Teilprojekt: Hebräische Handschriftenbibliothek der Schweiz
September 2018
Status: Laufend
Finanziert durch: Susanne & René Braginsky Stiftung
Projektleitung: Dr. Justine Isserles
Beschreibung des Teilprojekts: Schweizweit werden heute mehrere hundert hebräische Handschriften in verschiedenen privaten und öffentlichen Sammlungen aufbewahrt. Das Projekt Hebräische Handschriftenbibliothek der Schweiz bemüht sich darum, Licht auf eine Auswahl mittelalterlicher und vormoderner hebräischer Handschriften aus Basel, Bern, Genf, St. Gallen und Zürich zu werfen, die hauptsächlich aufgrund ihres seltenen Inhalts, aber auch aufgrund ihrer kodikologischen, paläographischen und dekorativen Eigenschaften ausgewählt wurden. Die Digitalisierung sowie die wissenschaftlichen Beschreibungen dieser Handschriften auf e-codices werden zweifellos dazu beitragen, die Bedeutung dieser wertvollen, bis anhin unbekannten Textzeugen aus Schweizer Sammlungen zu unterstreichen. Dieses Projekt wird von der Susanne & René Braginsky Stiftung grosszügig unterstützt.
Alle Bibliotheken und Sammlungen
Bei dieser aschkenasischen Kopie des Sefer Moreh Nevukhim (Führer der Unschlüssigen) von Moses Maimonides aus dem 14. und 15. Jahrhundert handelt es sich um die hebräische Übersetzung, die 1204 von Samuel ben Judah Ibn Tibbon (1150-1230) angefertigt wurde. Sie enthält ebenfalls ein Vorwort des Kommentars des Moreh Nevukhim von Shem Tov ben Joseph ben Shem Tov, einem spanischen Rabbiner des 15. Jahrhunderts, der ein eifriger Verfechter der Philosophie des Aristoteles und des Maimonides war. Im 15. Jahrhundert befand sich die Handschrift im Besitz des Johannes Buxtorf II, wobei letzterer sie für die lateinische Edition des Doctor Perplexorum (Basel, 1629) benutzte.
Online seit: 19.03.2020
Sefer Nizzaḥon Yashan ist der Name einer anonymen Anthologie von Argumenten gegen die christologische Interpretation biblischer Verse, ergänzt mit einer Kritik der Evangelien und der christlichen Moral und Doktrinen. Sie wurde gegen 1300 in Deutschland oder Frankreich zusammengestellt, wie an einem Grossteil der Refutationen gesehen werden kann, die auf polemische, und dem christlichen Glauben gegenüber kritischen Themen basiert sind, die in den jüdischen Kreisen des mittelalterlichen Aschkenas und Nordfrankreichs verbreitet waren. Von diesem Werk sind nur wenige vollständige Editionen oder Handschriften erhalten, wovon eines der Nizzaḥon von Basel ist. Diese Handschrift zeigt zwar gewisse Ähnlichkeiten mit anderen Kopien auf, muss aber dennoch als ein indirekter, für die jüdische Apologetik der franko-deutschen Region wichtiger Textzeuge angesehen werden.
Online seit: 19.03.2020
Die handgeschriebene Haggada Comites Latentes 69 wurde 1756 in Wien geschaffen. Sie ist mit schwarzer Tinte verziert und imitiert meisterhaft den Kupferstich. Autor ist der berühmte Schreiber und Illustrator Simmel ben Moses aus Polna (aktiv zwischen 1714 und 1756), der gegen dreissig datierte und heute erhaltene Handschriften produzierte, wovon jedoch nur 17, inklusive CL 69, Autographe sind. Seine Kunstwerke gehören zu den bemerkenswertesten Beispielen der Dekoration hebräischer Handschriften im Zentraleuropa des 18. Jahrhunderts. Das Hohelied Salomons, von späteren Händen kopiert, bildet den Abschluss dieser grossartigen Handschrift.
Online seit: 22.06.2017
Diese juristische Handschrift mit dem Titel Sefer Ḥokhmat Nashim gehört zu einer volkssprachlichen Literaturgattung für Frauen, die in den aschkenasischen und italienischen Gemeinden seit der Renaissance sehr verbreitet war. Das Handbuch mit Vorschriften in Judäo-Italienisch soll von dem berühmten italienischen Kabbalisten und Prediger Mordechai ben Juda Dato während der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts abgeschrieben worden sein.
