St. Gallen, Kantonsbibliothek, Vadianische Sammlung, VadSlg Ms. 43
Beschreibung für e-codices von Rudolf Gamper, Kantonsbibliothek St. Gallen, Vadianische Sammlung, St. Gallen 2011.
Handschriftentitel:
: Chronikbůch ettlicher äbten zů S. Gallen
Entstehungszeit: Geschrieben von in den Jahren 1529/1530 bis 1532
Beschreibstoff:
Papier
Wasserzeichen des Buchblocks: Berner Bär (Formenpaar) aus der Papiermühle Bergier/Hirt, Johann Lindt, The paper-mills of Berne and their watermarks 1465–1859, Hilversum 1964, Nr. 26 und 27, nachgewiesen 1520–1535; Gerhard Piccard, Die Wasserzeichenkartei Piccard im Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Wasserzeichen Vierfüssler, Stuttgart 1987 (Findbuch 15), Teil 2, Nr. I 645, 646, nachgewiesen 1526–1531. Das später eingesetzte Blatt 381 (Vadian, Chronik, Bd. 2, S. 144, Anm. 1) zeigt im Wasserzeichen einen stehenden Löwen mit Zürcher Wappenschild, Piccard, Vierfüssler, Teil 2, Nr. III 1983, der erst ab 1538 nachgewiesen ist.
Wasserzeichen des Buchblocks: Berner Bär (Formenpaar) aus der Papiermühle Bergier/Hirt, Johann Lindt, The paper-mills of Berne and their watermarks 1465–1859, Hilversum 1964, Nr. 26 und 27, nachgewiesen 1520–1535; Gerhard Piccard, Die Wasserzeichenkartei Piccard im Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Wasserzeichen Vierfüssler, Stuttgart 1987 (Findbuch 15), Teil 2, Nr. I 645, 646, nachgewiesen 1526–1531. Das später eingesetzte Blatt 381 (Vadian, Chronik, Bd. 2, S. 144, Anm. 1) zeigt im Wasserzeichen einen stehenden Löwen mit Zürcher Wappenschild, Piccard, Vierfüssler, Teil 2, Nr. III 1983, der erst ab 1538 nachgewiesen ist.
Umfang:
529 Blätter
Format: 33 x 22 cm
Seitennummerierung:
- Foliierung des Buchblocks von einer Hand des frühen 17. Jahrhunderts: 39–188. 190–236. 239–275. 278–342. 344–550. Am Anfang Foliierung des 16. Jahrhunderts: 1 [=39] – 23 [61], Paginierung des 16. Jahrhunderts auf den Blättern 65-68 mit falscher Textfolge 2. 4. 8. 6. (65r von der Hand : der quatern ist etwas versetzt, amm schreiben).
- Der Vorsatz vorn wurde im 20. Jh. mit A–F bezeichnet, der Vorsatz hinten mit 551–567; davon sind von der gleichen Hand des frühen 17. Jahrhunderts wie 39–550 foliiert: 551–553 kopfstehend 29–27, 554–559 = 32–37, 560–562 kopfstehend 26–24, 564–566 = 15, 16, 19.
Lagenstruktur: Lagen des Buchblocks: VI
50
+ VII
64
+ II
68
+ 2 VI
92
+ VII
106
+ 5 VI
166
+ (V+1)
177
+ (V-2)
185
+ 3 V
216
+ (V-4)
222
+ (V+1)
233
+ 2 VI
259
+ I
261
+ (VI+1)
274
+ 8 VI
373
+ (VI+1)
386
+ 4 VI
434
+ (VI+1)
447
+ VI
459
+ (VI+1)
472
+ III
478
+ 6 VI
550
;
nach Bl. 177 fehlen zwei Blätter, nach Bl. 222 vier Blätter, die Vadian während der Arbeit heraustrennte. Einzelblätter: Bl. 177, 233, 267, 381, 446 und 468. Lagenzählung Vadians: 39r
α – 65r
γ; 69r
1 – 143r
7; 155r
A – 217r
G; 223r
I; 234r
I – 411r
Z; 423r
AA – 539r
LL. Durchgehende Lagenzählung mit Rötelstift 1–43 von einer Hand des frühen 17. Jahrhunderts.
Seiteneinrichtung:
Vadian faltete die Blätter auf den Aussenseiten, so dass ein 4 bis 6 cm breiter Korrekturrand entstand. Es liess diesen Korrekturrand auf der linken Seite frei und beschrieb den verbleibenden Raum bis an den rechten Rand der Seite. Die Zeilenzahl variiert zwischen 23 und 32. Diese Einrichtung ist für lose Hefte geeignet, nicht aber für ein gebundenes Buch, weil der rechte Rand der Verso-Seiten so weit in den Bund zu liegen kommt, dass er nicht mehr lesbar ist. Aufgrund der Einrichtung kann man festhalten, dass Vadian die Handschrift der ‚Grösseren Chronik’ nicht für die Benutzung als gebundenes Buch vorgesehen hatte.
