Manuscript Summary:Deluxe manuscript with numerous outstanding, perfectly executed initials and an excellent image of dedication (Saint Augustine), containing mostly sermons for the principal saints' days.(smu)
Standard description: Euw Anton von, Die St. Galler Buchkunst vom 8. bis zum Ende des 11. Jahrhunderts, Band I: Textband, St. Gallen 2008 (Monasterium Sancti Galli, Bd. 3), S. 375-378, Nr. 78.
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Additional description: Scherrer Gustav, Verzeichniss der Handschriften der Stiftsbibliothek von St. Gallen, Halle 1875, S. 142.
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Online Since: 06/12/2006
St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 433
Parchment · 706 pp. · 41 x 30 cm · St. Gall · third quarter of the 9th century
Homiliary (Proprium de sanctis)
How to quote:
St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 433, Front cover – Homiliary (Proprium de sanctis) (https://www.e-codices.ch/en/list/one/csg/0433)
Euw Anton von, Die St. Galler Buchkunst vom 8. bis zum Ende des 11. Jahrhunderts, Band I: Textband, St. Gallen 2008 (Monasterium Sancti Galli, Bd. 3), S. 375-378, Nr. 78.
Manuscript title: Homiliar (Proprium de sanctis u.a.)
Place of origin: St. Gallen
Date of origin: 3. Viertel d. 9. Jh.
Catalogue number:
78
Extent:
706 pp.
Format: 41 x 30 cm
Collation:
Zumeist signierte Quaternionen, am Anfang unregelmäßig: I 6-1 (p. 1-10), [A]8 (p. 11-26), [B]8 (p. 27-42), II8 (p. 43-58) - XXXVIII8 (p. 632-648)
Page layout:
Schriftspiegel 28 x 24 cm, zweispaltig zu 27 Zeilen.
Writing and hands: karolingische Minuskel, von mehreren Schreibern u. Verzierern
Decoration:
Titel- u. Initialzierseiten in Capitalis mit Minium, p. 44 Federzeichnung in dunkelbrauner u. schwarzer Tinte sowie Minium. Überschriften zu den Evangelienperikopen u. Predigten zumeist in Rustica mit Minium, p. 641 u. 656 in Capitalis mit Schattierung in Gold u. Silber. Anfänge der Predigten mit Initialen in Minium, nachfolgende Zeilen zumeist in Rustica.
Contents:
Die Hs. wurde mit den Lagen [A] u. [B] später ergänzt. Sie enthält das Proprium de sanctis für das ganze Jahr, gefolgt vom Commune sanctorum, den Votivmessen u. Ailerans Deutung des Liber generationis (Mt 1,1-17). Wir verzeichnen die bedeutendsten Initialen für die entsprechenden Heiligenfeste. Inhalt u. Schmuck:
p. 1-6
I.
Am Anfang unvollständige Capitulatio (Beginn mit Phil. et Jacobi) mit Verweisen auf andere Bände, in denen gewisse Feste (auch) zu finden sind.
p. 44-59
IV.
Sonntagspredigten nach Augustinus (bzw. Gennadius von Marseille, De ecclesiasticis dogmatibus)
(p. 44)
Titelseite mit Initiale u. Dedikationsbild, D(iebus dominicis sermo beati Augustini episcopi de sca. trinitate ex libro ipsius ad Petrum diaconum de fide), in Capitalis mit Minium, in der rechten Spalte die Zeichnung mit dem Diakon, dem der Kirchenvater das Buch widmete (er hieß nicht Petrus, sondern Laurentius)
p. 60-685
V.
