Bern, Burgerbibliothek, Mss.h.h.X.49
Handschriftentitel: : Edelstein.
Entstehungsort: Schweiz: Kanton Bern (Erlach?).
Entstehungszeit: Um 1466–1473. Datierung nach Hemon Eglis Amtszeit als Vogt zu Erlach (s. unten Provenienz) sowie den Wasserzeichen (s. unten Beschreibstoff).
Beschreibstoff: Papier, 2°; Wasserzeichen: kleiner Ochsenkopf mit Augen, Nasenlöchern, einkonturiger Stange und Stern; vier verschiedene Varianten, eine davon entspricht Piccard, Ochsenkopf-Wasserzeichen, Abt. VII 123, S. 417: Basel, Unterwalden 1469. Es bestehen grosse Ähnlichkeiten mit den Wasserzeichen der datierten Tschachtlan-Handschrift von 1470 (ZB Zürich, Ms. A 120); vgl. auch Lindt, Watermarks of Berne, Nr. 641f.: Bern 1472.
Umfang:
210 Seiten
Format: 28,5 x 20,5 cm
Seitennummerierung: Moderne Paginierung in schwarzer Tinte (19. Jh.): 1–210, je in der oberen Ecke; zusätzlich unvollständige moderne Foliierung mit Bleistift: 1–58 (S. 117) in der unteren Ecke.
Lagenstruktur:
[2 Lagen fehlen] + VI24 + V44 + (VI+II)76 [57–64 Binio, ursprünglich der xi. sexter, nun an der richtigen Stelle eingefügt] + VI100 + (VI–1)122 [erstes Blatt fehlt] + 3 VI194 + IV210 [dazu der Binio S. 57–64 ]. Lagensignaturen: je auf dem ersten Folio oben Mitte Zählung der Lagen in roter Tinte: [beschnitten, nur Reste erhalten] (S. 1), der virt sexter (S. 25), der v. sexter (S. 45), der vi. sexter (S. 77), [Blattverlust], der viii. sexter, achter sext(?) (S. 123), der nunt sexter (S. 147), der x. sexter (S. 171).
Zustand: S. 45 /46 bis auf eine Ecke weggerissen: fast vollständiger Textverlust von Fabel 44, ab V. 10; S. 115 /116 untere Ecke weggerissen wenig Textverlust der Fabeln 69 und 70 (beides notiert im Vorsatzblatt IIv von Bibliothekarenhand um 1900); weitere kleinere Defekte, sonst gut.
Seiteneinrichtung:
Einspaltig, Schriftspiegel: 17–19 x 12–14 cm; 25–33 (S. 52–54: 38–39) Zeilen. Linierung mit roter Tinte, keine Punktierung.
Schrift und Hände:
- Gotische Minuskel (Bastarda, gegen Schluss nachlässiger); ein Schreiber, vermutlich Hemon Egli oder eine Person aus seinem Umfeld, gemäss Eintrag S. 206 (s. unten Provenienz); vgl. Domanski 2021, S. 69.
- Der Eintrag des Jakob von Bollingen (Enkel des Hemon Egli, gest. 1493) auf S. 210: Item Jacob von Bollinen [sic] hat dis geschriben bezieht sich vermutlich nur auf den Eintrag selbst, nicht auf die Abschrift des Textes.
Buchschmuck:
Insgesamt 71 (ursprünglich wohl 96), jeweils vor Beginn der zugehörigen Fabel eingefügte kolorierte Federzeichnungen (zu den einzelnen Fabeln/Sujets s. unten Inhalt). Bildmasse ca. 5,5–9 × 12–13 cm, mit einfachem schwarzem Rahnem, in der Regel etwas weniger breit als der Schriftspiegel und über die rote Zeilenlinierung hinweg gezeichnet, d.h. Anlage und Ausführung stimmen nicht überein; vgl. dazu ausführlich http://kdih.badw.de/datenbank/untergruppe/37/1 (12.7.2024).
Die Illustrationen stehen in enger ikonographischer Beziehung zur etwa 50 Jahre älteren Basler Handschrift (Basel, Universitätsbibliothek AN III 17 = Ba), sind jedoch weitaus weniger hochstehend. Der Illustrator des Berner Edelsteins zeichnet mit sparsamen Federstrichen die Gegenstände und die zumeist altmodisch gekleideten Figuren und tönt sie mit olivgrüner, gelber und chamoisroter Farbe, oder er spart die Flächen im Papier aus und trägt lichte, graue Schattentöne ein. Für die abkürzende Manier des Zeichners charakteristisch sind die ovalen Baumkronen sowie die in gleicher Weise olivfarben kolorierten Bodenflächen. Ferner fällt auf, dass gegenüber den ruhigen, ausgewogenen Stellungen und Gebärden der Basler Vorlage der Berner Illustrator die entsprechenden Figuren stärker agieren lässt.
