St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 463
Scarpatetti Beat Matthias von, Die Handschriften der Stiftsbibliothek St. Gallen, Band 2 Abt. III/2: Codices 450-546: Liturgica, Libri precum, deutsche Gebetbücher, Spiritualia, Musikhandschriften 9.-16. Jahrhundert, Wiesbaden 2008, S. 42–44.
Titre du manuscrit: Aus der Liederbuchsammlung des : Heft der Diskant- und Altstimme
Période: 16./2 Jh.
Ancienne Cote:
N. 94 & N. 93
p. 1
Support: Papier. Zwei vorhandene Wasserzeichen sind nicht eindeutig identifizierbar, da stets über dem oberen Blattrand entzweigeschnitten: Fabeltier (Drache?) mit der kaiserlichen Herrscherkugel in der Hand; Spielkarte (?).
Volume:
I+143 Folia
Format: 15 x 21,5 cm
Numérotation des pages: Zwei neue Bleistiftfoliierungen des 20. Jhs.; diejenige der unteren Blattecke fügt nach f. 64v ein 64a ein und divergiert von da ab bis Schluss um ein Folium. Von Aegidius Tschudi selbst nur eine durchlaufende arabische Liedernummerierung in zwei Serien, Diskant, Nrn. 6-215, f. 4v-76v, und Alt, Nrn. 6-215, f. 78r-142r. Die Bedeutung der Zahl 119 (ev. 17. Jh.) auf der leeren, aber rastrierten Seite 142v ist nicht klar.
Composition des cahiers: Zwei Hefte in einem Band.
Mise en page:
Der Schriftspiegel, 11 x 15/17 und var., umfasst jeweils 5 Notenzeilen, welche durch Blindlinierung begrenzt sind; im Alt-Teil ab f. 112v bis Schluss sind es 6 bei gleicher Höhe. Wegen der Beschneidung des Buchblocks bei Neubindung im 18. Jh. viele Titel angeschnitten, bis hin zu Textverlust, vgl. f. 123v, 129v.
Type d'écritures et copistes:
- Der Quartband ist angelegt und geschrieben von Aegidius Tschudi.
- Grosse Capitalis-Anfangsbuchstaben für jedes Lied; die Komponisten und die selteneren Liedtitel jedoch in Tschudis normaler Kursive.
Notation musicale:
Klar und präzise notierte Mensuralnotation auf 5 Linien; die Texte der Lieder in Tschudis bekannter Kursive, hier sehr klein, mit feiner Feder sorgfältig notiert, die Titel oft mit dickerem Kiel.
Die Stimmlage Discantus oder Altus ganz oben links sind in beiden Teilen systematisch auf jedem Blatt eingetragen, oft ganz weggeschnitten; die Angaben zur jeweiligen Kirchentonart stehen weiter unten in der grösseren Schrift, gleichwertig neben Komponisten- oder Liednamen. Ev. später angefügt sind die Liste der Komponisten f. 1v und das alphabetische Register der Lieder f. 2r-3v, dieses in Tschudis eher später Kursive.
Die Stimmlage Discantus oder Altus ganz oben links sind in beiden Teilen systematisch auf jedem Blatt eingetragen, oft ganz weggeschnitten; die Angaben zur jeweiligen Kirchentonart stehen weiter unten in der grösseren Schrift, gleichwertig neben Komponisten- oder Liednamen. Ev. später angefügt sind die Liste der Komponisten f. 1v und das alphabetische Register der Lieder f. 2r-3v, dieses in Tschudis eher später Kursive.
Décoration:
Keinerlei Rubrizierung oder Ornamentierung.
Reliure:
Einband 18. Jh., Halbleder und ocker koloriertes und maseriertes Papier auf Karton, vgl. die Bände der Kollektaneen Tschudis in der Abteilung IV der Hss. (Scarpatetti [s. u.]).
Matériel supplémentaire: Eingehängt ist als f. 42 ohne jeden Zusammenhang ein wohl späteres halbes Blatt aus einem der Kollektaneenbände, mit flüchtigen Notizen (Streichungen) betr. der eidgenössischen Bünde und mit Regest-Vermerken.
Sommaire:
- Iv Vermerk von I. v. A.. Hÿmni et cantilenae abs Egidio Tschudi collectae et eius manu hîc inscriptae
-
1r-142v
[Aus den Liederbüchern des
(lateinisch, deutsch, französisch, italienisch): Diskant- und Alt-Hefte]
- (1r) Discantus Titel des ersten Teils; zunächst folgt jedoch auf dem Verso das Reg.
- (1v) Authores Adamus de Fulda Germanus. Adamus Aquanus Belga …–… Vaqueras Gallus. Verbonet.
-
(2r-3v)
[Cantica (Titel wohl abgeschnitten).]
A solis ortu cardine, 107. Ach hulf mich leid. Adami de Fulda, 163 …–…
Zwúschend berg vnd [tiesfe] tal, 62.
- (4r) leer.
- (4v-77v) [Cantica: Pars Discantus, no. 6-214.] >6. Mixolydus 1. Septimus.< [Anonymus? (oder Titel weggeschnitten, ev. auch Stimmlage)] Wêr muot wellhan. 7. [Vacat, 3 Z. leer]
- (78r-142v) Cantica: Pars Altus. Incipit und Explicit wie oben. Das f. 78r ist vielleicht zugefügt, das Verso ist nicht rastriert.