Buchschmuck:
- An Anfang jedes Kapitels, das jeweils die Regierungszeit eines Abtes umfasst, steht ein Brustbild des Abtes in kolorierter Federzeichnung; gesamthaft sind es 21 Bilder (39r, 41r, 44v, 63r, 69r, 85v, 93r, 113r, 119r, 123r, 151v, 167v, 177v, 179v, 192v, 196v, 227v, 253v, 268v, 336r, 396v). Die Zeichnungen entsprechen genau den Randzeichnungen Caspar Hagenbuchs in der Reinschrift von Vadians Kleinerer Chronik der Äbte von 1549 (St.Gallen, Stadtarchiv der Ortsbürgergemeinde, B 677a; Ernst Ziegler, Kostbarkeiten aus dem Stadtarchiv St.Gallen in Abbildungen und Texten, St. Gallen 1983, S. 68–71); sie wurden demnach um 1550, als die Handschrift bereits im Besitz von Johannes Kessler war, eingemalt.
- Ein auf Blatt Fv geklebtes, seitlich eingefaltetes Vadianportät wurde bei der Restaurierung des Bandes 1988 herausgelöst und gerahmt; es wird seither separat aufbewahrt. Es ist mit Ölfarbe auf Pergament gemalt und misst 33,5 x 24,5 cm. Es ist möglicherweise eine Kopie des Rundbildes auf Holz, das sich im Historischen Museum St. Gallen befindet (Inv. Nr. 13495), auf der Rückseite dieselbe Inschrift trug und ebenfalls im Besitz von Johannes oder Josua Kessler war. Vgl. Rittmeyer, Vadian-Bildnisse, S. 30–35.
Spätere Ergänzungen:
Zahlreiche Korrekturen und Ergänzungen von der Hand Vadians zwischen den Zeilen, am Rand und auf eingelegten Blättern, teils in brauner bzw. schwarzer, teils in roter Tinte, häufig mit Verweiszeichen; Handweiser und Randtitel.
Spätere Marginalien von Johannes Kessler und mindestens zwei weiteren Händen des 16. und 17. Jahrhunderts. Kessler verwendete eine hellrote Tinte; von ihm stammt eine Federzeichnung des Münsterturms mit der Turmuhr (45r, zum Jahr 1204) sowie eine Skizze der brennenden Stadt (59r, zum Jahr 1215). Die zweite Hand schrieb mit dunkelroter Tinte (z. B. 68r, 75v), die dritte in dunkelbrauner Tinte (z. B. 373v).
Spätere Marginalien von Johannes Kessler und mindestens zwei weiteren Händen des 16. und 17. Jahrhunderts. Kessler verwendete eine hellrote Tinte; von ihm stammt eine Federzeichnung des Münsterturms mit der Turmuhr (45r, zum Jahr 1204) sowie eine Skizze der brennenden Stadt (59r, zum Jahr 1215). Die zweite Hand schrieb mit dunkelroter Tinte (z. B. 68r, 75v), die dritte in dunkelbrauner Tinte (z. B. 373v).
Einband:
Der Ledereinband mit Holzdeckeln stammt aus der Zeit um 1620; bis dahin waren die Lagen möglicherweise einzeln geheftet, aber nicht zusammen gebunden. St.Galler Einband mit Streicheisenlinen, Rollen und Einzelstempeln, letztere vergoldet; die gleichen Einzel- und Rollenstempel finden sich auf den Einbänden einer handschriftlichen Bullinger Chronik (St.Gallen, Kantonsbibliothek, Helv. a 90) und der Chronik von Heinrich Spät (St.Gallen, Kantonsbibliothek, Vad. Slg., Ms. 234); neue Kantenschliessen. Unbeschnitten, die Blattränder sind blau eingefärbt.
Das Vorsatzpapier zeigt im Wasserzeichen den stehenden Bären und die Dogge, die Wappentiere von St. Gallen und dem Toggenburg, im geteilten Kreis. Das Papier war in der Jahren um 1620 in St. Gallen in Gebrauch. Auf 550v steht ein Bleistifteintrag mit der Zahl 1617, die wohl als Jahrzahl zu deuten ist; vielleicht steht sie mit dem Einband in Zusammenhang. Restauriert 1988.
