Schaffhausen, Stadtbibliothek, Min. 78
Euw Anton von, Die St. Galler Buchkunst vom 8. bis zum Ende des 11. Jahrhunderts. (= Monasterium Sancti Galli, Bd. 3) Band I: Textband. St. Gallen 2008, S. 338 - 339, Nr. 39.
Handschriftentitel:
, Expositio psalmorum (I - 50)
Entstehungsort: Bodenseegebiet
Entstehungszeit: um 800
Katalognummer:
39
Umfang:
213 Bll.
Format: 34,5 x 25,5 cm
Lagenstruktur:
Quaternionen: I6+1 (fol. 1-7), 28 (fol. 8-15), 36+2 (fol. 16- 23) usw., mit teilweise erhaltenen Signaturen (I- VI- III, XIII, XV, XVI)
Seiteneinrichtung:
Einspaltig zu 32-38 Zeilen,
Schriftspiegel 28 x 19,5 cm
Schrift und Hände:
kleine alemannische Minuskel mit offenen a und g.
Buchschmuck: Inc. in Hohlcapitalis mit Minium und Gelb, pergamentaussparend, und in Uncialis, manchmal mit Minium. Zu den Psalmzitaten zumeist leicht verzierte Hohlmajuskeln. Beim ersten Vers vieler Psalmen ein am Ring hängendes Kreuz (Ring mit Schnallen, darin ein ω). Titelseite mit Initialen in Federzeichnung.
Inhaltsangabe:
Inhalt und Schmuck
-
fol. 1v-3r
Vorrede,
- (1v) >I(n Xpi. nom. incipit praefatio expositionis in psalterio)< 2-zeilige Initiale, am Schaft zwei Schnallen, oben ein Blatt an Fäden,
- (1v) R(epulsis aliquando) in Schaft und Bogen parzellierende Zeichnung in Form von Wellenlinien und anliegenden Kreissegmenten, Fuß als Entenkopf, am Kopf eine Palmette, der Bogen innen spitz eingebuchtet, Schnallen und Kreissegmente, am Ende des Abstrichs eine Doppelvolute mit Blattansatz,
- (fol. 17v) vor der Zeile Quare fremuerunt gentes et populi. haec figura graece dicitur erotima , eine «Crux ansata» mit Ring, darin ein ω, am Ring hängendes Kreuz, ein Symbol, das von Ps 1-38 öfter wiederholt erscheint;
- 3v-11r >De prophetia.< Prophetia est aspiratio;
- 11v-213v Expositio psalmorum I-L. >Incipit eiusdem expositio digesta psalmorum<;
- 213v Subskription: Queso te, ut quicumque codicem ad prehenderis et usque ad finem perlegeris, ora pro scriptore nomen Wolfgis presbiter, si diem iudicii habeas Deum protectorem.
Entstehung der Handschrift:
Bruckner verband die Hs. mit Werken der St. Galler Waldo-Zeit (782-784), der er auch die Codices Sang. 12 und 125 (Nr. 9 und 12) zuordnete. Nach Schrift und Initialornamentik unterscheidet sie sich vom Cassiodor Aug. Perg. 155 (Nr. 53), der wohl schon 822 auf der Reichenau war und möglicherweise dort entstand. Welches die vorlage für Sang. 200, 201 und 202 (Nr. 68-70) war, die für die Dekanatszeit Hartmuts (849 - 872) gesichert sind, ist nicht bekannt. Doch besteht die Wahrscheinlichkeit, dass Min. 78 zu einer in und für den Konstanzer Bischofssitz geschriebenen Ausgabe von Cassiodors Psalmenerklärung gehörte, an der Wolfgis mitarbeitete. Er wäre dann wohl ein Rätier gewesen, denn Schrift und Initiale R(epulsis aliquando)
fol. 1v in Min. 78 haben letztlich rätischen Charakter. Sie sind rätische Hss. wie Sang. 348 und St. Gallen Fab. I (Liber Viventium) vergleichbar (vgl. Von Euw Anton,, Liber Viventium, S·78 f., 81, 83, 97).
Provenienz der Handschrift:
Nach dem Vermerk auf fol. Ir (Istum librum domno Willehelmo et nocturnalem librum) könnte die Hs. Wilhelm von Hirsau (1069 -1091) gehört haben, der 1080-1082 das Allerheiligenkloster Schaffhausen reformierte, dessen Bibliothek 1780 in die Ministerialbibliothek überging, die sich heute in der Stadtbibliothek befindet. Da der fol. 213v genannte Schreiber Wolfgis möglicherweise mit einem Wolfkis presbyter, im Reichenauer Verbrüderungsbuch unter den Konstanzer Kanonikern genannt (MGH Libri Memoriales I, S.83, B 2), identisch ist, mag sie ursprünglich in der Konstanzer Dombibliothek gelegen haben.
Bibliographie:
- Bruckner II, S. 23, 82, Taf. IX.;
- Bruckner VI, S. 20.;
- CLA VII, Nr. 1002.;
- Von Euw, Liber Viventium, S. 96, Abb. 49.;
- CMD-CH III, Nr. 783, Abb. 717.;
- Rudolf Gamper, Gaby Knoch-Mund, Marlis Stähli, Katalog der mittelalterlichen Handschriften der Ministerialbibliothek Schaffhausen, Dietikon-Zürich, 1994, Nr. 326, S. 185 f., Lit.