Urnäsch, Gemeindearchiv, s. n.
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Maria Solovey für e-codices, 2015.

Manuscript title: Psalterium iuxta Hebraeos (Fragment)
Place of origin: St. Gallen
Date of origin: um das Jahr 900 oder 10. Jahrhundert (nach B. Bischoff)
Support: Fragment 1: Pergament mit fragm1a (Haarseite) und fragm1b (Fleischseite). Fragment 2: Pergament mit fragm2a (Fleischseite) und fragm2b (Haarseite).
Extent: 2 Doppelblätter (stark beschnitten)
Format: Fragment 1: 21.6 x 37 cm (ursprüngliche Seitengrösse 25.6 x 18.5 cm)
Format: Fragment 2: 21.7 x 20 cm
Condition: Mit Textverlust beschnitten, Faltlinien, dunkle Färbung des Blattes, Löcher (Nählöcher), Risse, Spuren der Heftung. In Fragment 2 (fragm2b_2r Z. 12/fragm2a_2v Z. 12) gibt es 4 symmetrisch nebeneinander liegende Löcher. Wahrscheinlich stammen sie von der Befestigung der Schnur, die an der Vorderseite der Tasche eingefädelt ist. Dies weist darauf hin, dass dieses Fragment auf der vorderen Innenseite der Tasche eingenäht war.
Page layout:
  • Fragment 1: einspaltig, 19 erhaltene Zeilen (eine weitere Zeile abgeschnitten), Schriftraum 18.5 (ursprünglich ca. 19.5) x 13.6 cm, Blindlinierung (Einstichlöcher auf der Seite erkennbar)
  • Fragment 2: einspaltig, 16 erhaltene Zeilen, Schriftraum erhalten 15.6 x 13.2 cm, keine Linierung
Writing and hands: Karolingische Minuskel. Leichte Unterschiede der Schrift in den beiden Fragmenten (besonders in der unzialen Form des d und des g), die möglicherweise auf einen Schreiberwechsel hinweisen könnten. Text in dunkelbrauner (fragm1a_1r in hellerer) Tinte.
Decoration: Majuskeln und Tituli in orange farbener Tinte
Accompanying materials: Die Fragmente waren in eine Botentasche eingenäht und wurden 1963 durch den Konservator E. Kind (Historisches Museum, St. Gallen) herausgelöst. Heute bewahrt man sie in einer Kartonmappe (nicht aufgenommen) auf. Laut Dr. Johannes Pietsch (Bayrisches Nationalmuseum, München) entstand die Tasche (26 x 21.5 cm) in der Zeit zwischen 1650 und 1750. Diese Eingrenzung fusst auf der Farbkombination Rosa/Grün der Seidenquesten, der Ausarbeitung des Knopfes an der Vorderseite und der schwarzen Borte. In der Tasche wurden neben den Fragmenten auch nicht eingenähte, handschriftliche Notizen zur Geschichte der Abtrennung der Kirchgemeinde Schönengrund von der Muttergemeinde Urnäsch aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts gefunden. Dies könnte darauf hindeuten, dass die Tasche mit der Fragmentenpolsterung vor dem oder zu Anfang des 18. Jahrhunderts entstanden ist.
Main language: Latein
Contents:
Die beiden Fragmente folgen nicht direkt aufeinander, sondern umschliessen eine Lücke von mehreren Seiten. Zwischen den Seiten der Fragmente selbst fehlen Sätze (z. B. auf Seite fragm1a_1r wurde eine Zeile abgeschnitten) bzw. ganze Blätter (zwischen fragm1b_1v und fragm1b_2r fehlen zwei Doppelblätter).
  • Fragment 1:
    • S. fragm1a_1r: Teil aus Psalm 34.6-14 // sit via illorum tenebrae et lubricum …–… quasi lugens mater tristis incurvabar //
      Die folgende Zeile wurde abgeschnitten: Et in infirmitate mea laetabantur et congregabantur (vgl. Cod. Sang. 19 S. 33).