Online seit: 26.09.2017
Dieses seltene, Judäo-Arabische Fragment stammt aus dem Kitab al-Hidaya ila Faraiḍ al-Qulub (Lehrbuch der Herzenspflichten) von Baḥya ben Joseph Ibn Paquda (2. Hälfte des 11. Jahrhunderts). Das Werk ist von grundlegender Bedeutung, da es das erste jüdische Ethik-System festlegt. Die handschriftliche Überlieferung dieses Judäo-Arabischen Werkes ist sehr lückenhaft, da heute nur mehr wenige Textzeugen vorhanden sind.
Online seit: 26.09.2017
Das Avqat Rokhel besteht aus einer Auswahl von eschatologischen Schriften, die in drei „Büchern“ mit je mehreren Teilen angeordnet sind. Es wird Makhir ben Isaak Sar Hasid von Toledo (14. Jh.) zugeschrieben, einem Studenten von Jehuda ben Ascher (1270-1349), Sohn von Ascher ben Jechiel (Rosch, um 1250-1327). Einzig der Titel dieses Werkes ist identisch mit einem späteren Werk über Responsen von Joseph Caro (1488-1575) (Ed. Princ. Salonicco, 1791). Dieser Titel leitet sich von einem Vers des Hoheliedes ab, 3:6 [Wer ist die, die heraufgeht aus der Wüste wie ein gerader Rauch, wie ein Geräuch von Myrrhe, Weihrauch und allerlei Gewürzstaub des Krämers (אבקת רוכל)?], und kann mit „Gewürzpulver des Hausierers“ übersetzt werden.
Online seit: 08.10.2020
Bei diesem aschkenasischen Sammelband, der im 15. Jahrhundert zusammengetragen wurde, handelt es sich um ein Handbuch, das hauptsächlich aus Texten über die Astronomie, Astrologie, Voraussagen, Volksmedizin und medizinische Astrologie besteht, die alle in Verbindung mit Krankheiten und Aderlass stehen. Dazu wurden weitere Texte hinzugefügt, die eine breite Palette von Themen abdecken: kalendarische Tabellen und Abhandlungen, ethische und liturgische Gedichte, auf Hebräisch übersetztes halachisches und philosophisches Material des 13. Jahrhunderts. Desweiteren erlaubt es eine kleine, jedoch signifikante Entdeckung in der Handschrift, auf die Stadt Köln oder seine Umgebung als möglichen Herstellungsort dieser Sammlung hinzuweisen.
Online seit: 18.06.2020
Dieser lexikographische und wissenschaftliche Sammelband aus dem Mittelalter, in Hebräisch geschrieben und auf das Jahr 1290 datiert, enthält drei äusserst wichtige Texte, die als Basis für publizierte Editionen und Studien benutzt wurden. Es handelt sich um: Maḥberet Menahem von Menachem ben Jacob Ibn Saruq (gest. gegen 970); eine anonyme Prosaübersetzung auf Hebräisch der beliebten altfranzösischen Version des liber lapidum von Marbod von Rennes (12. Jahrhundert); und schliesslich eine anonyme, abgekürzte Version des Talmudlexikons und Midrasch mit dem Titel Sefer ha-Arukh von Natan ben Jechiel (1035-1110), auch genannt Berner Kleiner Arukh. Die Eigenheit dieser Kopie besteht in den sich darin befindlichen alt-westjiddischen und alt-französischen Glossen. Ausserdem finden sich zwischen den zahlreichen späteren Notizen bedeutsame Zusätze auf den leeren Seiten und den Seitenrändern. Am überraschendsten ist ein in hebräischen Buchstaben geschriebener mittelhochdeutscher Zauber, der sich auf Hulda bezieht, eine mit der Venus vergleichbare germanische Göttin, die aus dem Tannhäuserlied stammt. Diese Handschrift gehörte mehreren berühmten jüdischen oder christlichen Besitzern, deren Notizen ihre Bedeutung als wertvolle Wissensquelle zum Zeitpunkt ihrer Zusammenstellung Ende des 13. Jahrhunderts bis zu ihrem Besitz durch christliche Hebraisten in der Schweiz im 16. und 17. Jahrhundert belegen.