Predigten für das Proprium de sanctis, commune sanctorum u. Votivmessen:
(p. 60)
Titel- u. Initialzierseite I(n nomine Dni. in hoc volumine continentur omelie venerabilium patrum legendae in nataliciis sanctorum per anni circulum. In vigilia sci. Andreae Apostoli), ganzseitige Initiale mit dreifachem Intermediärknoten, eng geflochtenem Fuß u. großer Krone, die nachfolgenden Majuskeln des Titels in den Binnenräumen alle mit Federzeichnung verziert
(p. 61)
(Vig. nat. Andreae, Bedae) T(anta ac talis)
(p. 72)
In nat. Andreae, Gregorii, A(udistis), mit Hundskopf u. engem Flechtwerk
(p. 77)
In nat. sci. Thomae, Augustini, S(ive dicatur)
(p. 82)
In nat. sci. Silvestri, Gregorii, L(ectio), oben Hundskopf
p. 105 /106
In nat. sce. Agnae, Maximi, d(um in toto), Rosetten im Buchstabenkörper
(p. 146)
Phil. et Jacobi, Augustini, M(anentes), Mittelstamm u. Bogen in Flechtwerk
(p. 364)
In nat. scor. Proti et Iacincti, Felicis et Regulae, Leonis, P(raedicante), ganzseitig wohlkomponierte Initiale mit Fiederung im Bogen
(p. 387)
In nat. sci. Mauricii, Gregorii, q(uia longius), Vogelkopf
(p. 415)
In festivitate sci. Michahelis, Gregorii, a(ngelorum et hominum), oben am unzialen Buchstabenkörper Hundskopf, der in eine ihn umwindende Schlange beißt, aus dem Schwanz der Schlange wächst die Binnenranke
(p. 438)
In nat. sci. Galli confessoris Xpi., Maximi, A(d sci. et beatissimi), bekrönende Doppelranke, die symmetrisch auch den Binnenraum füllt, unten beringt
(p. 447)
In nat. sci. Galli, Bedae, A(udiens a Dno. Petrus)
(p. 457)
Item in nat. sci. Galli, Gregorii, S(ci. evangelii)
(p. 465)
In dedicatione ecclesiae, Augustini, Q(uotienscumque), Lösen der inneren Bänder im Buchstabenkörper u. damit Bilden des symmetrischen Binnengeflechtes, Fisch mit Vogelkopf als Cauda
(p. 472)
Item in dedicatione ecclesiae, Bedae, A(udivimus), aus den unteren Enden aufsteigende Doppelranke, im rechten Stamm Vierpassreihe
(p. 504)
In festivitate omnium sanctorum, Johannis epi., q(ui sanctorum merita), vegetabile Füllung des Buchstabenkörpers, aus dessen Enden einander Ranken entgegenwachsen u. sich verbinden
(p. 522)
In nat. sce. Ceciliae, Augustini, I(nter parabolas), imposant geschwungen, in der Mitte verschlungen, unten vegetabil auswachsende Flechtbandknoten
(p. 543)
In nat. apostolorum quando vol., Gregorii, C(um constet)
p. 549 /550
In nat. sacerdotum, Gregorii D(ns. et salvator)
(p. 572)
In nat. sacerdotum, Fulgentii, d(ominicus sermo)
(p. 599)
In nat. scae. Felicitatis et filiorum, Gregorii, S(ci evangelii)
p. 604 /605
In dedicatione ecclesiae, Augustini, R(ecte festa), mit vielen Kompositionselementen: Achterschlinge u. Abtreppung im Stamm, Vierpässe statt Knoten in den Bögen, die von einer Schnalle gefasst werden u. danach Ranken in die Binnenräume entlassen, oben Hundskopf
(p. 616)
In dedicatione ecclesiae, Bedae, q(uia propitia), mit Achterschlinge im Bogen, mehrfacher Überkreuzung der Bänder im Stamm u. Füllung mit Blattreihen, unten Hundskopf, der die ihm aus dem Bogen zuwachsende Ranke verschlingt
(p. 641)
In nat. scor. quandocumque volueris, Ambrosii, C(ontraria), Goldschattierung der ersten Textzeile
(p. 651)
In nat. Virginum, Caesarii epi., I(n lectione), starker Intermediärknoten u. Flechtbandfüllung im Stamm
(p. 656)
Incipit sermo Rabani epi. de festivitate omnium scor., L(egimus in ecclesiasticis historiis), große geschwungene Initiale mit Flechtbandknoten als Gelenke, aus dem mittleren entwachsen zwei Ranken, die sich mit der aus dem unteren Ende sprießenden Doppelranke verschlingen, oben Hundskopf mit aus dem Schlund wachsendem Akanthus, Akanthusstaude auch als Füllung des Buchstabenkörpers, im Gerank Dreiblätter, Herzblätter u. Sporangien als Beiwerk
p. 669 /670
Unde supra, Uualahfridi abbatis, H(odie dilectissimi)
(p. 678)
In letania quandocumque volueris, C(lementissimus)
p. 685-706
VII.