    • S. fragm1b_1v: Teil aus Psalm 34.15-25 // collecti sunt adversum me …–… animae nostrae ne dicant absorbuimus eum · //
      Es fehlen an dieser Stelle zwei Doppelblätter.
    • S. fragm1b_2r: Ende des Psalms 40.7 und Anfang des Psalms 41.2 // Et egrediens foras detrahet
      • Psalm 41 >Pro victoria doctissimi filiorum chore< Sicut areola preparata ad irrigationes aquarum ·
      sic anima mea preparata est ad te deus //
      Die folgende Zeile wurde abgeschnitten: Sitivit anima mea deum fostem uiuentem quando (vgl. Cod. Sang. 19 S. 41).
    • S. fragm1a_2v: Teil aus Psalm 41.3-10 // veniam · et parebo ante faciem tuam …–… quare tristis incedo affligente inimico · //
    Es fehlen etwa ein Dutzend Doppelblätter zwischen dem Fragment 1 und dem Fragment 2.
  • Fragment 2:
    • S. fragm2a_1r: Teil aus Psalm 67.5-17 // In domino no[men] // …–… Quare cont[enditis] //
      Circa drei Zeilen wurden abgeschnitten (vgl. Cod. Sang. 19 S. 63).
    • S. fragm2b_1v: Teil aus Psalm 67.19-31 // [deu]m · // [sa]lutis nostrae · semper · …–… // [be]lla volunt · //
      Circa drei Zeilen wurden abgeschnitten (vgl. Cod. Sang. 19 S. 64).
    • S. fragm2b_2r: Ende des Psalms 67.34 und Anfang des Psalms 68 // Ecce dabit voci suae vocem fortitudinis ·
      • Psalm 68 >Victori pro liliis David< Salva me deus · quoniam venerunt aquae usque ad animam meam
      Non confundantur in me qui expectant te domine deus exercituum [sic] · non //
      Circa drei Zeilen wurden abgeschnitten (vgl. Cod. Sang. 19 S. 64).
    • S. fragm2a_2v: Teil aus Psalm 68.10-20 // [Q]uia zelus domus tuae comedit me …–… ignominiam meam coram te sunt omnes hostes mei · //
Origin of the manuscript: Bis auf einige Abweichungen stimmen die Fragmente mit dem Codex 19 (Hartmut-Psalter, 3. Viertel des 9. Jh.) der Stiftsbibliothek St. Gallen überein. Gemäss Gutachten von Prof. Dr. Bonifatius Fischer (um 1963) scheint der Hartmut-Psalter als Vorlage für die Handschrift, aus der die Fragmente ursprünglich stammen, gedient zu haben. Die Ähnlichkeiten zum Hartmut-Psalter sind laut Fischer grösser, als zum entsprechenden Text im Psalterium quadruplex des Jahres 909 (Staatsbibliothek Bamberg Ms. Bibl. 44), welches auch in St. Gallen entstand ist.
Acquisition of the manuscript: Wie und wann die Fragmente in die Botentasche, die zwischen 1650 und 1750 datiert wird, gelangt sind, bleibt unklar. Auch darüber, ob die Tasche in St. Gallen hergestellt wurde und danach nach Urnäsch kam, kann nicht mit Bestimmtheit gesagt werden.
Bibliography:
  • Bischoff, Bernhard: Gutachten – über die Urnäscher Pergament-Fragmente, 1963 (unpubliziertes Typoskript im Gemeindearchiv Urnäsch).
  • Fischer, Bonifatius: Gutachten – über die Urnäscher Pergament-Fragmente, 1963 (unpubliziertes Typoskript im Gemeindearchiv Urnäsch).
  • Steinmann, Eugen: Die Kunstdenkmäler des Kantons Appenzell Ausserrhoden. Bd. 1, Der Bezirk Hinterland, Basel 1973, S. 312, Abb. 287 auf S. 397.