Online seit: 12.12.2019
Das Arba’ah Turim ist ein juristisches Werk in vier Büchern, dessen erstes, das Tur Oraḥ Ḥayim oder der "Weg zum Leben", im Cod. 253 zu finden ist. Es enthält Gesetze über die täglichen jüdischen Bräuche der Segnungen (d.h. morgendliches Händewaschen, Tefillin, Zizit), Gebete und Sabbatgebote, Feiertage und Toralesungen. Dieser Teil enthält auch Aspekte des hebräischen Kalenders in Verbindung zur jährlichen Liturgie.
Online seit: 08.10.2020
Das Sefer ha-Yashar ist einer der zwei Bibelkommentare des grossen R. Abraham Ibn Ezra (1089/92-1164/67). Das in Lucca (Italien) gegen 1142-45 geschriebene Werk erlangte im Mittelalter grosse Anerkennung und Popularität und blieb in zahlreichen Handschriften und Drucken erhalten. Diese italienische Kopie aus dem 15. Jahrhundert ist von besonderem Interesse, da sie während dem 16. Jahrhundert einmal dem berühmten calvinistischen Theologen und Genfer Professor Théodore de Bèze (1519-1605) gehörte, der sie anschliessend einem seiner Schüler und Kollegen vermachte, Antoine Chevalier (1507-1572), erster Professor für Hebräisch an der Académie de Genève.
Online seit: 13.06.2019
Estherrolle mit aschkenasischem Ursprung aus dem frühen 16. Jahrhundert, zum privaten Gebrauch. Mit Tintenzeichnungen von Tieren und kunstvollen Blumen, die auf den monumentalen Buchstaben in der Liste der Söhne Hamans stehen.
Online seit: 14.12.2018
Diese perfekt erhaltene, masoretische und italienische Bibel aus dem 13. Jahrhundert wurde als Studienhandbuch benutzt, um die Kantillation bei der Lesung der Tora zu lernen. Die Bedeutung der Handschrift liegt jedoch in ihrer Herkunft. Sie scheint gekauft zu sein Mitte des 15. Jahrhunderts von Solomon Finzi, einem berühmten jüdischen Bankier aus Mantua, der eine bedeutende Bibliothek hebräischer Handschriften besass. Ein Brief, der am Anfang der Handschrift eingefügt wurde, bestätigt, dass diese Bibel zu den 615 Bibelhandschriften gehörte, die für die Kollationierung des Vetus Testamentum hebraicum variis lectionibus (1766-1780) von Benjamin Kennicott benutzt wurden.
Online seit: 12.12.2019
Die mittelformatige Bibel kam zwischen 1667 und 1701 in die Bibliothèque de Genève und ist eine der ältesten Schenkungen an diese Bibliothek, die früher als Genfer Akademie bekannt war. Ausserdem wurde diese Bibel als eine der 615 biblischen Handschriften verwendet, die für Benjamin Kennicotts (1776-1780) Vetus testamentum hebraicum variis lectionibus zusammengestellt wurden.
Online seit: 14.12.2018
Diese Megilla Esther besteht aus dreissig runden Textmedaillons, die von gravierten und mehrfarbigen Dekorationen mit Blumen-, Tier- und barockalen Architekturmotiven umgeben sind. Diese wenig bekannte Rolle ist eine von sechs noch vorhandenen Rollen mit dem „Löwe, Lamm und Bär“-Motiv des berühmten Graveurs Shalom Italia (ca. 1619-1664), der auch zahlreiche weitere gravierte Esther-Rollen mit anderen Motiven herstellte, die in Spezialsammlungen, Museen und Bibliotheken auf der ganzen Welt aufbewahrt werden.
Online seit: 13.10.2016
Dieser prächtige Mahzor für die feierlichen Feste (Rosh ha-Shana und Yom Kippur) des jüdischen liturgischen Jahres, gemäss des Nordfranzösischen Ritus (Nussaḥ Tsarfat), wird von einer grossen Anzahl liturgischer Gedichte (piyyutim) begleitet, die in den dazumals blühenden Gemeinden des mittelalterlichen Nordfrankreichs rezitiert wurden. Mehrere Reklamanten werden von figürlichen Tintenzeichnungen eingerahmt. Dieser Band kam zu einem unbekannten Zeitpunkt in die Bibliothèque de Genève, zwischen 1667 und dem Ende des 17. Jahrhunderts, nachdem er zuvor im Besitz des Arztes Andrea Doria war, Condottiere von Karl V. (1500-1558).
