Solothurn, Zentralbibliothek, Cod. S II 43, f. 70v – Historienbibel aus der Werkstatt von Diebold Lauber ('vom Staal-Historienbibel')
http://www.e-codices.ch/de/zbs/SII-0043/70v
Solothurn, Zentralbibliothek, Cod. S II 43, f. 70v – Historienbibel aus der Werkstatt von Diebold Lauber ('vom Staal-Historienbibel')
http://www.e-codices.ch/de/zbs/SII-0043/70v
Kurzcharakterisierung:Die Solothurner Historienbibel ist um 1460 in der Werkstatt des Diebold Lauber in Hagenau (Elsass) entstanden. Auftraggeber dieses prestigeträchtigen Werks dürfte Solothurner Stadtschreiber Hans vom Staal (1419-1499) gewesen sein. 1763 gelangte das Buch mit der von Staalschen Familienbibliothek in die Solothurner Stadtbibliothek.(hol)
Standardbeschreibung: Beschreibung für e-codices von Ian Holt, Zentralbibliothek Solothurn, Solothurn 2009.
Standardbeschreibung anzeigen
Online seit: 31.07.2009
Solothurn, Zentralbibliothek, Cod. S II 43
Papier · 450 + II ff. · 30.8 x 26 cm · Hagenau · um 1460
Historienbibel aus der Werkstatt von Diebold Lauber ('vom Staal-Historienbibel')
Wie zitieren:
Solothurn, Zentralbibliothek, Cod. S II 43, f. 70v – Historienbibel aus der Werkstatt von Diebold Lauber ('vom Staal-Historienbibel') (https://www.e-codices.ch/de/list/one/zbs/SII-0043)
einfachere Cadellen z.B. 308v, 315r, 412v); in den Registern rubrizierte Caputzeichen.
Zwei Fleuronné-Initialen wurden von einer Strassburger (?) Spezialwerkstatt ausgeführt, die mit der Lauber-Werkstatt zusammenarbeitete (Saurma 2008, 23-24): 15r: R(icher got von himelrich…);
Die meisten der 70 kolorierten Federzeichnungen nehmen jeweils etwas mehr als eine halbe Seite ein; einige sind ganzseitig. Alle sind das Werk des Malers B, der seit 1427/28 im Zusammenhang mit der Diebold Lauber-Werkstatt in Hagenau nachweisbar ist (vgl. dazu: Saurma 2008, 20-23).
Einband:
Zeitgenössischer brauner Ledereinband auf Holzdeckel (restauriert); mit Streicheisenlinien (Rautenmuster); zehn Messingbuckel (teilweise erneuert); zwei nach vorne greifende Langriemenschliessen; Pergamentmakulatur (u.a. Strassburger Urkunde, datiert 1457) (vgl. Altermatt, 38; Schönherr, 197, Saurma 2008, 20); 73 Ledersignakeln im Schnitt (erneuert) weisen auf die Abbildungen und die beiden Frontispizien hin
Hauptsprache: Schreibsprache: Niederalemannisch.
Inhaltsangabe:
2r-412rHistorienbibel Ib (B)
In ihrer Textgestalt gehört die Solothurner Historienbibel im wesentlichen dem Typus der Redaktion Ib (Kompilation aus Historienbibel Ia und IIa) an (Vollmer). Nach
Von Bloh
bzw. Rapp: Untergruppe B
(2ra-14vb)
(Register)>Hie hebet sich an das register der bibelen der alten Ee […] <Das erste Capitel seit wie got sunne und mond beschůff und die engel darin …–…
das ccclxiij. wie Josias für das volck opferte von hoffart
(15ra-17ra)
Prolog (IIa)>Hie hebet sich an die bibel der alten e noch dem latin in tütsch gemacht blöslich nach dem texte und ouch die nüwe gar gerecht und gut<Richer got von himelrich und ertrichobe allen krefften swebet din krafft …–…
wie got alle ding geordent het vß siner göttelichen grundelosen wißheit.
Vgl. Merzdorf, Bd. 2, 595-597
(17ra-18vb)
Zweiter Prolog, Engellehre (Ia)>Wie got sunne und mond beschůff und die engel darin<Do got in siner magenkrafft swebete
>Von den niun koeren der Engel<(18rb) Die engel bringent als vil engel zů himel als vil in dem himel bestanden ist.
