St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 623
Scarpatetti Beat Matthias von, Die Handschriften der Stiftsbibliothek St. Gallen, Bd. 1: Abt. IV: Codices 547-669: Hagiographica, Historica, Geographica, 8.-18. Jahrhundert, Wiesbaden 2003, S. 224-225.
Handschriftentitel:
/ , Historia
Entstehungsort: [St. Gallen (?)]
Entstehungszeit: 9. Jh.
Frühere Signatur:
S. n. 111.
Beschreibstoff:
Pergament
Vermutlich Schafspergament, Zubereitung von guter Qualität.
Vermutlich Schafspergament, Zubereitung von guter Qualität.
Umfang:
A-D + 212 + W-Z Seiten
Format: 30 x 21,5/22
Seitennummerierung:
Lagenstruktur:
Quaternionen, ausser III131-142 (Textende) und II[-1]207-212, nach p. 210 1 Blatt herausgeschnitten.
Seiteneinrichtung:
Einspaltig 22/23 x 16,5/17,5, 30 Z., Blindlinierung. Zirkellöcher.
Schrift und Hände: Sorgfältige, qualifizierte Carolina des 9. Jhs. von einer Hand, angesichts des Schreiber-Seufzers (s. u.), wohl des deutschen Sprachraums; st.gallische Herstellung ist wahrscheinlich, aber nicht fraglos.
Buchschmuck: Hervorragendes Seitenbild, wenige schmucklose Init., Titel in Rustica.
Spätere Ergänzungen:
Gelegentliche zeitgenössische Korrekturen am Rand (zu diesen siehe
Rühl
, s. u.); p. 4-41 zahlreiche Marginalien (Stichwörter zum Inhalt) von Hand des 15./16. Jhs.
Der berühmte Kummer-Vers des Schreibers findet sich nach Textschluss p. 209 (Zitat und Lit. s. u.) in elongierter, verschnörkelter Capitalis nach Art der Urkunden-Initien; dieser Vermerk ist paläographisch nie einlässlich untersucht worden; zum darüberstehenden Vermerk einer Hand des 13. Jhs. s. u. Inhalt, von dieser Hand auch der kurze neumierte Text p. 1.
Federproben und Textfragmente, Zeichnungen, Kritzeleien und »Albernheiten« von Klosterschülern ( Rühl ) von mindestens 7 Händen des 9.-13. Jhs. p. 1, 2, 210 und 211 (zum Inhalt s. u.).
Der berühmte Kummer-Vers des Schreibers findet sich nach Textschluss p. 209 (Zitat und Lit. s. u.) in elongierter, verschnörkelter Capitalis nach Art der Urkunden-Initien; dieser Vermerk ist paläographisch nie einlässlich untersucht worden; zum darüberstehenden Vermerk einer Hand des 13. Jhs. s. u. Inhalt, von dieser Hand auch der kurze neumierte Text p. 1.
Federproben und Textfragmente, Zeichnungen, Kritzeleien und »Albernheiten« von Klosterschülern ( Rühl ) von mindestens 7 Händen des 9.-13. Jhs. p. 1, 2, 210 und 211 (zum Inhalt s. u.).
Einband:
Einband
18. Jh., Pergament auf Karton, 2 grünseidene Schliessbänder. Conspectus
Pius Kolb
p. 3.
Inhaltsangabe:
- 1 [Initia hymnorum, cum neumis], Hand des 13. Jhs., derjenigen der Federproben p. 2 und 210 (s.o.): AH 50, p. 318 und 317; AH 40, p. 92/93; Rep. Hymn. 1701.
- 2 leer, Federproben (s.o.). Es ist nicht die Hand des kalligraphischen Kanzlisten des 13. Jhs., obwohl dieser in zahlreichen Hss. viel Liturgisches zufügt.
-
3-209
Historia
- (3) Praefatio
- (4-142) Libri I-XXIII Es folgt in unserer Hs. ein grosses Explicit des Buches XXXIII, offenbar gedacht als Ende eines ersten (jedoch nicht so bezeichneten) Teils.
- (143-209) Libri XXIV-XLIV
-
Es folgt (209) Mitte wieder die Hand des 13. Jhs. (s. o. Hymnen) mit dem Vermerk: Forma prouintie redigit. Achilles fuit filius pelej. Folgen
Federproben. In der Art derselben auch (210) ein Initium: Plaudet canore (?) iubilo ergo sit eterno domino. (209) unten der als »St. Galler Schreibervers« bekannte ahd. Vermerk: CHUMO KISCREIB FILO CHUMOR KIPEIT (»Mühsam geschrieben, noch mühsamer abgewartet«).
Sonderegger, Althochdeutsch (1970), p. 72; Duft, Schreiber (1964), p. 35, 44; zum Sprachlichen Elias Steinmeyer, Kleinere ahd. Sprachdenkmäler, Berlin 1916/2 1966, p. 402, mit Verweis auf die im cod. 166 wieder erscheinenden Wörter chumo und kipeit; G. Köbler, Sammlung kleiner ahd. Sprachdenkmäler, Giessen 1986, p. 159 f.
Noch offen eine eingehende paläographisch/codicologische Mikrountersuchung; die Tinte gleicht in Helligkeit und Farbe auf genaueste jener der Marginalien des 13. Jhs.; ebenso ist der Stil der Majuskel-Schrift nicht in Betracht gezogen worden. -
210
Nota de paramentis
Plene parature octo. Auro tectis albis, stolis. mappulis. cingulis …
[Die obige Hand des 13. Jhs. fügt bei:]
ampulle (?) due cristalline.
Ed. bei Bernhard Bischoff, Mittelalterliche Schatzverzeichnisse, München (1967), p. 86 f.; vgl. auch Ders., Die Abtei Lorsch im Spiegel ihrer Hss., Lorsch 1989, p. 82, 136; das Paramentenverz. abgedruckt auch bei Bruckner, Scriptoria III (1938), p. 115. Die urkundennah schreibende Hand wird bei Bruckner dem 9./10., bei Bischoff dem 10./11. Jh. zugewiesen; die frühere Datierung Bruckners ist plausibel.
Erwerb der Handschrift: In StiBSG wohl seit oder bald nach Entstehung, vgl. die
Federproben
venerabilis gallus
p. 2, und Beatus gallus cum orandi, p. 210, h.h. dei gratia. abbas monasterii sancti Galli, p. 211.
Weidmann (1841), p. 396, gefolgt von
Scherrer (1875), p. 203 und
Bruckner (1938), p. 114 (beide zit.), welcher noch auf den Kat. von 1461 verweist, identifizieren mit dem Kat. des 9. Jhs.: möglich. Ein Leih- oder Besitzeintrag p. 210: frater Sig[ismundus (?)] habuit hunc librum 63, Hand des 15. Jhs.
Stempel
D. B.
p. 142, 210.
Bibliographie:
- Bruckner, Scriptoria III (1938), p. 114 f. und Reg. XIV (1978), p. 161;
- Emile Chatelain, Paléographie des classiques latins II, Paris 1894-1900, p. 25, pl. CLXXXIV no. 2;
- Rühl, Textquellen (1872, s. u.), p. 12;
- Bischoff, Handschriftenarchiv (1997), p. 187.
- Zur Hs. auch Brauer, Bücherei Reg. p. 92 f.;
- Scherrer, Verzeichniss (1875), p. 203.