Online seit: 18.06.2020
Diese Papierhandschrift, die aufgrund der Wasserzeichen datiert werden kann, besteht aus zwei zusammen eingebundenen Texteinheiten. Beim ersten Text handelt es sich um eine aschkenasische Kopie aus dem 14. Jahrhundert der Bücher 1, 2 und 5 des berühmten juristischen Werkes Mishneh Torah von Maimonides (1135-1204). Der zweite Text stellt ein anonymes, italienisches Lapidarium aus dem 15. Jahrhundert dar, genannt Inian ha-Avanim. Diesem folgt ein weiterer Text, in dem einerseits die Karatwerte von Perlen und Spinellen aufgelistet werden, andererseits die Werte von Gold und Silber in verschiedenen Städten und Regionen, wie etwa Paris, Venedig, Genua und Sizilien. Dieser Sammelband kam zu einem unbekannten Zeitpunkt zwischen 1667 und dem Ende des 17. Jahrhunderts in die Bibliothèque de Genève.
Online seit: 18.06.2020
Diese Handschrift besteht aus vier Texten: aus einer anonymen, arithmetischen und astronomischen Abhandlung, aus einem anonymem Kommentar über den Sefer ha-Mispar von R. Abraham Ibn Ezra (ca. 1092-1167), aus der Abhandlung She'elot Tiviot (Problemata Physica), die Pseudo-Aristoteles zugeschrieben wird, und aus dem ethischen und didaktischen Gedicht Musar Haskel von R. Hai ben Sherira Gaon (ca. 939-1038). Das She'elot Tiviot, von Moïse Ibn Tibbon (gest. ca. 1283) aus dem Arabischen in das Hebräische übersetzt, ist besonders wichtig, da die Ms. heb. 10 eine Version in vier Kapiteln enthält. Aus einer Gesamtheit von sieben bekannten und bewahrten Handschriften auf der ganzen Welt, die das She'elot Tiviot enthalten, gibt es nur drei weitere Handschriften, die diese vier Kapitel umfassen.
Online seit: 13.10.2016
Diese Handschrift enthält eine anonyme hebräische Paraphrase der ersten fünf Bücher des Mittleren Kommentars von Averroës (Abu al Walid Muhammad Ibn Rushd, ca. 1126-1198) über die Logica vetus, einschliesslich der Analytica posteriora. Seit dem 13. Jahrhundert verfassten intellektuelle Juden aus der Provence hebräische Paraphrasen und Kompilationen von bestimmten Büchern des Organon, wie etwa Jacob Anatolio Abba Mari (ca. 1194-1256), von dem mehr als fünfzig Handschriften dieses Werkes erhalten sind. Die anonyme Paraphrase, die man in der Ms. heb. 12 der Bibliothèque de Genève findet, gehört zu derselben Reihe.
Online seit: 13.10.2016
Von diesem Werk sind weltweit nur noch sechs andere handschriftliche Exemplare sowie ein Druck von 1743 vorhanden. Sein Autor ist der berühmte böhmische Rabbi, Astronom und Mathematiker R. David ben Salomon Gans (1541-1613), Schüler des Maharal von Prag, R. Judah Löw (1525-1609) und des Rema, R. Moses Isserles (1520-1572). Diese Kopie wurde von André Neher 1974 in seiner Monographie über David Gans das Manuscrit de Genève genannt. Ein Kolophon in der Handschrift gibt als Datierung 1613 an, doch eine aktuelle Studie über die Geschichte der Textüberlieferung dieses Werkes deutet an, dass es sich um eine Kopie aus dem 18. Jahrhundert handelt.
Online seit: 14.06.2018
Dieses kleine mahzor gemäss dem römischen Ritus wurde in Italien während dem 14. Jahrhundert kopiert. Der erste Teil enthält abgekürzte Gebete für die Festtage des jüdischen liturgischen Jahres (Pessah, Shavuot, Rosh ha-Shanah, Yom Kippur, Sukkot, Shemini Atseret), der zweite Teil enthält zahlreiche liturgische Gedichte zu den Gebeten. Die Dimensionen dieses Gebetsrituale scheinen auf einen persönlichen Gebrauch hinzuweisen, möglicherweise auf eine Frau als Besitzerin, da ein Begriff, der sich in der vidui (Beichte) am Ende der Nachmittagsgebete an Yom Kippur findet, mit einem femininen Suffix beendet wird.
Online seit: 13.06.2019