Abgesehen von den Illustrationen finden sich zu Beginn der einzelnen Fabeln jeweils 3- bis 4-zeilige (einzelne 5- oder 6-zeilige) rote Initialen mit einfachem schwarzem Fleuronnée; ab S. 64 sind die Anfangsbuchstaben der Verse in roter Farbe geschrieben.
Die Illustrationen stehen in enger ikonographischer Beziehung zur etwa 50 Jahre älteren Basler Handschrift (Basel, Universitätsbibliothek AN III 17 = Ba), sind jedoch weitaus weniger hochstehend. Der Illustrator des Berner Edelsteins zeichnet mit sparsamen Federstrichen die Gegenstände und die zumeist altmodisch gekleideten Figuren und tönt sie mit olivgrüner, gelber und chamoisroter Farbe, oder er spart die Flächen im Papier aus und trägt lichte, graue Schattentöne ein. Für die abkürzende Manier des Zeichners charakteristisch sind die ovalen Baumkronen sowie die in gleicher Weise olivfarben kolorierten Bodenflächen. Ferner fällt auf, dass gegenüber den ruhigen, ausgewogenen Stellungen und Gebärden der Basler Vorlage der Berner Illustrator die entsprechenden Figuren stärker agieren lässt.
Abgesehen von den Illustrationen finden sich zu Beginn der einzelnen Fabeln jeweils 3- bis 4-zeilige (einzelne 5- oder 6-zeilige) rote Initialen mit einfachem schwarzem Fleuronnée; ab S. 64 sind die Anfangsbuchstaben der Verse in roter Farbe geschrieben.
Spätere Ergänzungen:
- S. 1 unten rechts Blauer Rundstempel Bibliotheca Bernensis, 26 mm (19. Jh.).
- S. 61 Einträge des Jakob von Bollingen in grüner Tinte (s. unten Provenienz) sowie französischer Spruch (15. Jh.): Jam mes doit. Au premier (?) comence men se due und weitere Namenseinträge (16. Jh.): Katharina Muller; Bendicht Zulauf (s. unten Provenienz).
- S. 62 ganzseitige Federzeichnung eines Dudelsackspielers.
- S. 121 /122 Federproben des Jacob [von Bollingen].
- S. 207 Federproben Es wart ein fürst im fruemde land zuo einer schönen maget do er sy vand alley, unten Aufzählung von französischen(?) Namen.
- S. 209 grüne Initiale m, unten Bendicht.
- S. 210 Deutsche Einträge betreffend Abgaben, Initiale M, Initiale mit Gesicht und Eintrag des Jakob von Bollingen (s. oben Schreiber).
Einband:
Bern, C. Bühlmann & Sohn, um 1875. Klassizistischer Berner Einband: hellbraunes Kalbsleder auf (alten?) Holzdeckeln (29,5 x 22 cm), mit Rolle blind verziert; goldene Streicheisenlinien; Buchblock auf 5 Bünde geheftet; rot/gelb gewobene Kapitale. Titel im Rückenschild und auf Vorderdeckel Boner's Edelstein mit Gold geprägt. Modernes Signaturschild auf dem Rücken unten Mss.Hist.Helv.X.49. Spiegel- und Vorsatzblatt aus farbigem Marmorpapier, insgesamt 3 Vorsatz- und 3 Nachsatzblätter (19. Jh.), f. I–II (Rest nicht foliiert); Klebeetikette im hinteren Spiegel: Buchbinderei C. Bühlmann & Sohn, Bern.
Inhaltsangabe:
- 1.
: Edelstein. Editionen:
- Stange, Manfred (Hg.): Ulrich Boner. Der Edelstein. Eine mittelalterliche Fabelsammlung. Zweisprachige Ausgabe Mittelhochdeutsch – Neuhochdeutsch. Ubstadt–Weiher / Heidelberg / Neustadt a.d.W. / Basel 2016.
- Pfeiffer, Franz (Hg.): Der Edelstein von Ulrich Boner. Leipzig 1844.