Komponisten des Reg. Autores, f. 1v: Adamus de Fulda Germanus. Adamus Aquanus Belga. Thomas Aquanus Belga. Adrianus Willaërt Gallus. Alexander Freijdanck Germanus. Andreas Crütz Germanus. Antonius Brumel. Antonius de Vinea Germanus. Bisgueria. Compere Gallus. Constantius Festa Florentinus Italus. Craën. Felix Loew Tigurinus Helvetius. F. Dulot Gallus. Gaspari. Ioann.[es] Ghiselin. Hotinet Bara. Gallus. Iapart. Iodocus Pratensis, vulgo Iosquin du Prez Belga Veromanduus omnium princeps. Heinricus Isaac Belga Brabantius. Leo papa Decimus. Ludovicus Senfli Tigurinus Helvetius. Ioann.[es] Mouton Gallus. Petrus Moulu Gallus. Petrus de Platea, vulgo Pierre de la Rue Gallus. Petrus Biamont Gallus. Jacobus Obrecht Belga Brabantius. Regis. Io.[hannes] Richafort Gallus. Robertus Fabri. Sixt Dietrich Constantiensis Germanus. Stefanus Niger Swartz Sedunensis Valesianus. Tinctor. Vannius Wannenmacher Friburgensis. Vaqueras Gallus. Verbonet.- Donald Glenn Loach, Aegidius Tschudi's Songbook (St. Gall Ms. 463): A Humanistic Document from the Circle of Heinrich Glarean, Diss. Berkeley 1969, 2 Bde., [Xerogr. repr.] Ann Arbor 1987;
- div. Teilpublikationen zu Liedern der jeweils präsentierten oder untersuchten Komponisten; vgl. neben der nachfolgend zit. Einzelliteratur neu MGG2, Personenteil 1, col. 833 f., von den beiden Aquanus nur Adam verzeichnet, mit unserer Hs., nicht aber Thomas (s.o.);
- Marx, Cod. 530 (1980), unsere Hs. erw. p. 269f., zu den Vorlagen der Intavolierungen, u. a. unsere Codd. 461-463, unsere Hs. erw. p. 273;
- der Satz "Si dedero" ist nicht von Verbonnet, wie Tschudi glaubt, sondern von Agricola, bestätigt u. a. durch Sicher in Cod. 530;
- Marx/Warburton, Orgelbuch (1992), p. 337 und für einzelne Lieder im Anmerkungsteil VI, p. 344-362, Nrn. 57, 97, 99, 101-104, 106, 116, 119, 162;
- Hans Joachim Marx, Tabulaturen des XVI. Jhs., Bd. 2: Die Orgeltabulatur des Clemens Hör, Basel 1970, unsere Hs. erw. unter vielen p. 54, 58;
- Kees Vellekoop, Zusammenhänge zwischen Text und Zahl in der Kompositionsart Jacob Obrechts, in: Tijdschrift van de vereniging voor nederlandse muziekgeschiedenis 20, 1966, unsere Hs. erw. p. 98 als CA an 6. Stelle von 6 im Quellenkorpus, ferner p. 118, Anm. 11;
- Richard Taruskin [Hg.], O Venus bant, New York 1979, Ed. des Musiknoten-Textes in moderner Notation, unsere Hs. p. 1 unter insgesamt 12;
- Ders., T' Andernaken, ten settings in three, four and five parts (modern score), Miami 1981, aufführungspraktische Ed. durch R. Taruskin mit Erw. unserer Hs. p. 1;
- Johannes Wolf [Hg.], Heinrich Isaac, Weltliche Werke. Denkmäler der Tonkunst in Österreich XIV/I, Wien 1907, Lieder Nr. 5, 25, 26, unsere Hs. mit Cod. 464 im Revisionsbericht p. 173 f. als Sg3 unter vielen;
- Charles van den Borren, Johannes Tinctoris, in: Biographie Nationale… de Belgique, T. 25, col. 288- 316, unsere Hs. erw. col. 316;
- Arnold Geering, Die Vokalmusik in der Schweiz zur Zeit der Reformation, in: Schweizerisches Jahrbuch für Musikwissenschaft 6, 1933, unsere Hs. erw. p. XVII, 92, 146, alphabetische Liste der Lieder unserer Hs. Beilage IX, p. 227-232, zu Tschudi p. 91f. und p. 251 (Reg.);
- Nef, Sicher (1938), unsere Hs. im Liederinventar in der Partie p. 73-117 passim;
- Charles Warren Fox, Ein Fröhlich Wesen: The Career of a German Song in the Sixteenth Century, in: Papers of the American Musicological Society [s.n.], 1937, unsere Hs. p. 71 als III.9. im Quellenkorpus;
- Coenrad L. W. Boer, Chansonvormen op het einde van de XVde eeuw, Diss. Utrecht, Amsterdam 1938, Hs. als Quelle unter vielen aufgeführt p. 88;
- Stephen Self, The Si Placet Repertoire of 1480-1530, Madison 1996, Hs. figuriert in Quellenaufstellung p. 88,
- ebenso bei Christle Collins Judd, Reading Renaissance Music Theory, Cambridge 2000, p. 321;
- Honey Meconi, Fortuna desperata, 36 settings [musikalische Transkriptionen in moderner Notation], Middleton 2001, Hs. erw. passim im Appendix p. [xxvii-xxxvii] und p. 151f.
Acquisition du manuscrit: Mit dem Nachlass Tschudis
1768 in StiBSG.
Bibliographie:
- Tschudi, Nachlassverzeichnis (1767), Nr. 93, 94;
- Duft, Die Tschudi-Handschriften in der Stiftsibliothek St. Gallen, in: Abtei 1 (1990), p. 171.
- Scarpatetti, Handschriften 547-669 (2003), Reg. p. 398.