St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 863
Euw Anton von, Die St. Galler Buchkunst vom 8. bis zum Ende des 11. Jahrhunderts, Band I: Textband, St. Gallen 2008 (Monasterium Sancti Galli, Bd. 3), S. 504-505, Nr. 146.
Titolo del codice: : Pharsalia libri decem
Luogo di origine: Wahrscheinlich Reichenau
Datazione: 3. Viertel d. 11. Jh.
Catalogue number:
146
Dimensioni:
270 pp.
Formato: 22,5 x 16,3 cm
Composizione dei fascicoli:
Zumeist Quaternionen
Disposizione della pagina:
Schriftspiegel 16,5 x 11 cm, einspaltig zu 30 Zeilen.
Tipo di scrittura e mani: karolingische Minuskel von mehreren Schreibern
Decorazione:
Zu den Anfängen der Bücher zwei Initialen in Minium, die übrigen Minium-Majuskeln. Federzeichnungen in brauner Tinte, partiell Minium u. Gelb.
Contenuto:
Inhalt u. Schmuck:
-
p. 1-270
Pharsalia libri decem
- (p. 1-2) leer (papierenes Vorsatzblatt)
- (p. 3) Einteilung des Werkes (vom Kommentator)
-
(p. 4-26)
Lib. I.
- (p. 4) B(ella per emathios), Initiale zerstört, mit St. Galler Stempel zugedeckt
-
(p. 26-51)
Lib. II. Iamque irae
- (p. 47) am rechten Rand Zeichnung: links Meeresbusen mit Haus u. Turm, rechts runde Insel, im Wasser Fische u. Nixen
- (p. 51-76) Lib. III. Propulit ut classem
-
(p. 77-78)
ursprünglich leer
- (p. 77) ganzseitige Federzeichnung der Schlacht von Marseille, von oben nach unten: Reitergruppe nach links, Fußvolk nach rechts ausschreitend; Angriff des Fußvolkes auf ein Schiff am Strand; Schlacht vor einer Stadtmauer, rechts Wehrturm; Fußvolk zieht gegen ein auf das Land zusteuerndes Schiff mit Segel u. Besatzung; rechts außen im Meer eine Stadt
- (p. 78) Federzeichnung einer Stadt mit offenem Tor, darin ein Turm
- (p. 79-105) Lib. IIII. A(t procul extremis), Initiale in Minium mit Pfeilspitzen u. Knollenblättertrieben
- (p. 105-131) Lib. V. Sic alterna duces
- (p. 131-159) Lib. VI. Postquam castra
- (p. 160-188) Lib. VII. Segnior oceano
- (p. 188-216) Lib. VIII. Iam super herculeas fauces
-
(p. 216-252)
Lib. VIIII. At non in Pharia manes
- (p. 230) links Federzeichnung des orbis tripartitus mit ASIA, EUROPA, AFRICA u. unten Occidens als auf das Kreiszentrum blasendem Windkopf
- (p. 234) Zonenkarte des Globus in Inschriften: 1. inhabitabilis frigore, 2. habitabilis, 3. rechts u. links außen senkrecht Cancer u. Capricornus, inhabitabilis calore, 4. habitabilis, 5. inhabitabilis frigore
- (p. 252-269) Lib. X. Ut primum terras
- (p. 270) ursprünglich leer, Federzeichnung oben Ritter zu Pferd (überstempelt), unten Ritter zu Pferd (13./14. Jh.).
Origine del manoscritto:
- Eine zweite Hs. der Pharsalia aus dem 11. Jh. besitzt St. Gallen in Sang. 864, jedoch unvollständig (Buch I-VII, p. 119-267). Das berühmte, im Mittelalter viel gelesene Epos Lukans (39-65) über das Bellum civile (Bürgerkrieg zwischen Pompeius u. Caesar) wurde entsprechend oft kommentiert. Die Zeichnungen in Sang. 863 sind wie die Glossen Bildkommentare, die den Inhalt des Textes verbildlichen (p. 79[77] Schlacht von Massilia). Lukan streut in sein Epos zahlreiche Exkurse geographischer, ethnographischer u. naturwissenschaftlicher Natur ein. Der Kommentator antwortet darauf p. 230 mit einer Weltkarte, um dem Leser die Position von Afrika zu verbildlichen, in dem sich Cato im IX. Buch befindet. Ebenso verhält es sich mit der Zonenkarte auf p. 234. Beide Karten sind gewissermaßen aus Macrobius-Kommentaren zu Ciceros Somnium Scipionis auf Lukan übertragen.
- Die Hs. wurde zumeist (Scherrer, Bruckner, Schmuki) in das 10. Jh. datiert, doch dürfte die Schrift, die Züge der «Schrägovalen» annimmt, eher dem 11. Jh. angehören u. nicht st.gallisch, sondern reichenauisch sein. Entsprechend verhält es sich mit der einzigen beurteilbaren Initiale A(t procul) p. 79b zum III. Buch. Mit ihren Pfeilspitzen u. Knochengelenken gleichenden Seitentrieben steht sie in der ottonischen Reichenauer Tradition. Ich nehme an, die Hs. sei ein Reichenauer Importstück aus dem 2. Viertel d. 11. Jh., der Kommentar mit den Zeichnungen könnte im 3. Viertel in St. Gallen hinzugekommen sein.
Bibliografia:
- Scherrer, S. 297
- Rahn, Psalterium aureum, Nr. 54.
- Merton, S. 68.
- Bruckner III, S. 120, Taf. XXXVIII.
- Knoepfli, Kunstgeschichte I, S. 39.
- Karl Schmuki, in: Cimelia Sangallensia, Nr. 52.