- Benecke, George Friederich (Hg.): Der Edel Stein getichtet von Bonerius. Berlin 1816.
- (1-2) Fabel 23 [Illustration fehlt]. … >I<n einem zite das beschach das ein swalbe segen sach … Schwalbe und Hanf. Voraussicht. (Ba f. 55v–56r)
- (2-4) Fabel 24. Freie wählen einen König. Leibeigenschaft. (Ba f. 56r–v)
- (4-7) Fabel 25. Frösche und König. Unfreiheit. (Ba f. 57r–v)
- (7-9) Fabel 26. Weihe, Taube und Habicht. Missbrauchtes Vertrauen. (Ba f. 57v)
-
(9-10)
Fabel 27,1–34. Hund und Dieb. Bestechung. (Ba f. 58r, Illustration fehlt, Schluss ab V. 35 von jüngerer Hand nachgetragen)
[Fabel 28 fehlt] - (10-12) Fabel 29. Maulwurfshaufen. Übertriebene Furcht. (Ba f. 1r, Illustration fehlt)
- (12-14) Fabel 30. Lamm und Wolf. Böser Rat. (Ba f. 1r–v)
- (14-15) Fabel 31,1–3.22–47. Alter Hund. Undankbarkeit. (Ba fehlt)
- (15-17) Fabel 32. Jäger und Hase. Zuversicht. (Ba f. 2r, Illustration fehlt)
- (17-19) Fabel 33. Geiss und Wolf. Gehorsam der Kinder. (Ba f. 2r–v)
- (19-21) Fabel 34. Mann und Schlange. Aufrichtige Reue. (Ba f. 3r–v)
- (21-23) Fabel 35. Wolf, Schaf und Hirsch. Erzwungener Eid. (Ba f. 3v–4r)
- (24-25) Fabel 36. Fliege und Kahlkopf. Berechtigter Spott. (Ba f. 4v–5r)
- (26-28) Fabel 37. Fuchs und Storch. Betrogener Betrüger. (Ba f. 5r–v)
- (28-30) Fabel 38. Wolf und Menschenbild. Falsche Schönheit. (Ba f. 6r–v)
- (30-32) Fabel 39. Krähe und Pfau. Geliehene Schönheit. (Ba f. 6v–7r)
- (32-34) Fabel 40. Maultier und Bremse. Erdulden. (Ba f. 7v–8r)
- (34-37) Fabel 41. Fliege und Ameise. Schmähen. (Ba f. 8r–v)
- (37-40) Fabel 42. Ameise und Grille. Vorsorge und Sorglosigkeit. (Ba fehlt)
- (40-44) Fabel 43. Maus und ihre Kinder. Heuchelei. (Ba fehlt)
- (44-46) Fabel 44. Vierfüsser und Vögel im Krieg. Wankelmut. (Ba f. 9r, Illustration fehlt)
- (47-49) Fabel 45. Gefangenes Wiesel. Ungebetener Dienst. (Ba f. 9v–10r)
- (49-51) Fabel 46. Frosch und Ochse. Hochmut. (Ba f. 10r–v)
- (51–55) Fabel 47. Löwe und Hirte. Dankbarkeit. (Ba f. 11r–v)
- (55–60) Fabel 48,1–147. … wer den siechtag lesen wil … Schlange und Floh. Übermässige Bequemlichkeit. (Ba 12r–v, Illustration fehlt)
- [61–62 Einträge, Federproben, Federzeichnungen (s. oben Spätere Ergänzungen)]
- (63) Fabel 48,148–156. … dem mag sin werden wol ze wil …
- (63–67) Fabel 49. Habicht und Krähe. Selbst verschuldetes Unglück. (Ba f. 12v–13av)
- (67–69) Fabel 50. Löwe und Pferd. Anmassung. (Ba f. 13av–bv)
- (70–73) Fabel 51. Pferd und Esel. Hochmut. (Ba f. 13bv)
- (73–77) Fabel 52. Mann, Sohn und Esel. Unverdienter Spott. (Ba f. 14r, Illustration fehlt)
-
(77–80)
Fabel 53. Gehäuteter Esel. Verdiente üble Nachrede. (Ba f. 14v–15r)
[Fabel 54 fehlt] -
(80–83)
Fabel 55. Wolf und Fuchs. Betrügen. (Ba f. 15v–16r)
[Fabel 56 fehlt] - (83–87) Fabel 57. Frau und Wächter. Frauenuntreue. (Ba f. 16r–17r)
- (88–91) Fabel 58. Drei Römische Witwen. Frauentreue. (Ba f. 17v–18r)
- (92–95) Fabel 59. Wachhund und Wolf. Freiheit und Leibeigenschaft. (Ba f. 18v–19r)
-
(95–97)