Ailerans Deutung des Stammbaumes Jesu Christi
(p. 685)
Titel in Rustica:
>Ailerani Scotti interpretatio mystica progenitorum Dni. Ihu. Xpi.
(PL 80, 327-342)
, In nativitate scae. genitricis ipsius legenda<
Die Hs. ist ein außerordentliches Zeugnis für die St. Galler Liturgie u. Buchkunst. Ihr im Proprium de sanctis u. in den Nachträgen enthaltener Heiligenkalender harrt noch des Vergleichs mit den St. Galler Kalendarien. Dass der Patron Gallus p. 438-464 mit vier Predigten von Maximus, Beda (2) u. Gregor zum Urbestand gehört u. die Predigten zu Allerheiligen (p. 656-668) von Hrabanus Maurus (um 770-856) u. Walahfrid Strabo (um 808-849) (p. 669-677) darin enthalten sind, spricht für deren Verehrung u. Aktualität zur Entstehungszeit des Sang. 433. Die Datierung des Grundbestandes wird man daher kaum vor 860 bzw. 870 ansetzen wollen. Auch die p. 11-43 später eingefügten Heiligenleben, unter denen die Vita Otmari wohl die Translatio der Gebeine dieses Heiligen in die 867 erbaute Otmarskirche voraussetzt (Otmar fehlt im Grundbestand) sprechen für eine Entstehung um 870. Die Ankündigung der Vita Wiborade (p. 10) ist von noch späterer Hand.
Schrift u. Schmuck des Urbestandes stammen von den besten Schreibern u. Verzierern der späten Dekanszeit Hartmuts (849-872). Es sind wohl drei Illuminatoren zu unterscheiden: A im Augustinus-Teil IV. (p. 44-59) mit ausgewogen komponierten Initialen u. dem hervorragenden Dedikationsbild. Ein zweiter Zeichner B beginnt mit der Initialzierseite p. 60 u. verziert bis etwa p. 166, seine Initialen bilden oft enges, «dorniges» Bandgeflecht. Mit der Initialzierseite knüpft er an den Stil des älteren Sang. 432 (Nr. 77) an, weiß aber die altertümliche Hohlcapitalis in eine neue, vegetabil binnenverzierte Captalis umzusetzen und damit einen Schritt nach vorne zu tun. C darf man wohl den Hauptteil des Schmucks (p. 171-694, vielleicht mit Unterbrechungen) zuschreiben. Er gehört zu den bedeutendsten Vertretern der Epoche, die in der Abtzeit Hartmuts (872-883) weiter tätig sein werden. Er zeichnet sich durch außerordentliche Sicherheit in der Lineatur u. durch Phantasie in Geometrie sowie Vegetabilität aus. Wie die Initialen a(postolici) p. 211, q(ui scorum.) p. 504 u. L(egimus) p. 656 mit ihren Akanthusblättern u. Sporangien erkennen lassen, ist er mit dem Zeichner auf p. 349-350 in Sang. 855 (Nr. 56) zu identifizieren. Vgl. Nr. 75-77 u. 79.
Joachim Prochno, Das Schreiber- und Dedikationsbild in der deutschen Buchmalerei. 1. Teil bis zum Ende des 11. Jahrhunderts (800-1100), Leipzig u.a. 1929, Nr. 20.
Bruckner III, S. 25, 38, 105, Taf. IV.
Boeckler, St. Galler Fragmente, S. 41.
Johannes Duft, Die Beziehungen zwischen Irland und St. Gallen im Rahmen der st.gallischen Stifts-Geschichte, in: Die irischen Miniaturen der Stiftsbibliothek, hrsg. von Johannes Duft und Peter Meyer, Olten/Bern/Lausanne 1953, S. 59.
Knoepfli, Kunstgeschichte I, S. 38.
Schmuki, in: Kat. Kirchenväter in St. Gallen, S. 58, mit Abb.
von Euw, in: Kloster St. Gallen, S. 175, Abb. 76.
Klaus Gereon Beuckers, Das ottonische Stifterbild. Bildtypen, Handlungsmotive und Stifterstatus in ottonischen und frühsalischen Stifterdarstellungen, in: Die Ottonen, Kunst - Architektur - Geschichte, hrsg. von Klaus Gereon Beuckers, Johannes Cramer und Michael Imhof, Darmstadt 2002, S. 84, Abb. S. 85.