Hermetschwil, Benediktinerinnenkloster, Cod. membr. 20
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Bretscher-Gisiger Charlotte / Gamper Rudolf, Katalog der mittelalterlichen Handschriften der Klöster Muri und Hermetschwil, Dietikon-Zürich 2005, S. 182-183.
Mit freundlicher Genehmigung des Verlags (Urs Graf Verlag, Dietikon). Das Copyright an der Handschriftenbeschreibung liegt beim Verlag.
Handschriftentitel: Psalterium
Entstehungsort: Muri
Entstehungszeit: 12. Jahrhundert
Frühere Signatur:
Cod. 6.71.
Beschreibstoff: Pergament
Umfang:
87 Blätter
Format: 22 x 16,5 cm
Seitennummerierung: Neuere Foliierung: I. 1-86.
Lagenstruktur: 2 III12 + (IV+1)21+ 8 IV85. Blatt 13 Einzelblatt. Am Schluss fehlen mehrere Lagen, Textverlust.
Seiteneinrichtung:
Blindliniierung.
Schriftraum 15-17 x 10,5, 18 Zeilen.
Schrift und Hände:
Späte karolingische Minuskel von einer Hand, die ersten 8 Zeilen von einer Anlagehand.
Buchschmuck:
- Tinte teilweise stark verblichen, Schrift im Spätmittelalter nachgezogen, z. B. einzelne Zeilen: 19v, 20r; ganze Seiten 33v, 34r.
- Psalminitien in schwarzer, psalmus David in roter Kapitalis, bei Ps 1, 26, 38, 51 und 68 Initien in breiter Kapitalis.
- Bei den Versen einzeilige, bei den Initien 2-3zeilige Lombarden.
- 27r, 40r, 52v, 64r, 78v bei Ps 26, 38, 52, 68 und 80 6-7zeilige, 7r und 51r bei Ps 1 und 51 10zeilige Rankeninitialen in roter Federzeichnung, bei Ps 1 und 68 mit Knollen, bei Ps 26, 38, 51, 52 und 80 mit Pfeilblättern, bei Ps 51 auch mit Blüten.
Spätere Ergänzungen: Im Kalendar zahlreiche nekrologische Einträge, im Psalter marginale und interlineare Korrekturen, auch auf Rasur.
Einband:
Mit hellem Leder bezogene Holzdeckel des 12./13. Jhs., Einschläge genäht. Restauriert 1967. Zwei nach hinten greifende Langriemenschliessen aus rotem Leder, mit Messingrosetten befestigt. Von den Messingschliessen ist die untere mit einem Plättchen mit einem (eingeprägten) Vogel belegt, vermutlich aus der spätmittelalterlichen / frühneuzeitlichen Restaurierung, die obere stammt aus der modernen Restaurierung. Unteres Riemchen aus mit Leder umnähtem Pergamentstreifen. Auf dem Vorderdeckel unten massiver Eisenbuckel, unter dem die Enden eines gewirkten Bandes befestigt sind; nur noch kleine Stücke erhalten. Innendeckel mit grobkörniger hellbrauner Masse bestrichen, darauf Leimspuren der Spiegelblätter. Die herausgelösten Spiegelblätter, Officium sanctae trinitatis, 12. Jh., sind in der Fragmentensammlung II, Cod. membr. 20. Auf dem Rücken Signaturschild 20 und Psalterium XII Nach dem Verlust von rund der Hälfte des Codex wurde der Einband im Spätmittelalter / in der frühen Neuzeit erneuert, der Rücken verschmälert und das Rückenleder entsprechend dem Umfangverlust in Fältchen aufgelegt, vgl. Abb. vor der Restaurierung 1967 in Bruckner, Scriptoria 7, Taf. 58. 86r
Restauriert Hans Heiland & Sohn 1967; neue Vorsatzblätter, Pergament (I, 86).
Inhaltsangabe:
- Ir-Iv leer.
- 1r-6v Kalendar für das Kloster Muri. Goldene Zahl, Sonntagsbuchstaben, Kalenden, Nonen, Iden. Hervorgehoben: Marienfeste (Purificatio 2. 2., Annuntiatio 25. 3., Assumptio 15. 8., Nativitas 8. 9.) Mariae in Majuskel, Translatio s. Martini 4. 7. Name in Majuskel, Turonis s. Martini ep. 11. 11. Name in Majuskel, Nativitas s. Nicolai ep. 6. 12. Name in Majuskel; Lokalheilige: s. Goaris conf 6. 7., Dedicatio Murensis ȩcclesiȩ 11. 10., Liutfridi abbatis 31. 12. (s. oben, Herkunft). Nekrologische Einträge siehe Anhang; vgl. MGH N Bd. 1, S. 424.
- 7r- 85v Psalterium non feriatum. Schluss fehlt. >Incipiunt psalmi David< Beatus vir …–… posuisti firmamentum eius formidinem //. Ps 1-88,41; Initialen bezeichnen die liturgische Teilung nach Cursus Romanus.
- 86r Restaurierungsnotiz, sonst leer.
- 86v leer.
Entstehung der Handschrift:
Nach dem Kalendar für das Kloster Muri bestimmt, 5v
Dedicatio Murensis ȩcclesiȩ, 11. 10., wohl dort geschrieben. Der Eintrag von der ersten Hand 6v
Liutfridi abbatis 31. 12. ist auf Abt Liutfrid (✝ 1096) zu beziehen (Helvetia sacra III, 1,2, S. 923), der Nachtrag 5v
Constantis et Alexandri 5.10., ist nach etwa 1150 zu datieren, als Reliquien der Trierer Heiligen nach Muri gelangten. Demnach ist das Kalendar in die erste Hälfte des 12. Jhs. zu datieren.
Provenienz der Handschrift: Hermetschwil, im Bücherverzeichnis von Hermetschwil 1697 aufgeführt: 49v Psalter Davids N° 1, vgl. Einleitung S. 73, Anm. 303. Spiegelblatt vorn alte Signatur Cod. 6.71., daneben rot n° 20.
Bibliographie:
- Albert Bruckner, Scriptoria medii aevi Helvetica, Bd. 7: Schreibschulen der Diözese Konstanz. Aargauische Gotteshäuser, Genf 1955, S. 65f., Taf. 5, 6, 10, 58;
- Georg Germann, Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, Bd. 5: Der Bezirk Muri, Basel 1967, S. 429;
- Hermann Julius Hermann, Die illuminierten Handschriften in Tirol, Leipzig 1905 (Beschreibendes Verzeichnis der illuminierten Handschriften in Österreich, hrsg. v. Franz Wickoff, 1), S. 58, Nr. 57;
- Krone und Schleier. Kunst aus mittelalterlichen Frauenklöstern. Ausstellungskatalog, München 2005, S. 322, Nr. 212.