Fabel 60. Magen, Hände und Füsse. Missgunst und Hass. (Ba f. 19v–20r)
[Fabel 61 s. unten S. 157–160] -
(97–100)
Fabel 62. Amtmann und Ritter. Offenlegen des Rechts. (Ba f. 20r–21r)
[1 Blatt fehlt] - (101) Fabel 63,46–60. … mang freis von boesen wiben kimt … Frau und Wolf. Unzuverlässigkeit der Frauen. (Ba f. 21r–v)
- (101–103) Fabel 64. Schnecke und Adler. Gegen die Natur sich verhalten. (Ba fehlt)
- (104–106) Fabel 65. Krebs und Sohn. Falscher Tadel. (Ba f. 22r, Illustration fehlt)
- (106–108) Fabel 66. Sonne und Wind. Anstand und rohe Gewalt. (Ba f. 22v–23r)
- (109–111) Fabel 67. Esel und Löwenhaut. Mangelnde Einsicht. (Ba f. 23r–24r)
- (111–113) Fabel 68. Frosch und Fuchs. Prahlerei und Eigenlob. (Ba f. 24r–v)
- (114–116) Fabel 69. Hund mit Schelle. Hinterlistiges Vergnügen. (Ba f. 24v–25r)
- (116–118) Fabel 70. Rat der Mäuse gegen die Katze. Hausfeind. (Ba f. 25v–26r)
- (119–120) Fabel 71,1–49. … do er in als gebunden sach enbint dich … Gefangene Schlange. Hinterlistige Vergeltung. (Ba f. 26r–v)
- [121–122 Federproben (s. oben Spätere Ergänzungen), sonst leer]
- (123) Fabel 71,50–76. … und scheid von hinnen es ist zit …
- (124–126) Fabel 83. Eiche und Rohr. Biegsam sein. (Ba f. 27r–v)
- (126–128) Fabel 90. Löwe und Geiss. Schlechter Ratschlag. (Ba f. 37r)
- (128–131) Fabel 91. Heiss und kalt im Mund. Mit zwei Zungen reden. (Ba f. 37r–38r)
- (132–135) Fabel 92. Gefangene Nachtigall. Dummheit. (Ba f. 38r–39r)
- (135–138) Fabel 93. Wölfe, Hirten und Hunde. Lob des guten Ratgebers. (Ba f. 39r–v)
- (138–141) Fabel 94. Meister der Schwarzen Magie. Getäuschte Freundschaft. (Ba f. 39v–40v)
- (141–144) Fabel 95. Zwei Bestechungsversuche. Bestechlichkeit der Richter. (Ba f. 40v–41v)
- (144–146) Fabel 96. Die versengte Katze. Züchtigen der Frauen / Preis der edlen Frau. (Ba f. 41v)
- (147–150) Fabel 97. Der Knabe Papirius. Klugheit der Kinder / Neugierde der Frauen. (Ba f. 42r–v, Illustration fehlt)
- (151–154) Fabel 72. Anvertrautes Vermögen. Weiser Rat. (Ba f. 28r)
- (154–157) Fabel 73. Zwei Burschen und ein Bär. Falsche Freunde. (Ba f– 28r–v, Illustration fehlt)
- (157–160) Fabel 61. Jude und Diener. Mord aus Besitzgier / Unrecht. (Ba f. 28v–29v)
- (160–164) Fabel 74. Drei Kaufleute. Betrogene Betrüger/ Kluge Einfalt. (Ba f. 29v–30v)
- (164–166) Fabel 75. Der kahlköpfige Ritter. Besiegen des Spottes. (Ba f. 30v–31r)
- (166–168) Fabel 76. Der Bucklige und der Zöllner. Selbstverschuldeter Spott. (Ba f. 31v–32r)
- (169–170) Fabel 77. Zweierlei Töpfe. Unpassende Gesellschaft. (Ba f. 32r–v)
- (171–173) Fabel 78. Löwe und Ochse (und Bock). Rettung durch Flucht. (Ba fehlt)
- (173–175) Fabel 79. Affe, Tierreich und Jupiter. Eitles Selbstlob. (Ba fehlt)
- (175–177) Fabel 80. Gans mit goldenem Ei. Unersättliche Habgier. (Ba fehlt)
- (177–180) Fabel 81. Pfau und Kranich. Geringschätzung des Andern. (Ba fehlt)
- (180–182) Fabel 82. Pfaffe und Esel. Eitelkeit der Gesangsstimme. (Ba fehlt)
- [Fabel 83 s. oben S. 124–126 ]