Vgl. Merzdorf, Bd. 1, 107-110
(18vb- 308ra)
Text (Ia und IIa)>Hie hebet sich an die bibel, die fünf bücher her moyses … <Jn dem anfange geschůff got himel und erde
… >ccclxiij. Wie Josias für das volck opferte von hoffart, darvmb verhenget got das er vssetzig wart vnd starp<
… vnd sullent got vor ougen haben, so wirt vns das ewige leben, das uns das allen wider fare, das helffe vns der vatter vnd der sun vnd der heilige geist. Amen.
(33va-36v)
>xxx. Wie die cristenheit von iherusalem ist komen<Von japhet han ich geschriben funden das alle die diet der liut sint von ime komen …–…
vnd were es das sie sintflut keme so soltent si alle dar in gon so werent si sicher do vor das inen kein leit geschehe
vgl. Merzdorf, Bd. 2, 606-610
(37va-52rb)
>Von Meinrot dem risen wie der Babilonie buwete<Zu disen ziten do sich die geslechte hettent geteilt in manige lant […] (46va/b) also han ich nu geseit von drien teilen durch alle lant als si sint genant vff der erden. Nu wil ich fürbas sagen wie es aber erging von der gelegenheit als ich vor geseit han […] vnd noch den ziten wurdent vil gesleht geboren als hernoch kunt wirt geton
Vgl. Merzdorf, Bd. 2, 612-626, 628-638
(225vb-231ra)
Hohelied-Reimparaphrase>cccl. Dis sint Salomons gedihte von der heiden wegen et reliquia<Mich kuste ir mineklicher kuß …–…
do sullent wir zeder holtze fügen das si werde stoltze
Vgl. Merzdorf, Bd. 1, 423-Bd. 2, 442
Ausgabe
Theodor Merzdorf (Hrsg.): Die deutschen Historienbibeln des Mittelalters nach vierzig Handschriften, 2 Bde., Tübingen 1870 (Bibliothek des litterarischen Vereins in Stuttgart 100 und 101). (Ohne diese Handschrift, mit zahlreichen Abweichungen)
Lit:
Christoph Gerhardt in 2VL 4 (1983) Sp. 67-75 + 2VL 11 (2004) Sp. 682
(308v-412r)
„Neue Ee“
(Prosaauflösung des Marienlebens von Bruder Philipp bzw. Heinrich von St. Gallen; am Schluss zwei Kapitel zur Apokalypse)
(308va-313vb)
(Register)
>Hie hebet sich an des bůches Cappittel vnd saget von dem leben vnser lieben frowen vnd irs lieben kindes vnd ist die nuwe Ee mit den figuren gemolet<Das erste Cappittel saget von der vorrede des bůches …–…
Das clxxx von dem jungsten tage vnd wie got an dem jüngsten tage zů geriht sitzet
(315ra-412rb)
(Text)
>Hie vohet an das leben her Ioachims, vnser lieben frowen vatter vnd frowe Anna, vnser lieben frowen muter vnd sancta Marien vnd irs lieben kindes Ihesu Christi vnd ist das die nuwe E<
(Prolog)
Maria můter edele kiusche maget
(315va)
>Das ander cappittel von her Joachim<Uns leret das bůoch der alten Ee das in dem lande zů Galilea zů Nazareth was ein richer man gesessen …–…
409vaDas uns dis alles sament wider faren müsse das verlich vns der vatter vnd der sůn vnd der heilige geist.
(409va)
(Kapitel zur Apokalypse)
>clxxix. von dem endecrist<410v>clxxx. von dem jungsten tage<das wir mit den erwelten ouch mit got ewige froüde habet das helffe vns der vatter vnd der sůn vnd der heilige geist. Amen.
Hardo Hilg: Das Marienleben des Heinrich von St. Gallen. München 1981. (= Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters, MTU, 75), 409
(412v-450r)
Marquard von Lindau OFM: Auszug der Kinder Israel
(Prolog)
>Das sint die Cappittel vnd sagent wie das volck von Israhel in das gelopte lant zoch vnd glichet sich einem menschen, der von der welte sich ziuhet vnd got nachvolget […] <Nolite timere sed descende in Egiptum … Also stot geschriben in dem ersten bůch der alten Ee …–…
vnd darnoch ußzugent in das gelopte lant …
(413rb)
>Zů dem ersten von Jacob<Darnoch wissest das wir lesent, das Jacob der Patriarch zwo frowen hat …–…
also das du die blosse worheit in zit gebruchest vnd…das verlich vns got der vatter vnd der sůn vn der heilige geist. Amen.
