinder des 15. Jhs. In: Zentralblatt für Bibliothekswesen, Beiheft 75. Festschrift Georg Leyh, 1950, S. 84-93.
- Meyer, Erich: Artikel: «Büeler [Bieler] (SO)». HLS-online: http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D42962.php
- Schunke, Ilse; Rabenau, Konrad von: Die Schwenke-Sammlung gotischer Stempel- und Einbanddurchreibungen. 2 Bände. Berlin 1979; 1996 (= Schwenke-Schunke).
- Weber, Brigitte: Die Kochrezepte der Handschrift S 392. Transkription und Untersuchung einer spätmittelalterlichen Kochrezeptsammlung. Masterarbeit. Universität Zürich, 2013.
Online-Ressourcen:
- EBDB. Einbanddatenbank (Staatsbibliothek Berlin)
- HLS: Historisches Lexikon der Schweiz
- Kunsttechnologische Rezepte: Datenbank mittelalterlicher und frühzeitlicher kunsttechnologischer Rezepte in handschriftlicher Überlieferung (Technische Hochschule Köln):