- (182–185) Fabel 84. Vier Ochsen und ein Wolf. Zwietracht säen. (Ba 33r–v, Illustration fehlt)
- (186–188) Fabel 85. Ritter, der Mönch wurde. Wahrheitsliebe. (Ba f. 33v–34v)
- (188–190) Fabel 86. Tanne und Dornbusch. Hochmut der Welt. (Ba f. 34v–35r)
- (190–192) Fabel 87. Edelstein eines Kaisers. Memento mori. (Ba f. 35r–v, Illustration nicht ausgeführt)
- (193–194) Fabel 88,1–42. … Ich will bitten was mir noch beschicht … Neider und Gieriger. Neid und Habgier. (Ba f. 36r–v)
- (195–197) Fabel 98. Bischof und Erzpriester. Unqualifizierte Berufung. (Ba f. 42v–43r)
- (197–200) Fabel 99. Dummer Schulpfarrer. Angeborene Dummheit. (Ba f. 43v–44r)
- (201–204) Fabel 100. König und Bartscherer. Beachtung des Endes. (Ba f. 44v–45r)
- (205–206) Epilog. … und for des tufels samen kint alle sprechen amen. (Ba fehlt). Folgt Besitzvermerk (s. oben Provenienz).
- (207–210) Besitzeinträge, Federproben (s. oben Ergänzungen).
Bemerkung zum Inhalt: Um 1349/50 entstandene, dem Berner Patrizier Johann von Ringgenberg gewidmete Sammlung des Dominikaners Ulrich Boner von ursprünglich 100 Fabeln, die in der vollständigsten Bestandsklasse Ia fast vollständig erhalten sind. Deren wichtigste Vertreter sind Basel, Universitätsbibliothek AN III 17 (= Ba) sowie die mutmassliche Abschrift Bern, Burgerbibliothek Mss.h.h.X.49 (= Be). Hauptmerkmale dieser Klasse sind die Auslassung der Fabeln 28, 54 und 56 sowie die Umstellung der Fabeln 61 und 83.
In der Berner Handschrift fehlen aufgrund von Lagen- bzw. Blattverlust der Prolog und die Fabeln 1–22 sowie der Anfang von Fabel 63; zudem sind die Fabeln 90–97 zwischen Fabel 71 (83) und 72 eingeschoben (nicht so in Ba). Weiters fehlt der Schluss von Fabel 88 und die gesamte Fabel 89 – inwiefern dies mit der Versetzung der S. 57–64 (s. oben Lagen) zu tun hat, ist ungeklärt; ein Zusammenhang mit dem Kopieren einer noch ungebundenen Vorlage ist durchaus plausibel; vgl. Domanski/Kropik (2021), S. 75–77. Möglicherweise wurde die Berner Handschrift während oder kurz nach dem Kopieren neu geordnet und es wurden Stücke ergänzt (z.B. der Rest von Fabel 48 oder 71). Für diese These sprechen auch die eingeschossenen Leerseiten (S. 61–62, 121–122 und 207–210), jeweils am Ende der ursprünglichen Lagen.
Auf textlicher Ebene fehlen zudem, wie in Ba, die Überschriften; die dort jedoch vorhandenen lateinischen Distichen am Schluss der Fabeln wurden im Berner Exemplar nicht kopiert.Literatur (Auswahl):- Blaser, Robert-Henri: Ulrich Boner, un fabuliste suisse du XIVe siècle. Mulhouse 1949.
- Burgerbibliothek Bern (Hg.): Schachzabel, Edelstein und der Gral. Spätmittelalterliche Handschriftenschätze der Burgerbibliothek Bern [= Passepartout 1]. Bern 2009.
- Grubmüller, Klaus: Meister Esopus. Untersuchungen zu Geschichte und Funktion der Fabel im Mittelalter. Zürich/ München 1977, hier S. 297–374.
- Morgenthaler, Hans: Die Familie von Bollingen in Bern, in: Neues Berner Taschenbuch 26 (1920), S. 125–164, hier S. 154.