Entstehung der Handschrift: Hagenau/Elsass, in der Werkstatt Diebold Lauber
Provenienz der Handschrift: Auftraggeber nach
Saurma (2008, 34-38) der Solothurner Stadtschreiber Hans vom Staal (1419-1499); 1r: Wappen vom Staal (Greifenklaue) auf Vorsatzblatt, darüber Verbalexlibris von Hans Jacob vom Staal
(1463-1522): Dis bůch ist min Hanns Jacobs vom Stall Johannsen vom Stall Stattschriberß sun zů Soloturnn; 314r: gerahmtes Vollwappen; Beischrift in Kapitalis: Hanns Iakob vomm Stall, 1519. Weitere Beischriften von verschiedenen Händen des 15. bzw. 16. Jhs. zu einzelnen Zeichnungen: 314v: die ruote von Jesse stöt im múnster von vnser frowen; 337v: […] quem genuit adoravit; 339v: Gloria in excelsis deo et in terra pax
Erwerb der Handschrift:
1763 schenkte die Familie vom Staal ihre gesamte Bibliothek der neugegründeten Solothurner Stadtbibliothek. Im Katalog der Stadtbibliothek von 1766/71 ist die Historienbibel unter den Manuscripta als Nr. 42 verzeichnet (Historia biblica auf deutsch beschrieben, mit Gemählden)
Bibliographie:
Hans Vollmer: Ober- und mitteldeutsche Historienbibeln (Materialien zur Bibelgeschichte und religiösen Volkskunde des Mittelalters I,1), Berlin 1912, S. 92-93 (Nr. 30).
Leo Altermatt: Die von Staalsche Historienbibel der Zentralbibliothek Solothurn. Festschrift Karl Schwarber. Beiträge zur schweizerischen Bibliotheks-, Buch- und Gelehrtengeschichte. Zum 60. Geburtstag am 22. November 1949 dargebracht. Basel 1949. S. 35-71.
Alfons Schönherr: Die mittelalterlichen Handschriften der Zentralbibliothek Solothurn. Solothurn 1964. S. 194-197.
Ute Von Bloh: Die illustrierten Historienbibeln. Text und Bild in Prolog und Schöpfungsgeschichte der deutschsprachigen Historienbibeln des Spätmittelalters (Vestigia Bibliae 13/14) Bern 1993. S. 272-275.
Lieselotte E. Saurma-Jeltsch: Spätformen mittelalterlicher Buchherstellung, Bd. 2, Wiesbaden 2001. Nr 69, S. 101-102.
Andrea Rapp: Die Illustrationen der Solothurner Historienbibel. Zentralbibliothek, Cod. S II 43) in: Metamorphosen der Bibel. Beiträge zur Tagung 'Wirkungsgeschichte der Bibel im deutschsprachigen Mittelalter' vom 4. bis 6. September 2000 in der Bibliothek des Bischöflichen Priesterseminars Trier. Zusammen mit Michael Embach und Michael Trauth hrsg. von Ralf Plate und Andrea Rapp (Vestigia Bibliae 24/25), Bern u.a. 2004. S. 415-427.
Lieselotte E. Saurma-Jeltsch: „Mit den figuren gemolet“: Die Funktion der Illustrationen in der Solothurner Historienbibel - Ein Desiderat der Forschung. In: Jahrbuch für solothurnische Geschichte 79 (2006). S. 122-136.
Ulrike Bodemann: Katalog der deutschsprachigen illustrierten Handschriften des Mittelalters. Band 7. 1/2. (59. Historienbibeln) München 2008. S. 36-39. (Nr. 59.2.6).
Lieselotte E. Saurma-Jeltsch: Pietät und Prestige. Die Bilder in der Historienbibel der Solothurner Familie vom Staal. Basel 2008 (=Veröffentlichungen der Zentralbibliothek Solothurn, 30).