Inhaltsangabe:
- Ar–Fr leer
- Fv Foto des herausgelösten Vadian-Porträts.
- 39r-545v Grössere Chronik der Äbte des Klosters St.Gallen. >Abt Ůlrich von Weringen< [1199-1200]. Diser Ůlrich, der fünft des namens, geboren von Weringen, hat nit lenger dan vierzig wochen regiert …–… [Ulrich Rösch, 1463-1491] aber oben uf dem grab sin bildnuss, wie er mit infel, stab und mantel in der kirchen zů hochzitlichen tagen gwandlet hat. Wellichs alles im 1531 jar dannen gbrochen und zerschlagen worden ist. >Abt Gotthart< . Joachim von Watt (Vadian), Die Grössere Chronik der Äbte. Abtei und Stadt St. Gallen im Hoch- und Spätmittelalter (1199-1491), bearb. von Bernhard Stettler, 2 Bde., Zürich 2010, S. 49-749. In der Lage Bl. 65–68 lautet die Textfolge: … 66v, 68r-v, 67r-v; Fortsetzung auf der neuen Lage 69r.
- 545v-550r leer.
- 550v Schenkungseintrag. Diß geschriben chronikbůch …–… Joachimus Vadianus, manu propria. Siehe Erwerb der Handschrift.
- 551r-567v leer
Entstehung der Handschrift:
schrieb die Chronik nach der Aufhebung des Klosters 1529 und vor der Restitution des Klosters 1532, dazu 336r die mehrfach korrigierte Bemerkung zu Abt Eglolf Blarer: Was nit an unfridsam man gsin; nach welchem biß uf <den hütigen tag>
<den undergang deß klosters>
<uf den letzsten Kilianen>
[nacheinander gestrichen, alle drei Fassungen mit gleicher Feder und Tinte]
<den abgang der äbten und uff den letzsten Kilianen>
[in anderer Tinte, gestrichen] disen tag und uff den letzsten Diethelmen kainer mer khommen ist, der im hette fromkayt und redlikayt halben verglycht werden [mögen]. Die im Text vorkommenden Jahrzahlen belegen, dass Vadian in den Jahren 1530 und 1531 an der Chronik arbeitete (Einleitung von Ernst Götzinger, in:
Vadian, Chronik, Bd. 2, S. IIIf.). Zum Abbruch der Arbeit an der ‚Grösseren Chronik’ im Jahr 1532 vgl. den anschliessenden Beitrag von Alexa Renggli.
Erwerb der Handschrift:
550v
Diß geschriben chronikbůch etlicher äbten zů S. Gallen und verlofner geschichten zůr zeit derselben hab ich Joachim von Watt, doctor, dem wolgelerten, meinem sonders gůten fründ und gesellen, Johansen Keßler, burger und vorstender der leere der stat zů S. Gallen, frei übergeben und geschenkt, mit gůtem willen, daselbe zů brauchen nach seinem gefallen, doch zů frommen, nutz und eere der frommen stat zů S. Gallen. Anno Domini MDXLVI auf XIII tag januarii.
Joachimus Vadianus, manu propria.
39r
Sum Josuae Keßleri Sangallensis Helveti.
Bibliographie:
- Gustav Scherrer, Verzeichniss der Manuscripte und Incunabeln der Vadianischen Bibliothek in St.Gallen, St.Gallen 1864, S. 11f.;
- Vadian, Chronik, Bd. 1, S. III–VI;
- Dora Fanny Rittmeyer, Vadian-Bildnisse, St.Gallen 1948 (Vadian-Studien 2), S. 30.;
- Peter Wegelin, Kostbarkeiten aus der Vadiana in St. Gallen in Wort und Bild, St. Gallen 1987, S. 10f.;
- Beat Matthias von Scarpatetti, Rudolf Gamper und Marlies Stähli, Katalog der datierten Handschriften in der Schweiz in lateinischer Schrift vom Anfang des Mittelalters bis 1550, Dietikon-Zürich 1991, Nr. 2.
- Rudolf Gamper, Vadians Auswertung der spätmittelalterlichen Chroniken zur Landesgeschichte, in: Vadian als Geschichtsschreiber, hrsg. von Rudolf Gamper, St. Gallen 2006 (Vadian-Studien 17), S. 39-41.