Entstehungsort: Mittelrhein/Mainfranken/Hessen, z. T. evt. Lorsch

Entstehungszeit: 2.–3. Viertel 11. Jh.

Beschreibstoff: Pergament

Umfang: 230 Seiten. Buchblock 113 Blätter.

Format: 18 x 12,5

Seitennummerierung: Paginierung I.v.A. 1-230.

Lagenstruktur: (IV+1)3–20 + IV36 + (IV+1)54 + (IV+1)72 + (II+4)88 + (III+2)104 + 2 IV136 + 2 (III+2)168 + IV184 + (III+2)200 + (III+3)218 + (II+1)228; p. 5/6, 37/38, 55/56, 75/76, 77/78, 83/84, 85/86, 93/94, 99/100, 141/142, 147/148, 157/158, 163/164, 189/190, 195/196, 203/204, 213/214, 217/218, 219/220 sind Einzelblätter. Zeitgenössische Lagenzählung unten Mitte, in brauner Tinte, mit Strichelung: i (p. 72) – uiiii (p. 200).

Zustand: Pergament, einzelne Blätter sind kleiner und unten unregelmässig, vor allem gegen Ende der Hs. (z. B. p. 73/74, 101/102, 149/150, 203–228), ab ca. p. 141 zunehmend stark gewellt und wohl durch Flüssigkeit bzw. Feuchtigkeit an Oberschnitt und oberer Ecke stark gebräunt, ab p. 169 bis in den Schriftraum, ab p. 201 teilweise auch im Falz, Risse mit weissem Faden vernäht (z. B p. 205/206, 221/222), Blätter stark abgegriffen, Ränder und Ecken nachträglich beschnitten (kleine Textverluste z. B. p. 62, 109).

Seiteneinrichtung: Schriftraum einspaltig, 12,5–13 × 7,5, 20 Zeilen, p. 5/6, 55/56, 201–228 12,5 × 7,5, 26 Zeilen, Blindlinierung, Zirkellöcher am seitlichen äusseren Blattrand, dort teilweise Zirkellöcher doppelt (z. B. p. 5/6, 55/56, 169/170, 221–228), selten zusätzlich am unteren Blattrand (Funktion? z. B. p. 131/132, 137/138); p. 141–144 irrtümlich mit zusätzlicher vertikaler Blindlinierung; p. 60–195 passim mit längeren Einträgen am oberen und seitlichen Rand, Letztere meist längsseits, bis zu 8 Zeilen (z. B. p. 178), manchmal mit entsprechender Blindlinierung (z. B. p. 59/60, 63/64, 109/110, 141/142, 163/164).

Schrift und Hände: Nach Hoffmann karolingische Minuskel des 2. Viertels, allenfalls schon des 3. Viertels des 11. Jh., von mindestens 4 Haupthänden, in brauner Tinte:

• 1. Haupthand p. 6, p. 56, Z. 1–15, p. 57 –58, Z. 9 ambigo, p. 70 ab Z. 9 quippiam, p. 107, Z. 1–6, p. 170, Z. 1–13, p. 174–228;
• 2. Haupthand (mit für Lorsch typischer, vom e nach unten abgesetzter cauda [vgl. Hoffmann, Buchkunst, S. 205]; Interpunktion bei grossen Pausen durch einen Punkt auf der Zeile mit tief darunter gestelltem markantem Komma, ähnlich manchmal im Mainzer Skriptorium anzutreffen [vgl. Hoffmann, Buchkunst, bes. Abb. 92 und 106]) p. 7 oder p. 8, Z. 7 – p. 54;
• 3. Haupthand (eckige Schrift; häufig mit unten an m und n angehängtem a und i; u-s-Ligatur am Wortende; ab p. 95 und bes. ab p. 98 häufig unziales d mit geschwungener Oberlänge) p. 58, Z. 9 tuam – p. 70, Z. 9 sapientia, p. 71 –91, Z. 4, p. 92–96, 98 –103, ca. Z. 4, p. 105– 106, p. 107, Z. 7 – p. 113, Z. 17, p. 117 –118, Z. 15, p. 120–133, p. 134, Z. 11 – p. 137, p. 149–151, 155–169;
• 4. Haupthand (gelegentlich mit unten an m und n angehängtem a und i; manchmal unziales d mit geschwungener Oberlänge) p. 91, ab Z. 5, p. 97, p. 104, ca. Z. 4– p. 104, Z. 12, p. 107, Z. 1–6, p. 113, ab Z. 17, p. 115–116, p. 118, Z. 16 – p. 119, p. 134, Z. 1–11, p. 139–148, 153–154, p. 170, Z. 14 – p. 173;
• unklar bzw. weitere Hand oder Hände p. 104, ab Z. 12, p. 114, 138, 152.

Buchschmuck: Überschriften und Explicit in roter Capitalis Rustica, Kapitelüberschriften meist in roter Minuskel, zu Text- und Kapitelbeginn 2–3-zeilige rote Majuskel, dann meist ein oder mehrere Wörter in brauner Capitalis Rustica.

Spätere Ergänzungen: Einträge in karolingischer Minuskel des 2.–3. Viertels des 11. Jh., von mehreren Händen:

• 1. Eintragshand, identisch mit 1. Haupthand, schreibt p. 58–61 interlineare Einträge, p. 57, 58, 59 kürzere sowie p. 60 (verblasst), 62–63, 98, 109, 142, 146, 162–163, 164–165, 168 (z. T. getilgt), 178–179, 181, 185 längere Einträge auf den Seitenrändern und bringt gelegentlich, z. B. p. 58, Z. 1–3, p. 114, Z. 19–20 und p. 134, Z. 7 Korrekturen auf Rasur an;
• 2. Eintragshand, identisch mit 3. Haupthand, p. 114, 115, 120, ... 157 Notabilien und p. 57, Z. 17–26, p. 116, 117, 120, 194 längere Einträge auf den Seitenrändern;
• wohl 3. Eintragshand schreibt längeren Eintrag p. 194;
• 4. Eintragshand (markante Gabelung an den Oberlängen), evt. erst des 12. Jh., p. 55, p. 56, Z. 16–34 und p. 186–187.

Einträge des späten 14./15. Jh.: p. 3 oben Titel De sacramento corporis et sanguinis Christi, darunter Besitzvermerk (s. u.), p. 226 nach Textende Martinus episcopus migrauit ab hoc seculo gemma sacerdotum. Gelegentlich in grauer und schwarzer Tinte später hinzugefügter Strich über i (z. B. p. 6–9, 46–48, 182–206).
Marginalien von der Hand des Aegidius Tschudi (1505–1572) p. 6, 56, evt. auch p. 27, 29, 32, 45, 199 (p. 27 und 199 wahrscheinlich in derselben Tinte wie die Striche über i).

Entstehung der Handschrift: Gemäss Hoffmann (briefliche Mitteilung) erinnert die 2. Haupthand an das Lorscher Skriptorium, während die restlichen Hände auf ein Skriptorium im Gebiet des Mittelrheins/Mainfranken/Hessen weisen. Kodikologisch wäre eine gesonderte Herstellung von p. 7–54 möglich, jedoch scheint die Hs. schon im ersten Einband (s. u.) vereint gewesen zu sein.

Erwerb der Handschrift: Die Hs. kam als N. 96 (p. 3) des Nachlasses von Aegidius Tschudi 1768 in die Stiftsbibliothek St. Gallen.