Provenienz der Handschrift:
- Vorbesitzer: Hemon Vorster, genannt Egli, Schultheiss und Vogt zu Erlach, mehrfach belegt zwischen 1455 und 1473; vgl. Domanski 2021, S. 69. Besitzvermerk von Hand des Schreibers S. 206: Das bůch ist des wysen und fromen hemon eglis, vogt zů erlach von gottes gnaden.
- Vorbesitzer: Jakob von Bollingen (?–1493), Enkel des Hemon Egli – mehrfache Einträge S. 61: Jacob vonn bollingen von bern, darunter Amen (grosse Initiale mit Gesichtern und Vogelköpfen, unten rohe Zeichnung des Wappens der Familie von Bollingen, alles in grüner Tinte, S. 121: Jacob und S. 210 (s. oben Schreiber).
- Vorbesitzer(?): Katharina Müller und Bendicht Zulauf (16. Jh.) – mehrfache Einträge S. 61: Kathrina Muller zů Bern; das buoch ist Bendicht Zuolouf sowie S. 209.
- Vorbesitzer: Erlach von (Familie), Familienbesitz Schloss Spiez bis 1875 – Familienbibliothek.
- Vorbesitzer: Bürki, Friedrich (1819–1880) – Käufer 1875 Notiz im Vorsatzbl. IIv: Aus der Bibliothek von Spiez 1875. F. Bürki. NB. Es fehlen der Titel, die Vorrede und circa die 22 ersten Fabeln.
Erwerb der Handschrift:
In der Stadtbibliothek Bern seit 1875/76, vgl. den Eintrag im Donationenbuch [= Mss. h.h. XII 2], S. 280: 1875/76. Herr Friedrich Bürki. Handschriften aus dem Schloss Spiez: Ulrich Boners Edelstein, 15. Jahrh., mit kolorierten Zeichnungen …
Kataloge:
- Bloesch, Emil: Katalog der Handschriften zur Schweizergeschichte der Stadtbibliothek Bern. Bern 1895, hier S. 352.
- Homburger III (Typoskript, um 1960), S. 338–346.
Literatur zur Handschrift (Auswahl):
- Bodemann, Ulrike/ Dicke, Gerd: Grundzüge einer Überlieferungs- und Textgeschichte von Boners 'Edelstein', in: Honemann, Volker/ Palmer, Nigel F. (Hgg.): Deutsche Handschriften 1100–1400. Oxforder Kolloquium 1985. Tübingen 1988, S. 424–468, hier S. 430.
- Domanski, Kristina/ Gutscher-Schmid, Charlotte/ Kropik, Cordula (Hgg.): Der Basler Edelstein. Ulrich Boners Fabelsammlung in der Handschrift der Universitätsbibliothek Basel AN III 17. Basel 2021, hier S. 22f., 165.
- Frühmorgen-Voss, Hella /Ott, Norbert H.: Katalog der deutschsprachigen illustrierten Handschriften, München 1986–, hier Bd. 4,1 (2012), S. 214–216 (Nr. 37.1.3), Taf. XXIVa und Abb. 93; vgl. https://kdih.badw.de/datenbank/handschrift/37/1/3 (12.07.2024).
- Gehrig, Marius: Ulrich Boner, Edelstein, in: Schachzabel, Edelstein und der Gral. Spätmittelalterliche Handschriftenschätze der Burgerbibliothek Bern [= Passepartout 1]. Bern 2009, S. 40–46.
- Hostettler, Elisabeth: Maler- und Buchmalereiwerkstätten. «Von einem Hanen zu einem edlen Steine». Ulrich Boners Edelstein – eine Handschrift der Burgerbibliothek Bern aus dem 15. Jahrhundert, in: Beer, Ellen J., et al. (Hgg.): Berns grosse Zeit. Das 15. Jahrhundert neu entdeckt. Bern 1999, hier S. 511–516, Abb. 408–413.
- Hostettler, Elisabeth: Ulrich Boners Edelstein – eine Handschrift der Burgerbibliothek Bern aus dem 15. Jahrhundert. Liz.-Arbeit Universität Bern 1994.
- Strahm, Hans: Ulrich Boners Edelstein, in: Graphis 1 (1945), S. 179–185, 195–197.
- Vetter, Ferdinand: Eine neue Handschrift von Boners Edelstein in Bern, in: Germania 27 (1882), S. 219–220.
Externe Ressourcen: