Cologny, Fondation Martin Bodmer, Cod. Bodmer 30
Wetzel René, Deutsche Handschriften des Mittelalters in der Bodmeriana, Cologny-Genève 1994, S. 213-215.
Handschriftentitel:
- Calendarium
- Biblia latina: Liber Psalmorum
- Cantica biblica
- Orationes, Hymni, etc.
Entstehungsort: Süddeutschland
Entstehungszeiten:
- Um 1200
- 13./14. Jh.
Beschreibstoff: Pergament
Umfang:
163 Bll. (+ 16 leere Papierbll.)
Inhaltsangabe:
- 1.
1r
Z. 1-11 Zusatz des 13. Jhs.:
Fasten- und Gebetsanweisungen
So man angest oder in noten ist, so sal man vasten den mandag i[n] der erste [sic] wochen i[n] di era, daz godes sůn gekundeget wart s[an]c[t]e Marien, daz siu in gedruc un[d] gebar. Jn der anderen wochen den dinstag i[n] aller gutdete era, di er begint, biz er offe ertriche wonede. Jn der dritten wochen di mittewochen i[n] d[er] fustaphe era, di er ginc mit sinen zwelbotten. Jn d[er] firden wochen den dunrestag i[n] di era des mandatis, daz er deit mid sinen ju[n]geren. Jn der funften wochen den fritag i[n] di era siner martire. Jn der seste [sic] wochen den sampztag i[n] di ere siner beg[ra]bungungen. Jn der anderen wochen den ersten mandag i[n] di ere der urstende un[d] eliph liht i[n] di era siner cesewen, un[d] sal lesen siben selme. Beatus vir [Ps. 1,1]. Angelus d[omi]ni astitit et lumen refulsit i[n] habitaculo carceris [Act. 12,7] …
Der Text steht direkt anschließend an ein lat. Marienbittgebet. Weitere lat. Gebete folgen nach dem dt. Text.
- Vgl. Pellegrin, S. 68f.;
- Huot, S. 450f., Nr. 1.
- 2.
10r
Z. 1-11 Zusatz des 14. Jhs.:
(Teilweise gereimte) Sprüche
Ein můre für din ǒgen, ein want fur din munt,
din oren la dir důben, halt dein geist gesunt.ℂ Swer der welte dracht und sin selbez nit ein einhat,
der wirt schenelle w[u]nt.ℂ Ungezeme zunge un[d] unfurdacht wort,ℂ Zuua schade[n] s[er]re, da for hote du dich gemach un[d] ubic h[er]re, die zehe[n] s[er]re, zo sich den lip daz eine schend[et], de[n] gest daz and[er] blend[et] daz han gebrevet ich.
die ogen da nach spru[n]gen, stient nu he nu dort.
Ma[n] habe si die[n] (?) mit tǔange, si belibent unlange unbechoret.
ℂ Vaūa[?] ub[er] unmaze, so we im, d[er] si hat,
nu drurte nu v[er]lazen, daz bedu ubel stat.
Wiltu gote leibe[n] brize[n], swer halt die mite
wize, folge im, daz ist min rat.
Gedenke eins Cůnrat. Am[en].
- Vgl. Pellegrin, S. 70;
- Huot 453, Nr. 3d.
- 3.
138r/v
Anweisungen zum Lesen des Psalters und damit verbundenen Gebeten zur Erlösung der Seele eines Freundes
(14. Jh.)
Swer sines frundes sele erlosen wil uzer aller not, der lese disen seltir unsers h[er]ren pine un[d] sol in anheben an eime frietage. Daz erste funzic lis der engeslichen quale, die got an sime h[er]zen leit, do er sprach: Tristis e[st] a[n]i[m]a mea [Mt 26,38; Mk 14,34], un[d] auch aller d[er] pinen, die er leit vorbaz bit an daz cruce, do er angenegelt wart. Un[d] zu igelicheme psalme[n] sprich: A
[n]i[m]am mea[m] dil[e]c[t]am tradidi i[n] man[us] i[n]iquor[um] ( … ) Dar nach sprich: P[ate]r n[oste]r. Zu Dimitte nobis suche eine venie un[d] dar nach sprich: Ave Maria cum martirib[us] t[ra]nsgladiata i[n] morte dilectissimi filii tui Ih[es]u [Christi] mise[re]re n[ost]ri. Daz and[er] funzic sprich der pinen, do er an de[m]me cruce hinc un[d] sprach: Duos om[ne]s[?] etc., un[d] zu igelicheme[n] psalme[n] sprich: Jnsurrexeru[n]t in me viri iniqui ( … ). Daz drite funzic sprich siner heiligen selen, di an de[m]me cruce v[er]schiet. Zu igelicheme spsalme sprich: O s[an]c[t]a salvatoris a[n]i[m]a ( … ).
- Vgl. Pellegrin, S. 73;
- Huot, S. 456, Nr. 6.
- 4.
163r/v
Lied
(14. Jh.)
Jch wil uch sagen mere, sprach ein nůnne gůt,
uns ku[m]me[n]t bredegere, des frauwet sich min můt …
gei[n]t in daz ungeschaffen, v[er]lisent uch selb[er] gar,
al dar hat sich ein kaffen, al in daz wesen gar.
Scheide[n] (Refrain)
- Hg. nach unserer Hs. von C. Hoefler, Gedicht auf Meister Eckhart. In: Germania 15 (1870), S. 97--99;
- Nach Hoeflers Text hg. v. Loris Sturlese, Alle origini della mistica speculativa tedesca. Antichi testi su Teodorico di Freiberg. In: Medioevo 3 (1977), S. 21--87, hier S. 31f.;
- Neuedition nach unserer Hs. v. Loris Sturlese in: PBB 114 (1992), S. 493f.
- Vgl. Pellegrin. 78f.;
- Huot, S. 462, Nr. 19.
Entstehung der Handschrift:
Der Dialekt der dt. Textteile weist -- etwas im Gegensatz zur Analyse von Pellegrin -- auf den südwestmd. Sprachraum.
Provenienz der Handschrift:
Tetschen-a.-d.-Elbe, Graf Franz von Thun und Hohenstein
Bibliographie:
- Vgl. Pellegrin, S. 66--79.